Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
zum Rand des Lagers gekommen. Zwischen den Zelten waren die Varden, Zwerge und Urgals eifrig mit der Vorbereitung für den geplanten Angriff beschäftigt.
»Und denkt daran«, sagte Nasuada und ihr Atem bildete weiße Wölkchen vor ihrem Mund, »wenn ihr es nicht schafft, die Tore bis zum Morgengrauen zu erreichen, sucht euch ein Versteck, wo ihr bis zur nächsten Nacht warten könnt. Wir werden es dann noch einmal versuchen.«
»Wir werden es uns vielleicht nicht leisten können, zu warten«, wandte Arya ein.
Nasuada rieb sich die Arme und nickte. Sie wirkte ungewöhnlich besorgt. »Ich weiß. Wir werden auf jeden Fall zum Angriff bereit sein, sobald ihr euch mit uns in Verbindung setzt, ganz gleich, zu welcher Tageszeit. Eure Sicherheit ist wichtiger als die Eroberung Dras-Leonas. Vergesst das nicht.« Während sie sprach, wanderte ihr Blick zu Eragon.
»Wir sollten aufbrechen«, bemerkte Wyrden. »Es ist schon spät.«
Eragon drückte seine Stirn einen Moment lang an Saphira.
Gute Jagd, sagte sie leise.
Dir auch.
Die beiden trennten sich nur widerstrebend. Dann folgten Eragon, Arya und Wyrden Angela, die sie vom Lager wegführte und zum Ostrand der Stadt brachte. Nasuada und Jörmundur wünschten ihnen noch leise alles Gute, dann wurde es still bis auf das Geräusch ihres Atems und ihrer Schritte.
Angela dämpfte das Licht in ihrer Hand, bis es für Eragon kaum mehr hell genug war, dass er seine Füße sehen konnte. Er musste seine Augen anstrengen, um Steine und Zweige auf seinem Weg auszumachen.
Sie wanderten fast eine Stunde schweigend durch die Dunkelheit, bis die Kräuterhexe stehen blieb und flüsterte: »Wir müssten da sein. Normalerweise weiß ich ziemlich genau, welche Entfernung ich zurückgelegt habe, aber hier könnten wir auch um mehr als tausend Fuß danebenliegen. Das ist in dieser Finsternis schwer zu sagen.«
Zu ihrer Linken schwebten ein halbes Dutzend nadelstichfeine Lichter über dem Horizont, der einzige Hinweis darauf, dass sie sich in der Nähe von Dras-Leona befanden. Die Lichter schienen nah genug zu sein, um sie aus der Luft pflücken zu können.
Eragon und die beiden Frauen warteten ab, während Wyrden sich hinkniete, seinen rechten Handschuh auszog und die Hand flach auf die nackte Erde legte. Dazu summte er leise den Zauber, den einer der Zwergenmagier ihm beigebracht hatte. Orik hatte ihnen den Magier geschickt, um sie darin zu unterweisen, unterirdische Gewölbe aufzuspüren.
Solange der Elf sang, starrte Eragon wachsam in die Dunkelheit ringsum und lauschte auf mögliche feindliche Geräusche. Immer mehr Regentropfen fielen ihm jetzt ins Gesicht. Er hoffte, dass das Wetter sich besserte, bevor sie in Kämpfe verwickelt wurden, falls es überhaupt zu Kämpfen kam.
Beim Schrei einer Eule zuckte seine Hand zu Brisingr, nur um das Schwert gleich wieder loszulassen und unzufrieden die Faust zu ballen. Barzûl, dachte er und verwendete damit Oriks Lieblingsfluch. Er war nervöser, als er sein sollte. Zu wissen, dass er vielleicht schon bald wieder gegen Murtagh und Dorn kämpfen musste – einzeln oder gegen beide zugleich –, machte ihn unruhig.
Wenn ich so weitermache, werde ich sicher verlieren, dachte er. Also verlangsamte er seine Atmung und begann mit der ersten der geistigen Übungen, die Glaedr ihm beigebracht hatte, um seine Gefühle zu kontrollieren.
Der alte Drache war nicht begeistert gewesen, als Eragon ihm von der Mission erzählt hatte, aber er hatte sich auch nicht dagegen ausgesprochen. Nachdem sie erörtert hatten, was alles passieren konnte, hatte Glaedr gesagt: Sei auf der Hut vor dunklen Ecken, Eragon. Dort lauern merkwürdige Dinge, was, so dachte Eragon, keine besonders ermutigende Feststellung war.
Er wischte sich den Regen aus dem Gesicht, doch die andere Hand hielt er immer dicht am Griff seines Schwertes. Das Leder seines Handschuhs fühlte sich warm und glatt auf seiner Haut an.
Schließlich ließ er die Hand sinken, schob den Daumen unter seinen Schwertgürtel, den Gürtel von Beloth dem Weisen, und spürte das Gewicht der zwölf darin verborgenen, makellosen Diamanten. An diesem Morgen war er zu den Viehpferchen gegangen und hatte die Lebensenergie der Vögel und Schafe, die für das Frühstück der Armee geschlachtet worden waren, in die Edelsteine fließen lassen. Er tat das höchst ungern. Wenn er mit seinem Geist ein Tier berührte – sofern es seinen Kopf noch besaß –, wurden die Furcht und der Schmerz dieser Kreatur zu seiner
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