Er trank das ewige Leben
sich.
Diese schreckliche, tödliche Wunde, gerissen von zwei langen, säbelartigen Zähnen.
Und genau dieses Schicksal stand ihm auch bevor!
***
Sina hatte sich fügen müssen. Sie hatte es nicht gewollt, aber sie wußte auch, daß Mephisto der Stärkere war. Er war ihr Herr, und letztendlich hatte sie zu tun, was er befahl.
Sie wollte Blut!
Frisches, hellrotes, sprudelndes Blut, und sie wußte auch, daß sie es bekommen würde. Nur eben nicht von diesem Menschen, der mit Mephisto allein in dem Verlies zurückgeblieben war. Der Chinese gehörte ihm. Sie aber konnte unter vielen Menschen aussuchen.
Männer, Frauen, Kinder…
Sina bewegte ihren Mund. Die Vorfreude steigerte sich noch weiter. Sie gab schmatzende Laute ab, als sie Stufe für Stufe überwand.
Eine alte Kraft. Eine andere Kraft. Alt und doch neu für sie. Wunderbar…
Sie kroch höher. Dabei beugte sie sich nach vorn, denn sie stützte sich nicht nur mit den Füßen ab, sondern auch mal mit den Händen. Dabei hielt Sina den Kopf immer angehoben, damit sie den Ausgang erkannte.
Er malte sich bereits als heller Flecken ab. Wegen der gebogenen Decke sah er aus wie ein großer Halbmond, durch den sie nur zu kriechen brauchte, dann war alles perfekt.
Sie freute sich.
Der Hunger war da.
Das Blut auch!
Mit einem letzten Schwung ließ sie die Stufen hinter sich und gelangte ins Freie.
Die Stimmen hatte sie schon zuvor wahrgenommen. Auf der Bühne ging das Spektakel weiter, und auch ihr Auftritt würde bald an der Reihe sein.
Als sie daran dachte, grinste sie. Ja, sie würde auftreten, sie würde erscheinen, aber anders, als es das Stück erlaubte. Sie würde hineinplatzen und sich das Blut von denen holen, die mitspielten. Dann würde sie nach den Zuschauern greifen und versuchen, deren Panik auszunützen. Die Menschen niederschlagen, sie bewußtlos machen und so lange warten, bis sie erwacht waren, oder sie würde sie schon zuvor leer trinken.
Es waren grausame Gedanken und Vorstellungen, mit denen sich Sina beschäftigte, aber es gab auch nichts anderes in ihrer Existenz, wenn sie ehrlich gegen sich selbst war.
Sina war im Schatten der Burgmauer stehengeblieben. Sie mußte sich neu orientieren, obwohl sie die Umgebung kannte. Aber sie stellte fest, daß sich doch etwas verändert hatte. Zwar brannten die Fackeln nach wie vor, sie streuten auch ihr Licht, aber sie bewegten sich langsam, als wollten sie in Zeitlupe tanzen. Sie fuhren über den Boden, sie wischten am Mauerwerk vorbei, und sie erreichten auch die Blutsaugerin, die sich in Bewegung gesetzt hatte und die unmittelbare Nähe des alten Gemäuers nicht verließ.
Sie wollte auf die Bühne. Oder dorthin, wo ihre ehemaligen Kollegen agierten.
Sina behielt sie bereits im Blickfeld. Sie blieb plötzlich stehen, weil sie etwas störte.
Menschen – Frauen!
Zwei fremde Frauen, die nicht dazugehörten.
Schlimm und schaurig zugleich sahen sie aus. Es mochte daran liegen, daß sie von einer dunklen Wolke umhüllt waren, die aus dem Boden stieg.
So aber stimmte es nicht.
Die Wolke drang nicht aus dem Boden, sie kam woanders her. Sie war künstlich. Die alte Mischung aus Wasser und Trockeneis stimmte immer.
Das Grauen sollte eben perfekt nachgebildet werden, aber alle dort würden sich wundern, wenn das echte Grauen kam.
Sina duckte sich.
Sie ging weiter.
Sie blieb dabei nahe der Mauer, und sie war böse.
Die Gier tobte in ihr!
Und sie knurrte gefährlich leise…
***
Der Magier verstand sein Geschäft. Er zauberte plötzlich irgendwelche Wolken hervor, die ihn einhüllten und auch die übrigen Akteure umfingen.
Sie schlichen über den Boden, ohne einen Laut abzugeben. Sie waren so dicht, daß sie den Magier verhüllten, was auch Sinn der Sache war, denn seine Stimme sollte einzig und allein aus den Wolken dringen. Er sollte sich auflösen, er war der Geist, er war derjenige, der das Böse verfluchen sollte.
Die beiden Skelette rahmten ihn ein. Noch immer sahen sie aus, als würden sie über dem Boden schweben. Ihre Knochen leuchteten bleich und gelb zugleich.
Sogar die Augenhöhlen waren zu erkennen. Heller Puder schien darin zu leuchten. Ebenso in den Mäulern und Nasen.
Shao und Glenda hielten sich ebenfalls auf dieser Bühne auf. Sie wußten noch nicht, was sie zu tun hatten, das würde ihnen früh genug gesagt werden. Ruhig blieben die beiden nicht, und Glenda fragte. »Wie fühlst du dich?«
»Überhaupt nicht.«
»Wieso?«
»Ich komme mir irgendwie lächerlich
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