Er lockte mit dem Jenseits
Zudem wurden wir abgelenkt, weil der Besucher bereits bei Glenda Perkins eingetroffen war.
Ich hörte seine Stimme, die ruhig klang, und Glenda bot ihm etwas zu trinken an, während sie den Mann zugleich in unser Büro führte.
Mike Dublin hatte seine Haare zu einer regelrechten Löwenmähne wachsen lassen. Sie besaßen auch diese fahlgelbe Farbe und mussten, um richtig zu liegen, nach hinten gekämmt werden. Derartige Haarschnitte waren bei den männlichen Mitgliedern der beautiful people in. Die meisten gaben noch Gel in die Haare, damit sie in Form blieben und nicht wieder zusammenfielen. Er hatte ein durchschnittliches Gesicht, bei dem nur die hellen Augen auffielen. Die Haut besaß eine Bräune, die sicherlich von der Sonne stammte und nicht aus dem Studio.
Bekleidet war unser Besucher mit einem weißen Leinenhemd und einer sandfarbenen Hose, an der die zwei großen Außentaschen auffielen. Die nackten Füße steckten in Lederslippern.
Der Mann war nervös, das erkannten wir an seinem unsteten Blick. Als er sich vorstellte, zitterte seine Stimme leicht, und er war froh, sich setzen zu können.
Dann bedankte er sich bei Glenda, die ihm ein frisches Wasser brachte. »Darf ich erst trinken?«
»Bitte«, sagte Suko.
Er leerte das Glas, tupfte Schweiß von seiner Stirn weg und hob die Schultern. Er machte auf mich den Eindruck eines Mannes, der nicht so recht wusste, wie er an fangen sollte, und ich riet ihm, sich keinen Zwang anzutun.
»Danke. Aber«, er schüttelte den Kopf, »was ich ihnen zu erzählen habe, das hört sich einfach nur verrückt an.«
»Versuchen Sie es trotzdem.«
»Klar, Ihre Kollegen haben mich ja nicht grundlos hergeschickt.«
»Was ist Ihnen widerfahren?«, erkundigte sich Suko.
Die Antwort erfolgte nicht spontan. Mike Dublin rutschte auf seinem Stuhl hin und her und sagte schließlich, ohne dass er uns dabei anschaute: »Eine Bekannte von mir ist in der vergangenen Nacht ins Jenseits abgeholt worden.«
Dieser eine Satz änderte schlagartig alles. Ich war recht träge gewesen und gedanklich nicht voll bei der Sache, jetzt aber war ich hellwach, als hätten Alarmglocken in meinem Kopf geschrillt.
Dublin sah mein Hochzucken und schrak selbst zusammen. »Bitte, das ist so gewesen. Sie müssen mir glauben.«
»Wer sagt denn, dass wir Ihnen nicht glauben, Mr. Dublin?«
Diese Antwort musste er erst verdauen. Mit offenem Mund schaute er mal Suko oder mich an und fragte dann: »Sie lachen mich nicht aus?«
»So ist es. Oder sind Sie hergekommen, um ausgelacht zu werden.«
»Bestimmt nicht.«
»Das meine ich auch. Und deshalb«, fuhr ich fort, »ist es am besten, wenn Sie von vorn beginnen.«
Nach diesem Vorschlag kam er mir irgendwie erleichtert vor. Er konnte sogar lächeln und holte tief Luft. Anschließend erfuhren wir von ihm eine Geschichte, die ebenso unglaublich war wie mein Erlebnis in der vergangenen Nacht. Wobei ich davon ausging, dass beide Geschichten stimmten, denn so etwas dachte man sich nicht aus.
»Jetzt wissen Sie das, was ich auch Ihren Kollegen erzählt habe, und bei denen wurde ich glücklicherweise nicht ausgelacht. Einer von ihnen hat sich an Sie beide erinnert. Und jetzt bin ich hier.«
»Das sieht man«, sagte Suko.
Dublin hob den Kopf und drückte ihn etwas zurück, damit sich die Haut an seinem Hals straffen konnte. Erst jetzt fiel uns das Pflaster auf.
Suko war mit seiner Frage am schnellsten. »Hat Sie dort das Messer erwischt?«
»Ja. Es stand in der Luft, aber es konnte sich auch bewegen, und niemand hielt es fest. Das war einfach furchtbar. Ich kann es selbst kaum fassen.«
Das glaubten wir ihm aufs Wort.
»Weg war sie, einfach weg. Sie lief in die Arme dieser Gestalt und erklärte mir noch, dass sie ins Jenseits wollte. Da ließ sie sich nicht aufhalten.«
»Können Sie die Person beschreiben?«, fragte ich.
»Ja!« Die Antwort blieb nicht lange bestehen, und meine froh aufgeflammte Hoffnung verdampfte. »Nein, das kann ich nicht. Nicht wirklich, wenn Sie verstehen.«
»Was haben Sie denn noch in Erinnerung?«
»Nun ja«, sagte er betont langsam und schluckte. »Es war eine menschliche Gestalt, aber ich sah keinen normalen Körper, auch kein normales Gesicht. Da war mehr ein silbriges Flirren und Leuchten zu sehen. Mehr kann ich auch nicht sagen, weil ich mich auf Barbara Evans konzentriert hatte.«
»Das ist verständlich.«
»Und dann waren beide verschwunden, Mr. Sinclair.«
»Im Jenseits.«
Mike Dublin hob die Schultern. »Das
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