Er ist wieder da
ja.
Früher galt es in diesem Lande
als
das Höchste,
wenn man sagte: Hier
kann man vom Boden essen.
Wo, frage ich diese
›Kanzlerin‹,
möchten Sie am liebsten vom Boden essen?
Auf die Antwort warte ich heute noch, denn
auch die ›Kanzlerin‹ weiß:
Der deutsche Boden ist verseucht
vom Gift des Großkapitals,
der internationalen Hochfinanz!
Der deutsche Boden ist voll Müll,
das deutsche Kind braucht Hochstühle,
um gesund zu sitzen,
der deutsche Mann, die deutsche Frau,
die deutsche Familie fliehen möglichst weit,
in Hochhäuser,
der kleine deutsche Hund,
er heißt Struppi
oder vielleicht auch Spitzl,
er tritt
mit seiner
empfindlichen Pfote
in einen Kronenkorken,
oder er leckt an einem
Dioxin und stirbt
qualvoll
und unter Krämpfen!
Der arme, arme
Struppi.
Und das
ist der Boden,
von dem unsere
›Kanzlerin‹
essen möchte.
Na, Mahlzeit!
Unser heutiger Gast ist eine Expertin für den deutschen Boden.
Die grüne Politikerin
Renate Künast.«
Eine groß gewachsene SS -Ordonnanz führte sie herein, Werner hieß er, er war blond, er hatte ausgezeichnete Manieren, und auch wenn man der Dame die Abneigung gegen seine Uniform deutlich ablesen konnte, so konnte man doch genauso aus ihrer Mimik eine gewisse Anerkennung seiner körperlichen Vorzüge wahrnehmen. Frau bleibt Frau.
Auch die Idee zu Werner stammte von Sawatzki. Man war in den Reihen von Flashlight der Ansicht, ich bräuchte einen Assistenten.
»Das ist wichtig«, hatte Sensenbrink damals gesagt. »Es gibt Ihnen die Möglichkeit einer dritten Ansprache. Wenn der Gast mau ist, wenn eine Bemerkung nicht zündet, dann sitzen Sie nicht allein mit dem Publikum da.«
»Ich kann also jemand anderem die Schuld zuschieben?«
»Sozusagen.«
»Das mache ich nicht. Der Führer delegiert die Tätigkeiten, aber nicht die Verantwortung.«
»Der Führer macht aber auch nicht selbst die Tür auf, wenn’s läutet«, hatte die Dame Bellini eingewandt. »Und Gäste kriegen Sie ja wohl mehr als genug.«
Das war allerdings richtig.
»Sie haben doch damals auch irgendeinen Assistenten gehabt? Wer hat Ihnen denn die Tür aufgemacht?«
Sie hielt kurz inne, dann fügte sie hinzu: »Also – nicht Sie. Sondern der Hitler.«
»Schon gut«, meinte ich, »die Tür? Das wird wohl der Junge gewesen sein. Oder zuletzt einer von Schädles Leuten …«
»Oh Mann«, hatte Sensenbrink geseufzt, »die Typen kennt ja keine Sau.«
»Ja, was haben denn Sie gedacht? Dass mir Himmler persönlich morgens die Uniform aufbügelt?«
»Den würde man wenigstens kennen!«
»Machen wir’s doch nicht so kompliziert«, hatte die Dame Bellini gebremst. »Sie haben doch jetzt auch nicht irgendeinen kleinen SS -Mann genannt, sondern den … Schäuble?«
»Schädle.«
»Eben. Stellvertretend. Dann gehen wir eben noch eine Etage höher. Ist ja nur symbolisch.«
»Na gut«, sagte ich, »dann wird’s wohl auf Bormann hinauslaufen.«
»Wen?«, fragte Sensenbrink.
»Bormann! Martin! Reichsleiter.«
»Nie gehört.«
Ich war kurz davor, ihm mal ordentlich die Meinung zu sagen, aber da fiel mir die Dame Bellini in den Arm.
»Ihre Sachkenntnis ist toll«, flötete sie, »das ist ganz groß, dass Sie diese ganzen Details kennen, das bringt sonst keiner! Aber wenn wir die Masse kriegen wollen, die ganz große Quote«, und da machte sie nicht ungeschickt eine kleine Pause, »dann können wir Ihren Assistenten nur aus einem kleinen Kreis aussuchen. Sehen Sie’s mal realistisch: Wir können Goebbels nehmen, Göring, Himmler, vielleicht noch Heß …«
»Heß nicht«, warf Sensenbrink ein, »da ist auch immer so ein Mitleidsfaktor mit drin. Armer alter Mann, ewig eingesperrt wegen der bösen Russen …«
»… ja, gut, sehe ich auch so«, fuhr die Dame Bellini fort, »das war’s dann aber schon, was wir an Kandidaten haben. Sonst fragt in der Sendung jeder Zuschauer nach dreißig Sekunden, wer der seltsame Typ da neben dem Führer ist. Irritation ist gar nicht gut. Sie selber sind irritierend genug.«
»Goebbels würde mir nie die Tür aufmachen, wenn’s klingelt«, sagte ich etwas trotzig, aber ich wusste natürlich, dass sie recht hatte. Und selbstverständlich hätte mir Goebbels die Türen aufgemacht. Goebbels hätte alles für mich gemacht. Ein bisschen wie damals mein Foxl im Schützengraben. Aber es war mir auch klar: Goebbels durfte es nicht werden. Sie hätten aus ihm einen Quasimodo gemacht, wie den buckligen Fritz in dieser sensationellen
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