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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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allgegenwärtigen Wandpropaganda, die genauso gut in chinesischen Zeichen dort hätte stehen können. Was mir dabei jedoch ebenfalls auffiel, war, dass offenbar die Bevölkerung in bewundernswertem Umfange mit Volksempfängern ausgerüstet war. An zahllosen Fenstern waren Radar-Schüsseln angebracht, die zweifellos dem Rundfunk dienten. Und wenn es mir nun gelänge, über den Rundfunk zu sprechen, dann musste die Gewinnung neuer, überzeugter Volksgenossen wohl ein Leichtes sein. Hatte ich nicht vergeblich einem Radioprogramm gelauscht, das so klang, als würden betrunkene Musiker das spielen, lallende Sprecher das vorlesen, was hier so unverständlich an die Wand geschmiert worden war? Ich brauchte nur verständliches Deutsch zu sprechen, das musste schon genügen – eine Kleinigkeit. Beschwingt, zuversichtlich schritt ich aus, sah schon in kurzer Ferne das Schild für einen »Blitzreinigung’s-Service Yilmaz«.
    Das kam ein wenig unerwartet.
    Gewiss, die vielen Zeitungen hatten das Vorhandensein einer türkischen Leserschaft bereits nahegelegt, wenn auch die Umstände von deren Zustandekommen im Unklaren geblieben waren. Und freilich war mir auch auf meinem Fußwege der eine oder andere Passant aufgefallen, dessen arische Abstammung, gelinde gesagt, nicht nur in der vierten und fünften Generation fragwürdig schien, sondern eher bis hinein in die letzte Viertelstunde. Doch auch wenn nicht ganz klar wurde, in welcher Funktion die rassischen Fremdlinge hier zugange waren, leitend schien ihre Tätigkeit nicht. Auch aus diesem Grunde war die ganze Übernahme mittelständischer Betriebe bis in die Namensgebung hinein schwer vorstellbar, und selbst aus Gründen wirtschaftlicher Propaganda ließ sich meiner Erfahrung nach die Taufe eines »Blitzreinigung’s-Service« auf den Namen »Yilmaz« nicht recht nachvollziehen. Seit wann zeugte ein »Yilmaz« von sauberen Hemden? Ein »Yilmaz« zeugte allenfalls vom mehr oder weniger zufriedenstellenden Betrieb eines ältlichen Eselkarrens. Allein eine alternative Reinigung bot sich nicht an. Und nicht zuletzt galt es, durch Geschwindigkeit den politischen Gegner unter Druck zu setzen. Insofern hatte ich in der Tat Bedarf für eine Blitzreinigung. Von beträchtlichen Zweifeln befallen, marschierte ich ein.
    Ein verzerrtes Glockenspiel begrüßte mich. Es roch nach Putzmittel, es war warm, deutlich zu warm für ein Baumwollhemd, aber die hervorragenden Uniformen des Afrikakorps waren ja leider derzeit nicht verfügbar. Im Laden war niemand. Auf der Theke war eine Glocke, wie man sie öfter im Hotel findet.
    Nichts geschah.
    Man hörte deutlich orientalisch-wehleidige Musik, möglicherweise trauerte in einem hinteren Arbeitsbereiche eine anatolische Waschfrau ihrer entfernten Heimat nach – ein wunderliches Verhalten, zumal wenn man doch das Glück hatte, stattdessen in der deutschen Reichshauptstadt zu leben. Ich musterte die Kleidungsstücke, die hinter der Theke in Reih und Glied hingen. Sie waren in einen transparenten Stoff gehüllt, dem Materiale nicht unähnlich, aus dem mein Beutel bestand. Man schien generell alles in dieses Zeug zu hüllen. Ich hatte dergleichen schon einmal in einigen Labors gesehen, doch die IG Farben war damit in den letzten Jahren wohl erheblich weitergekommen. Meiner Information nach war die Herstellung des Materials zwar in entscheidendem Umfange vom Besitz von Erdöl abhängig und daher entsprechend kostspielig. Doch die Art, in der hier der Umgang mit Kunststoffen gepflegt wurde, ja, auch wie hier mit dem Automobil gefahren wurde, ließ darauf schließen, dass Erdöl kein Problem mehr zu sein schien. Hatte das Reich womöglich die rumänischen Vorkommen in Händen behalten? Unwahrscheinlich. Hatte Göring am Ende auf heimischem Boden neue Quellen gefunden? Bitteres Lachen stieg in mir auf – Göring! Eher als Öl in Deutschland würde er noch Gold in seiner Nase finden. Der unfähige Morphinist! Was wohl aus ihm geworden war. Denkbarer schien, dass man auf andere Ressourcen ausgewichen war, und –
    »Warten schon lange?«
    Ein südeuropäischer Mann mit asiatischen Wangenknochen sah aus einem Durchlass vom hinteren Bereiche in den Verkaufsraum hervor.
    »Durchaus!«, sagte ich ungehalten.
    »Warum nix klingel?« Er wies auf die Glocke auf seiner Theke und schlug sachte mit der flachen Hand drauf. Die Glocke läutete.
    »Ich hatte hier geklingelt!«, sagte ich mit Nachdruck und öffnete die Eingangstür. Es ertönte wieder das seltsam

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