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Er

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Titel: Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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sich auf eine Parkbank, der Sonne zugewandt.
    Anna war eine Lügnerin. Auf Zehn-Zentimeter-Absätzen war sie gestern durch Leas Wohnung gestakst, der flauschige, weiße Teppich im Durchgangszimmer hatte sich unter ihren Absatzspitzen gekrümmt. Auftragsvolumen: eine Million. Das Ergebnis der für sie erfolgreichen Modemesse in Mailand. Anna hatte Jensen von oben herab die Hand gereicht, die sehr schmal war und leicht in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht voluminöse Künstler-Fingerringe sie in der Welt verankert hätten.
    »Du siehst ja aus!«, sagte Anna an Leas Krankenbett. »Schätzchen, du bist eine Schönheit, aber wenn er …«, ihr Blick glitt über Jensen, »… dich so sieht, wird er denken, dass du in zwei Jahren in Trainingshosen zum Friseur gehst, um dir eine blonde Strähne reinzufärben.«
    »Du wirst dich an ihren Humor gewöhnen«, sagte Lea zu Jensen, als wäre sie ohne Anna nicht zu haben. Wenn man Toni noch dazurechnete, kam viel Ballast zusammen.
    »Und jetzt möchtest du eine Minestrone«, sagte Anna. »Hast du ihr Minestrone gekocht?«
    »Nein«, sagte Jensen. Er stand in Socken neben Anna, die diese eleganten Schuhe trug und deren Bluse einen Knopf zu weit offen stand. Sie lauerte darauf, seinen Blick zwischen ihren Brüsten einzuklemmen. »Wir könnten aber gemeinsam eine kochen«, fügte er hinzu.
    »Gemeinsam?« Anna verzog den Mund. »Ich vögle ja nicht mal gemeinsam.«
    Lea lachte, aber nicht auf die wunderbare Weise wie sonst, ihr Gesicht entspannte sich nicht dabei. Anna betrachtete erstaunt die Rötung auf Jensens Gesicht.
    »Nein, ich kann nicht gemeinsam kochen«, sagte Anna. »Aber ich kann delegieren.«
    Und so wurde Jensen zum Einkaufen geschickt, und als er mit den Zutaten zurückkam, behielt er die Schuhe an, sie waren Schild und Schwert. Anna brachte in der Küche Wasser zum Kochen, allein durch ihre Anwesenheit, dachte Jensen. Sie inspizierte die Einkaufstüte.
    »Du hast den Sellerie vergessen«, sagte sie.
    »Und was ist das?« Er hielt ihr den Sellerieknollen vor die Augen.
    »Ich sagte doch Staudensellerie. Darf ich dich fragen, wie alt du bist?«
    Sie selbst war vierzig, schätzte Jensen, sie hatte gerade die Jugend hinter sich gelassen und wusste nicht so recht, wohin jetzt.
    »Dreiundfünfzig«, sagte er.
    Das Mitleid verbot ihr eine spitze Bemerkung.
    »Ein gutes Alter«, sagte sie, und Minestrone sei auch mit Knollensellerie machbar, und sie dachte, Jensen sah es ihr an: Den behält sie keine zwei Monate. »Vor allem, wenn man für Fieberkranke kocht«, sagte sie. »Das Fieber betäubt die Geschmacksknospen. Lea wird den Unterschied gar nicht herausschmecken. Und was machst du beruflich?«
    Jensen zerstückelte mit einem Messer aus Damaszenerstahl das Gemüse, ein ehemaliger Polizist, Anna reduzierte ihre Schätzung, was die Dauer der Liebesbeziehung betraf, um einen Monat. Um Jensen auf das nahe Ende vorzubereiten, erzählte sie ihm von Hossam.
    »Dein Vorgänger«, sagte sie, während sie Parmesan raffelte. Hossam war unglaublich attraktiv durch seine aus Ägypten stammende Mutter.
    »Ich habe Lea noch nie so verliebt erlebt«, sagte Anna, sie verkleinerte Jensen auf Brötchenformat, brach ihn entzwei und verfütterte ihn an die Tauben.
    Hossam war schnell, er dachte die Gedanken anderer zu Ende, bevor sie mit Denken angefangen hatten, »damit kann man Lea rumkriegen, wenn man ein Mann ist, und nerven, wenn man eine Frau ist.«
    »Ich habe nicht den Eindruck, dass du sie oft nervst«, sagte Jensen.
    »Verbrenn dir nicht die Zunge.« Anna drohte ihm mit dem Reibeisen.
    Jedenfalls schied Hossam als Urheber der Spiegelinschrift aus, denn Anna beendete das Thema mit der Information, dass Lea sich vor drei Monaten von ihm getrennt habe.
    »Sie ist wählerisch und neugierig«, sagte Anna. »Eine Kombination, die zu einer hohen Fluktuationsrate führt.«
    Lea legte den Kopf an seine Schulter.
    Auf der Kuppel des Museums am anderen Ufer des Flusses wehte eine Fahne mit dem Namen des Museums, und auf der anderen Seite des Parkwegs ragte aus der Schneedecke der obere Teil einer zerbeulten Coladose.
    »Ich möchte dir etwas sagen«, begann er. Er wollte wissen, wer in der zeitlichen Lücke zwischen Hossam und ihm geduscht hatte. Und er wollte, dass Lea verstand, weshalb er es wissen wollte. Dazu musste er von Annick erzählen.
    »Die Frau, mit der ich zusammen war«, sagte er, »die Mutter meines …« Alle fünf Finger legte Lea ihm auf die Lippen.
    »Deine

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