Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
so …
Adrian: Das sollten wir in nächster Zeit vielleicht vermeiden. Ich habe das Gefühl, man sieht es mir an. Ich war echt froh, dass ich an eurem Mädelabend abhauen konnte. Ich kann mich ganz schlecht verstellen oder lügen.
Emma: Eigentlich ja eine schöne Eigenschaft.
Adrian: Mag sein. Aber unpraktisch. Und Ellinor ist supersensibel. Sie merkt sofort, wenn was nicht stimmt. Ich glaube, sie ist schon misstrauisch.
Emma: Ist sie. Sie meinte, du wärst in letzter Zeit irgendwie abwesend.
Adrian: Typisch, dass sie mit dir darüber redet. Verdammt.
Du hast recht. Das geht so nicht. Leckere Bagels übrigens,
die du gemacht hast.
Emma: Danke.
Adrian: Ich hab zu danken.
Emma: Bedank dich bei Elli, die hat sie bestellt. Und bezahlt.
Adrian: Aber sie hat Rabatt bekommen, sagt sie.
Emma: Sie arbeitet jetzt ja auch dort.
Adrian: Ach ja.
Auf dem Bildschirm tut sich wieder eine Weile nichts. Meine Fingerkuppen flattern planlos und glühend über die Tastatur, ohne einen einzigen Buchstaben zu drücken. Es gibt so viel, das ich gerne sagen würde, aber was hat das für einen Sinn? Das würde alles nur noch viel schwerer machen.
Wir sind schon viel zu weit gegangen. Haben die Kontrolle über unsere Gefühle verloren. Jetzt gilt es, an anderer Stelle die Kontrolle zu behalten, da, wo sie uns noch nicht ganz entglitten ist. Noch können wir verhindern, dass alles über uns zusammenbricht.
Adrian: Hast du kein anderes Bild von dir? Das bist irgendwie nicht du.
Emma: Warte, ich schau mal.
Ich klicke »Meine Bilder« an und suche. Da gibt es alles Mögliche, aber nur wenige Fotos von mir. Ich hab es schon immer vorgezogen, hinter der Kamera zu stehen statt davor. Nach einer Weile entdecke ich ein Bild aus dem letzten Sommer, das Markus gemacht hat, als wir mit seiner Mutter auf Gotland waren. Das Licht dort am Meer ist ganz speziell. Markus hat mich in dem Augenblick mit seinem Handy fotografiert, als der Wind in meine Haare fährt und ich mir die Locken aus dem Gesicht streiche. Ich lache und sehe sommerlich frisch aus, wenn auch ein bisschen zerzaust.
Emma: So besser?
Adrian: Viel besser. Total klasse. Du bist verdammt hübsch, aber das weißt du, oder?
Emma: Nein, weiß ich nicht. Ellinor ist hübsch. Und du. Wenn man das von einem Jungen sagen kann. Alle finden, dass ihr ein schönes Paar seid.
Adrian: Ich weiß, das sagen sie. Dabei sehe ich eigentlich ganz gewöhnlich aus.
Emma: Ha!!!
Adrian: Was war DAS jetzt?
Emma: Kein Kommentar.
Adrian: :D
Draußen grummelt es wieder, diesmal näher. Ich nehme es als einen Wink höherer Mächte.
Emma: Wir sollten vielleicht besser aufhören. Da kommt ein Gewitter.
Adrian: Okay. Müssen wir wohl. Ich wollte es nur ein bisschen rauszögern … Wie als Kind, als unsere Katze eingeschläfert werden musste. Ich hab dem Tierarzt vorgeschlagen, der Katze das Gift in ganz kleinen Dosen zu geben, damit sie nicht so plötzlich tot ist.
Emma: Was für ein Vergleich.
Adrian: Ich dachte wohl, so wäre der Tod sanfter.
Emma: Schon verstanden. Und, willst du das Gift jetzt auch in kleinen Dosen verabreichen?
Adrian: So ungefähr.
Emma: :D
Adrian: Ich will nicht …
Emma: Ich auch nicht … Mach’s gut, Adrian.
Adrian: Mach’s gut, Emma.
Ein paar Sekunden Stille. Na ja, still ist es ja die ganze Zeit schon. Unsere Unterhaltung findet textlich statt. Adrians Stimme ist geschriebenes Wort in meiner Welt. Er ist in meinem Computer. So nah, dass ich seine Wärme unter meinen Fingerkuppen spüre.
Ich sitze reglos da und sehe sein Bild an. Die Hände flattern nicht mehr. Es ist vorbei.
Da kommt es. Ein kleines Zeichen.
Adrian: <3
Ich könnte heulen. Möchte mich am liebsten aufs Bett werfen, mit den Beinen strampeln, das Kissen mit den Fäusten bearbeiten und heulen wie eine Fünfjährige. Aber ich bin erwachsen. Das Ganze war von Anfang an zum Scheitern verurteilt und das habe ich gewusst. Ich suche hastig nach dem roten MSN-Herz, schicke es ihm und logge mich ganz schnell aus.
Meine Hände zittern, als ich den Teebecher hochhebe, der Kloß im Hals macht das Schlucken schwer. Und dann kann ich es nicht mehr halten. Ich heule Rotz und Wasser, obwohl ich erwachsen bin und die ganze Zeit wusste, dass es hoffnungslos ist. Ich heule so hemmungslos, dass ich den Becher wegstellen muss, um keinen Tee zu verschütten, und ich kauere mich auf mein Sofa mit einem Kissen im Arm, das große, grüne mit den Applikationen, die Markus für mich darauf genäht hat. Wenn ich
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