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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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war, den ich entsprechend auch als Einzigen mit einem dezenten Kopfnicken bedachte.
    »Schön«, sagte Kärrner, »nachdem wir jetzt alle wissen, wer wir sind, könnten wir vielleicht langsam die Überraschung aufklären? Ich habe gleich nachher noch ein Meeting.«
    »Gewiss«, sagte Sensenbrink. Mir fiel auf, dass mir noch immer kein Sitzplatz angeboten worden war. Andererseits war mir auch keine Art Probebühne bereitet worden wie bei meinem ersten Besuch in der Firma. Man konnte wohl davon ausgehen, dass es um keine Vorführung ging, die hier von mir erwartet wurde, sondern dass meine Position unangefochten war. Ich sah zu Sawatzki. Sawatzki hatte die rechte Hand zur Faust geballt, er hielt sie vor den Mund und machte mit den Knöcheln unablässig wellenartig knetende Bewegungen.
    »Es ist noch nicht offiziell«, sagte Sensenbrink, »aber ich habe es aus absolut sicherer Quelle. Genauer: Ich habe es aus zwei absolut sicheren Quellen. Es ist wegen des NPD -Specials. Die Sondersendung, die wir direkt nach dem ›Bild‹-Coup gebracht haben.«
    »Und was ist damit?«, fragte Kärrner ungeduldig.
    »Herr Hitler erhält den Grimme-Preis.«
    Im Raume herrschte Totenstille.
    Dann ergriff Kärrner das Wort.
    »Und das ist sicher?«
    »Bombensicher«, sagte Sensenbrink und wandte sich an mich. »Ich dachte, die Meldefrist wäre schon abgelaufen, aber irgendjemand hat Sie nachnominiert. Ich habe mir sagen lassen, dass Sie das Feld von hinten überrollt haben. Einmal fiel das Wort ›tsunamimäßig‹.«
    »Ein Blitzsieg!«, rief Sawatzki aufgeregt.
    »Sind wir jetzt Kultur?«, hörte ich mit halbem Ohr von einem der zahllosen Executives, alles Weitere ging in stürmischem Applaus unter. Kärrner stand auf, nahezu zeitgleich war die Dame Bellini auf den Beinen, dann erhob sich die ganze Runde. Die Glastür öffnete sich, zwei Damen unter Leitung von Sensenbrinks Vorzimmerdame Hella Lauterbach schritten herein, mehrere Flaschen mit saurem Schaumweine hereintragend. Ich musste gar nicht erst nachsehen, um zu wissen, dass Sawatzki wohl in diesen Sekunden einen Auftrag für dieses fruchtige Bellini-Getränk erteilte. Von außen drängten verschiedene Menschen herein, Schreibkräfte, Assistenten, Praktikanten und Helferinnen. Die Worte »Grimme-Preis« wechselten unablässig mit »echt?« und »Wahnsinn!«. Ich sah Kärrner, der sich mühsam durch die Menge auf mich zu drückte, mit ausgestreckter Hand und einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
    »Ich hab’s gewusst«, schrie er aufgewühlt und blickte dabei abwechselnd mich an und Sensenbrink, »ich hab’s gewusst. Wir können mehr als nur Comedy-Trash! Wir können viel mehr!«
    »Premium!«, schrie Sensenbrink mit sich überschlagender Stimme zurück und erneut und noch lauter: »Premium!« Das half mir insofern weiter, als man daraus schließen konnte, dass es sich bei diesem Preise offenbar um ein anerkanntes Qualitätssiegel für Rundfunk zu handeln schien.
    »Sie sind einfach gut«, sagte eine sanfte weibliche Stimme dicht neben mir. Ich drehte mich um. Neben mir stand, in einem anderen Gesprächszirkel, der Rücken der Dame Bellini.
    »Das Kompliment kann ich nur erwidern«, sagte ich, ohne mich ihr auffälliger als nötig zuzuwenden.
    »Schon mal an einen Film gedacht?«, raunte sie.
    »Schon länger nicht mehr«, antwortete ich über meine Schulter hinweg, »wer einmal mit Riefenstahl gearbeitet hat …«
    »Rede! Rede!«, dröhnte es aus der Menge.
    »Sie müssen etwas sagen!«, drängte Sensenbrink. Und obwohl ich normalerweise nicht zu derlei geselligen Anlässen zu sprechen pflege, ließ es sich in diesem Augenblicke doch wohl nicht vermeiden. Die Menge wich ein wenig zurück und verstummte, nur Sawatzki quetschte sich noch kurz dazwischen, um mir ein Glas von diesem Bellini-Getränk zu reichen. Ich nahm es dankend und musterte die Runde. Vorbereitet hatte ich leider nichts, insofern galt es, auf bewährte Muster zurückzugreifen.
    »Volksgenossinnen und Volksgenossen!
    Ich wende mich an Sie
    Um
    in dieser Stunde des Triumphes
    zweierlei zu verdeutlichen:
    Dieser Triumph ist fraglos erfreulich,
    er ist verdient,
    lange verdient. Wir haben größere Produktionen
    aus dem Felde geschlagen,
    teurere,
    auch internationale!
    Aber dieser Sieg,
    er kann dennoch lediglich eine Etappe sein
    auf dem Wege
    zum Endsieg.
    Wir verdanken den Sieg vor allem Ihrer überzeugten Arbeit!
    Ihrer bedingungslosen, fanatischen Unterstützung.
    Doch wir wollen
    in dieser Stunde auch der

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