Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
verständnisvoll.
»Kann ich mir denken«, sagt sie. »So, mal sehen. Der Belag ist im Kühlschrank?«
»Butter, Käse und Milch in dem da«, erkläre ich. »Salami und so was in dem kleinen. Damit die Sachen nicht gegenseitig das Aroma annehmen. Salat und Gemüse sind in dem Kühler neben dem Milchkühlschrank. Was wollt ihr für Brot? Bagel?«
Ich bereite die Bagels mit übertriebener Sorgfalt zu und bin großzügig mit dem Belag und der Dekoration. Ich kann nicht genau sagen, ob aus einer Art selbst auferlegter Buße oder aus der Gewissheit, dass Adrian seine Zähne in eins von beiden schlagen wird, dass mein Werk seinem Mund begegnet.
Jetzt ist auf alle Fälle Schluss. Wirklich Schluss. Schluss mit etwas, das nie richtig angefangen hat. Der Zipfel des ersten Anfangs, nicht mehr.
Ich packe die fertigen Bagels in Frischhaltefolie ein und überreiche sie Ellinor. Die Versuchung, kein Geld dafür zu nehmen, ist fast übermächtig, aber ich beherrsche mich. Das sähe seltsam aus. Stattdessen gebe ich Ellinor Personalrabatt, sozusagen im Voraus, wo sie doch bald hier anfängt, erkläre ich ihr. Im gleichen Augenblick schießt mir durch den Kopf, dass das auch nicht gut ist, weil ich für meine Freunde schon häufiger Personalrabatt berechnet habe, ohne einen anderen Grund, als dass sie meine Freunde sind, und das weiß sie. Ellinor scheint sich nicht zu wundern, und ich versuche, mein überhitztes Gehirn zu beruhigen.
Heute Abend könnte ich es wirklich gebrauchen, alles mit Markus wiederzukäuen, aber wahrscheinlich hat er mein Gelaber über Adrian auch langsam satt. Im Grunde gibt es ja auch nichts Neues zu vermelden. Außerdem hat Sofi erwähnt, dass sie und Markus sich heute nach der Arbeit treffen wollen.
Verliebt, hat sie gesagt.
Ob Markus auch in sie verliebt ist?
Und ob das Gefühl annähernd dem Wahnsinn ähnelt, der mich befallen hat? Unkontrollierbare Stürme und Fieberameisen im Gehirn? Gibt es eine konkrete Definition für verliebt? Kann man klinisch verliebt sein?
Stopp, Hirn, jetzt reicht’s!
Für so was habe ich Markus. Um mit ihm aus dem Gleis geratene Gedanken zu diskutieren. Wenn wir zu zweit sind, werden diese Gedanken komisch. Wir können uns über unsere eigenen Unterhaltungen schieflachen, bis uns die Tränen kommen. Alleine verwirrt mich das alles nur. Egal, wie es sich zwischen Sofi und Markus entwickelt, sie darf ihn auf keinen Fall ganz mit Beschlag belegen. Ich brauche ihn. Das wird mir in diesem Moment klar. Er ist eine Boje, an der ich festmachen kann. Ohne ihn treibe ich gnadenlos aufs offene Meer hinaus und gehe in den fauchenden Wellen unter.
Zum Glück kommt Karim in diesem Moment und entführt Ellinor feierlich in das winzige Büro hinter dem Personalraum, um mit ihr über die Arbeitsbedingungen zu reden. Ich stelle mich an die Kasse. Das Café füllt sich allmählich, es geht auf die Mittagszeit zu.
»Gibt es keine Salate?«, fragt eine magere Frau um die vierzig.
»Nein«, sage ich. »Aber wir haben ein Grünes Brot . Vollkornbrot mit Rucola, Chèvre, getrocknete Tomaten, Sprossen, Gurke …«
»Ja, ja, so eins nehm ich«, fällt sie mir ungeduldig ins Wort. »Aber mit wenig Käse und ohne Butter!«
»Ich kann eins ohne machen.«
»Gut. Gibt es grünen Tee? Dann einen davon.«
Sofi taucht neben mir auf.
»Grünes Gebäck haben wir auch«, murmelt sie, als die Frau sich auf die Suche nach einem freien Tisch macht. »Prinzesstorte mit ganz viel Zucker und Buuuuttercreme.«
»Ich kann ja ein dickes Marzipanblatt auf das Brot legen«, sage ich lachend. »Übernimmst du?«
Sofi nickt, und ich gehe in die Küche, um eine kalorienfreie Mahlzeit für die Kundin zu machen. Ellinor steckt den Kopf zur Tür herein.
»Am Wochenende fange ich an!«, sagt sie.
»Super«, sage ich.
»Finde ich auch. Bis dann, Emma!«
»Bis dann.«
Ellinor verschwindet in die Sommersonne und ich schneide ein Vollkornbrötchen auf und belege es mit einem knackigen Salatblatt.
Nachmittags schneit Markus herein. Er trägt die ausgestellte Jeans mit den aufgenähten Flicken und ein rotes Muscle Shirt, darüber den Pullover, den er im letzten Sommer gestrickt hat, ein grobmaschiges, schwarzes Netzteil mit eingearbeiteten Silberfäden. Er sieht gut gelaunt aus und umarmt mich und Sofi gleichzeitig, und ich verkneife mir die Frage, wegen wem er wohl hier ist. Ich bin nicht eifersüchtig! Markus wird für uns beide Zeit haben. Vielleicht nicht mehr so viel Zeit für mich, wie ich es gewohnt
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