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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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leugnen, dass mich vielleicht doch noch jemand aus dem Einst begleitet hatte in das Heute. Ich fand die vertraute Parkbank, auf der ich erstmals gerastet hatte, überquerte sehr vorsichtig die Straße, um zwischen den Gebäuden hindurch den Weg zu jener Brache einzuschlagen. Dort war es, am späteren Vormittag, still. Die Hitlerbuben spielten nicht, sondern lernten wohl. Das Areal war leer. Die Tüte in der Hand, ging ich zögerlich auf die nunmehr kaum noch vorhandene Pfütze zu, neben der ich erwacht war. Alles war still, so still es jedenfalls in einer Großstadt sein konnte. Man hörte leisen Verkehrslärm, aber auch eine Hummel.
    »Psst«, sagte ich, »psst!«
    Nichts geschah.
    »Bormann«, rief ich nun leise. »Bormann! Sind Sie hier irgendwo?«
    Eine Windbö stob durch das Gelände, eine leere Dose klapperte gegen eine zweite. Sonst rührte sich nichts.
    »Keitel?«, rief ich nun. »Goebbels?«
    Aber niemand antwortete. Nun gut. So war es sogar noch besser. Der Starke ist am mächtigsten allein. Wie ehedem galt dies auch in dieser Stunde, jetzt mehr denn je. Hatte ich doch nunmehr Klarheit. Alleine hatte ich das Volk zu retten. Alleine die Erde und alleine die Menschheit. Und der erste Schritt auf dem Wege des Schicksals führte in die Reinigung.
    Meinen Beutel in der Hand, ging ich nun entschlossen zurück zu meiner alten Schulbank, auf der ich die kostbarsten Lektionen meines Lebens gelernt hatte: der Straße. Aufmerksam folgte ich dem Wege, verglich Häuserzeilen und Straßenzüge, prüfte, wog, wägte, wagte. Eine erste Bestandsaufnahme fiel dabei durchaus positiv aus: Das Land oder zum Mindesten die Stadt wirkte trümmerfrei, aufgeräumt, insgesamt konnte man ihr einen zufriedenstellenden Vorkriegszustand bescheinigen. Die neuen Volkswagen fuhren offenbar zuverlässig, leiser als früher, auch wenn sie ästhetisch nicht nach jedermanns Geschmack waren. Was sofort jedoch dem klaren Blick ins Auge stach, waren zahlreiche irritierende Schmierereien an allen Wänden. Gewiss war mir die Technik vertraut, bereits damals in Weimar hatten kommunistische Helfershelfer ihren bolschewikischen Unfug überall hingekleckst. Und nicht zuletzt davon hatte ich selbst ja auch gelernt. Aber damals konnte man die Parolen beider Seiten immerhin noch lesen. Jetzt, stellte ich fest, waren zahlreiche Botschaften, die der Urheber offenbar für wichtig genug erachtete, um die Häuserfassaden braver Bürger damit zu entstellen, schlichtweg nicht zu entziffern. Ich konnte nur hoffen, dass dies an der Unbildung möglicherweise linken Gesindels lag, aber nachdem sich die Leserlichkeit der Botschaften mit Fort-dauer meines Weges nicht und nicht änderte, musste ich annehmen, dass sich dahinter womöglich auch so wichtige Mitteilungen wie »Deutschland erwache« verbargen oder »Sieg heil!«. Angesichts von so viel Dilettantismus kochte in mir sogleich ein gewaltiger Zorn hoch. Da fehlte doch eindeutig die führende Hand, die straffe Organisation. Besonders ärgerlich war dies angesichts der Tatsache, dass manche dieser Schriften teilweise sogar mit viel Farbe und sichtlicher Mühe verfertigt worden waren. Oder hatte man in meiner Abwesenheit für politische Parolen eine eigene Schrift entwickelt? Ich entschloss mich, der Sache auf den Grund zu gehen, trat auf eine Dame zu, die an der Hand ihr Kind führte.
    »Entschuldigen Sie die Störung, gnädige Frau«, sprach ich sie an und wies mit der freien Hand auf eine beliebige der Wandaufschriften, »was steht da?«
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte die Dame und bedachte mich mit einem seltsamen Blick.
    »Es kommt also auch Ihnen diese Schrift seltsam vor?«, forschte ich weiter.
    »Die Schrift schon auch«, sagte die Dame zögerlich und zerrte dann ihr Kind weiter, »aber ist mit Ihnen alles in Ordnung?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich, »ich gehe nur rasch zur Reinigung.«
    »Sie sollten lieber zum Friseur!«, rief die Frau.
    Ich wandte den Kopf zur Seite, beugte ihn hinunter zur Scheibe eines der neumodischen Automobile und musterte mein Antlitz. Der Scheitel saß, wenn auch nicht exzellent, so doch gut, und der Bart würde wohl in einigen Tagen etwas nachgeschnitten werden müssen, aber insgesamt war ein Friseurbesuch fürs Erste nicht kriegsentscheidend. Für eine gründlichere Leibwäsche, so kalkulierte ich bei der Gelegenheit, war der kommende Tag oder auch Abend strategisch vermutlich am günstigsten. So machte ich mich denn wieder auf, vorbei an dieser

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