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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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Kanäle derlei gelaufen ist, aber ich bin nun rechtmäßig in Berlin gemeldet. Ändern musste ich lediglich mein Geburtsdatum. Mein amtliches Geburtsdatum ist nunmehr der 30. April 1954, hier griff übrigens mit einem Zahlendreher erneut das Schicksal ein: Ich hatte natürlich 1945 angegeben, aber 1954 passt selbstverständlich altersmäßig wesentlich besser.
    Das einzige Zugeständnis war, dass ich auf den Redaktionsbesuch verzichten musste. Ich hatte eigentlich verlangt, dass mich die gesamte Mannschaft inklusive Herrn Streichfett mit dem Deutschen Gruß empfangen würde und dabei das Horst-Wessel-Lied im Kanon absänge.
    Nun gut. Man kann nicht alles haben.
    Es lief ja auch sonst alles ausgesprochen erfreulich. Die Besuchszahlen auf der Internetzseite » Führerhauptquartier « erforderten unablässig mehr technische Ressourcen, die Anfragen für Interviews häuften sich, und auf Empfehlung von Sensenbrink und der Dame Bellini war der Besuch bei den »nationaldemokratischen« Rohrkrepierern zu einer Sondersendung verarbeitet worden, die direkt in die enorme Nachfrage hinein ausgestrahlt werden sollte.
    Am Ende dieses Tages war ich tatsächlich bereit, mit Herrn Sawatzki erneut anzustoßen, vielleicht konnte er dazu sogar noch etwas von dem sehr angenehmen Bellini-Getränk herbeizaubern. Doch leider war Herr Sawatzki – obwohl er das Büro noch nicht verlassen haben konnte – nicht aufzufinden. Und wie ich in meinem Arbeitszimmer feststellen konnte: auch das Fräulein Krömeier nicht.
    Ich beschloss, die beiden nicht zu suchen. Diese Stunde war die Stunde der Sieger, zu denen auch Herr Sawatzki gehörte, der ja wahrlich einen nicht unbeträchtlichen Teil zum Triumphe beigetragen hatte. Und niemand weiß besser, welche Ausstrahlung der siegestrunkene Krieger auf eine junge Frau hat. In Norwegen, in Frankreich, in Österreich sind unseren Soldaten die Herzen nur so zugeflogen. Ich bin sicher, allein in den Folgewochen nach unserem Einmarsche in jene Länder sind vier bis sechs Divisionen gezeugt worden, aus den Lenden erstklassiger Blutsträger. Was hätten wir neue Soldaten bekommen, wenn die ältere, nicht ganz so blutreine Generation dem Gegner noch lächerliche zehn, fünfzehn Jahre lang standgehalten hätte!
    Die Jugend ist unsere Zukunft. Weshalb ich mit der Dame Bellini und einem wieder einmal sehr sauren Glase Schaumwein vorlieb nahm.

xxviii.
    I ch hatte Sensenbrink noch niemals so blass gesehen. Gewiss, ein Held war der Mann nie gewesen, aber sein Gesicht hatte eine Hautfarbe, die ich zuletzt 1917 im Schützengraben gesehen hatte, in diesem verregneten Herbst, als die Beinstümpfe aus dem schlammigen Erdreich ragten. Vielleicht kam es von der ungewohnten Betätigung, denn statt mich anzurufen, kam er persönlich ins Büro, um mich schnellstmöglich in den Konferenzraum zu bitten. Andererseits: Er wirkte sonst ja ausgesprochen sportlich.
    »Es ist unglaublich«, sagte er immer wieder, »es ist unglaublich. Das hat es in der gesamten Firmengeschichte noch nicht gegeben.« Dann griff er mit seiner schweißnassen Hand nach der Klinke, um das Büro wieder zu verlassen, drehte sich im Gehen zu mir um, sagte: »Wenn ich das damals am Kiosk schon gewusst hätte«, und rannte schwungvoll mit dem Kopf gegen den Türrahmen.
    Das hilfsbereite Fräulein Krömeier sprang sofort auf, aber Sensenbrink griff sich nur wie in Trance an den Kopf und taumelte weiter nach draußen, wobei er zwischen mehrere »Unglaublich« auch ein oder zwei »Schon in Ordnung, ich komme klar« einstreute. Fräulein Krömeier sah mich so verstört an, als stünde der Russe schon wieder an den Seelower Höhen, aber ich nickte ihr beruhigend zu. Nicht dass mich die letzten Wochen und Monate gelehrt hätten, die Befürchtungen des Herrn Sensenbrink besonders ernst zu nehmen. Vermutlich hatte wohl wieder irgendein besorgter Bürokrat oder Demokrat irgendeinen Protestbrief an irgendeinen Staatsanwalt geschrieben, derlei gab es ja nach wie vor ständig, und unermüdlich wurde da die Untersuchung als ergebnislos und widersinnig abgebrochen. Vielleicht war es diesmal auch ein wenig anders, und es würde immerhin ein Beamter ins Haus kommen – aber etwas Besorgniserregenderes war wohl kaum zu befürchten. Im Übrigen war ich selbstverständlich bereit, für meine Überzeugungen jederzeit erneute Festungshaft auf mich zu nehmen.
    Dennoch musste ich zugeben, dass auch mich eine gewisse Neugier beschlich, als ich mich auf den Weg zum Konferenzsaale

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