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Er sieht dich wenn du schläfst

Er sieht dich wenn du schläfst

Titel: Er sieht dich wenn du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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der Leitung. Dann sagte Nor:
»Dennis, du kennst doch das impressionistische Gemälde neben
dem Kamin in meinem Wohnzimmer?«
»Das ›Qualen nach Zahlen‹-Teil?«
Es war ein alter Scherz zwischen den beiden.
»Ja. Du hast doch die Vollmacht. Geh an mein Bankschließfach und hol die dazugehörigen Zertifikate heraus. Damit und
mit dem Gemälde gehst du zur Galerie Reuben. Ich weiß, sie
werden dir ein Angebot machen. Das Gemälde dürfte mindestens sechzigtausend Dollar wert sein. Das hilft uns erst einmal
weiter.«
»Nor, du liebst das Bild.«
»Nicht so sehr wie mein Restaurant. Okay, Dennis, ich glaube, noch mehr gute Nachrichten kann ich nicht verkraften. Ich
rufe in etwa zwei Wochen wieder an.«
»Klar, Nor. Mach’s gut.«
Ihr nächster Anruf galt Sean O’Brien, um sich zu erkundigen,
ob es etwas Neues betreffs eines Gerichtstermins gab. Negativ.
Schweigend verließen sie das Motelzimmer, gingen die Treppe zum Parkplatz hinunter und stiegen in den Geländewagen, in
dem der Mann mit der dunklen Brille saß. Das muss der Kripobeamte sein, der für ihren Schutz zuständig ist, entschied Sterling.
Er fuhr neben Nor auf dem Rücksitz mit. Während der zwanzigminütigen Fahrt wurde kein Wort gewechselt. Er sah im
Vorbeifahren auf einem Hinweisschild, dass Denver dreißig
Meilen entfernt war. Ich weiß genau, wo wir sind, dachte er. Die
Akademie der Luftwaffe ist hier in der Nähe.
Billy und Nor wohnten in einem mittelmäßigen, zweistöckigen Haus, dessen einziger Vorteil die Lage war, soweit Sterling
es beurteilen konnte. Es stand auf einem großen Grundstück
unter hohen, Schatten spendenden Bäumen, die es nach außen
hin abschirmten.
Als der Wagen anhielt, wandte sich Billy an den Marschall.
»Frank, kommen Sie bitte mit rein. Ich muss mit Ihnen reden.«
»Klar.«
Die Einrichtung im Wohnzimmer sah aus, als stamme sie aus
der Konkursmasse eines Motels: Sofa und Stühle aus Kunstleder, ein nicht dazu passender Tisch und Beistelltische, grell orangefarbener Teppichboden. Eine ächzende Klimaanlage mühte
sich, kühle Luft in den Raum zu pusten.
Sterling konnte genau sehen, wo Nor versucht hatte, den
Raum zu verschönern. Geschmackvoll gerahmte Drucke lenkten
den Blick von den hässlichen Möbeln ab. Ein Vase voller Rudbeckien und verschiedene große Grünpflanzen machten den
Raum freundlicher.
Das Wohnzimmer öffnete sich zu einer Art Speisebereich.
Billy hatte ihn in ein Musikzimmer verwandelt und mit einem
zerkratzten Klavier möbliert, auf dem sich Notenblätter, ein CDPlayer und Regale mit CDs stapelten. Seine Gitarre stand auf
einem Klubsessel neben dem Klavier.
»Was kann ich für Sie tun, Billy?«, fragte der Marschall.
»Sie können uns beim Packen helfen. Ich bleibe hier keine
Nacht mehr. Mir reicht’s.«
»Billy, Frank kann doch nichts dafür«, sagte Nor in der Hoffnung, ihn zu besänftigen.
»Soweit wir wissen, wird der Prozess nie stattfinden. Soll ich
denn den Rest meines Lebens in diesem Haus vergammeln?
Frank, ich will Ihnen etwas erklären. Letzte Woche bin ich dreißig geworden. Im Musikgeschäft ist das alt, verstehen Sie? Es
ist alt. Wer es heutzutage zu etwas bringen will, fängt mit siebzehn Jahren an, wenn nicht sogar noch früher.«
»Billy, beruhige dich«, bat Nor.
»Ich kann mich nicht beruhigen, Mom. Marissa wächst ohne
uns auf. Sie hasst mich. Jedes Mal, wenn ich mit Denise spreche, sagt sie mir, wie sehr sie sich um Rissa sorgt, und zu Recht.
Ich riskier’s. Wenn mir etwas zustößt, dann wenigstens, während ich mein eigenes Leben lebe.«
»Hören Sie zu, Billy«, unterbrach ihn der Marschall. »Ich
weiß, wie frustrierend das für Sie und Ihre Mutter ist. Sie sind
nicht der Erste, der in diesem Schutzprogramm durchdreht. Aber
Sie sind wirklich in großer Gefahr. Wir hatten Wege und Möglichkeiten, Folgendes herauszubekommen, aber wir wollten Ihnen erst einmal nichts sagen: Seit Januar ist man hinter Ihnen
und Ihrer Mutter her. Und nachdem die persönlichen Schläger
der Badgetts sie nicht aufspüren konnten, haben die Brüder einen Killer auf Sie angesetzt.«
Nor wurde bleich. »Wann haben sie ihn angeheuert?«
»Vor drei Monaten. Wir kennen ihn, und unsere Männer observieren ihn. Wollen Sie jetzt noch immer, dass ich Ihnen beim
Packen helfe?«
»Wohl eher nicht.« Billy setzte sich resigniert ans Klavier.
»Ich werde einfach weiter Musik schreiben, die dann jemand
anders singen kann.«
Der Marschall nickte Nor zu und ging hinaus. Kurz darauf trat

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