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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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Stärke ist ohnehin der Auftritt im bewegten Bild. Die Videos sind da, also warum stellen wir sie nicht auf eine eigene Homepage?«
    »Alle bisherigen Auftritte in HD , damit man einen Mehrwert hat verglichen mit den Youtube-Mitschnitten«, überlegte die Dame Bellini weiter. »Und man hätte eine Plattform, falls man was Besonderes mitteilen will. Oder eine eigene Sicht der Dinge. Das klingt gut. Kümmern Sie sich drum, dass die Online-Abteilung ein paar Entwürfe abliefert.«
    Wir beschlossen die Konferenz. Auf dem Weg hinaus sah ich noch Licht in meinem Büro. Ich ging hinein, um es zu löschen. So lange das Reich nicht vollständig auf regenerative Energien umgerüstet ist, kostet das alles teuren Brennstoff. Momentan denkt man sich da oft nichts dabei, aber dann ist dreißig Jahre später der Jammer groß, wenn dem Panzer kurz vor El Alamein genau jener Tropfen Treibstoff zum Endsieg fehlt. Ich öffnete die Türe und sah das Fräulein Krömeier reglos an seinem Schreibtische sitzen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich noch gar nicht nach ihrem Wohlbefinden erkundigt hatte. Geburtstage, Trauerfälle, persönliche Anrufe, an derlei hatte mich früher Traudl Junge immer erinnert oder eben inzwischen das Fräulein Krömeier – aber in diesem Fall war das natürlich untergegangen.
    Sie blickte konsterniert auf die Schreibfläche. Dann sah sie zu mir hoch.
    »Wissen Se, wat ick für E-Mails krieje?«, fragte sie blass.
    Das arme Tschapperl rührte mich zutiefst. »Es tut mir sehr leid, Fräulein Krömeier«, sagte ich. »Für mich ist derlei leicht zu ertragen, ich bin es gewohnt, Anfeindungen standzuhalten, wenn ich für die deutsche Zukunft eintrete. Ich trage die volle Verantwortung – es ist unverzeihlich, wenn der politische Gegner stattdessen kleine Angestellte unmöglich macht!«
    »Det hat doch mit Ihnen nüscht zu tun«, sagte sie kopfschüttelnd. »Det is die janz normale ›Bild‹-Scheiße. Da stehste einmal in dem beschissenen Tittenblatt, und denn biste zum Abschuss freijejeben. Ick krieg Fotos von irjendwelchen Schwänzen, ick krieje lauter üble Post, wat se allet mit mir machen wollen, ick hör ja schon nach drei Wörtern det Lesen uff. Seit sieben Jahren bin ick jetzt Vulcania17, det kann ick jetze verjessen. Der Name is verseucht und nu«, sie tippte betrübt auf eine Taste, »nu isser Jeschichte.«
    Es ist unangenehm, wenn man keine Entscheidung treffen kann. Wenn Blondi noch gelebt hätte, hätte ich sie jetzt wenigstens streicheln können, ein Tier und besonders ein Hund kann solchen Momenten immer leidlich die Spannung nehmen.
    »Und mit dem Internet hört det ja nicht uff«, sagte sie. Sie blickte ins Nichts. »Im Internet kann man ja wenigstens noch lesen, wat de Leute denken. Aber uff der Straße, da kann man det nich. Da kann man det nur vermuten, und vermuten will ick det lieber nicht.« Sie schniefte, ohne sich zu bewegen.
    »Ich hätte Sie vorher warnen sollen«, sagte ich nach einem Momente der Stille. »Aber ich habe den Gegner unterschätzt. Es tut mir ausgesprochen leid, dass Sie nun die Zeche für meinen Fehler zu bezahlen haben. Niemand weiß besser als ich, dass man für die Zukunft Deutschlands Opfer bringen muss.«
    »Können Se nich mal zwei Minuten uffhören?«, meinte Fräulein Krömeier, sie schien regelrecht entnervt. »Et jeht hier nicht um die Zukunft Deutschlands! Det is echt! Det is keen Witz! Det ist ooch keen Auftritt! Det is mein Leben, det diese Arschlöcher da kaputtschreiben!«
    Ich setzte mich auf den Stuhl, der ihrem Tische gegenüberstand.
    »Ich kann nicht zwei Minuten aufhören«, sagte ich ernst. »Ich will auch nicht zwei Minuten aufhören. Ich werde das, was ich für richtig halte, bis zum Letzten verteidigen. Die Vorsehung hat mich an diesen Posten gestellt, hier stehe ich für Deutschland bis zur letzten Patrone. Und sicherlich können Sie nun einwenden: Kann denn der Herr Hitler nicht trotzdem einmal zwei Minuten nachgeben? Und in Friedenszeiten wäre ich sogar bereit dazu – Ihnen zuliebe, Fräulein Krömeier! Aber ich will es nicht. Ich werde Ihnen sagen, weshalb. Und ich bin sicher, dass auch Sie das dann nicht mehr wünschen!«
    Sie sah mich fragend an.
    »In dem Momente, in dem ich Zugeständnisse mache, mache ich sie nicht wegen Ihnen – ich mache es letzten Endes, weil dieses Lügenblatt mich dazu bringt. Wollen Sie das? Wollen Sie, dass ich tue, was diese Zeitung verlangt?«
    Sie schüttelte den Kopf, erst langsam, dann

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