Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
anzustellen, riskieren wir dabei, das Imperium auf unser Interesse an diesem Gebiet aufmerksam zu machen. Selbst wenn der Tunnel existiert, hat er dann nur noch geringen Wert für uns: Murtagh und Dorn würden uns am anderen Ende erwarten.« Sie sah Jeod an. »Was denkt Ihr, wie breit dieser Tunnel sein könnte? Wie viele Männer würden hineinpassen?«
»Das kann ich nicht sagen. Schätzungsweise …«
Orik räusperte sich, dann bemerkte er: »Die Erde hier ist weich und lehmhaltig, mit jeder Menge Schlick dazwischen – fatal für den Tunnelbau. Wenn Erst auch nur einen Funken Verstand besaß, hat er nicht geplant, die Abwässer der Stadt durch einen einzigen großen Kanal abzuführen; er muss mehrere kleinere Tunnel konstruiert haben, um die Wahrscheinlichkeit eines Einsturzes zu verringern. Keiner von ihnen dürfte breiter sein als etwa einen Schritt.«
»Zu schmal, als dass auch nur zwei Männer nebeneinander hindurchgehen könnten«, stellte Jeod fest.
»Zu schmal für mehr als einen einzigen Knurla«, fügte Orik hinzu.
Nasuada kehrte zu ihrem Platz zurück und starrte mit leerem Blick auf die Karte, als betrachte sie etwas in weiter Ferne.
Nach einigen Augenblicken des Schweigens ergriff Eragon das Wort: »Ich könnte nach dem Tunnel suchen. Ich kann mich durch einen Zauber verbergen. Die Wachposten würden mich niemals sehen.«
»Vielleicht«, murmelte Nasuada. »Aber mir gefällt die Idee immer noch nicht, dass überhaupt irgendjemand dort in der Gegend herumläuft. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Imperium davon Wind bekommt, ist zu hoch. Was ist, wenn Murtagh es beobachtet? Könntest du ihn täuschen? Weißt du überhaupt, welche Fähigkeiten er inzwischen hat?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen so tun, als würde der Tunnel existieren, und unsere Entscheidungen dementsprechend treffen. Wenn sich dann doch das Gegenteil herausstellt, haben wir nichts verloren. Aber wenn es den Tunnel tatsächlich gibt … sollte er es uns ermöglichen, Dras-Leona ein für alle Mal einzunehmen.«
»Was habt Ihr im Sinn?«, fragte Orrin vorsichtig.
»Etwas Kühnes, etwas … Unerwartetes.«
Eragon schnaubte leise. »Dann solltest du dich vielleicht mit Roran beraten.«
»Ich bin nicht auf Rorans Hilfe angewiesen, wenn ich Pläne schmiede, Eragon.« Nasuada verstummte wieder, und alle im Pavillon, Eragon eingeschlossen, warteten, was sie sich einfallen lassen würde. Schließlich richtete sie sich auf und erklärte: »Folgendes: Wir schicken eine kleine Gruppe von Kriegern aus, damit sie uns die Tore von innen öffnen.«
»Und wie soll irgendjemand das schaffen?«, wollte Orik wissen. »Es wäre schon schwierig genug, wenn sie es lediglich mit Hunderten von Soldaten zu tun bekämen, aber für den Fall, dass Ihr es vergessen habt, dort lauert außerdem eine riesige, Feuer speiende Echse, und die wird sich gewiss für jeden interessieren, der töricht genug ist, sich an den Toren zu schaffen zu machen. Und dabei haben wir Murtagh noch nicht einmal mit in Betracht gezogen.«
Bevor die Diskussion weiter ausufern konnte, erklärte Eragon: »Ich mache das.«
Seine Worte beendeten vorerst die Auseinandersetzung.
Eragon erwartete, dass Nasuada seinen Vorschlag auf der Stelle verwerfen würde, aber sie überraschte ihn, indem sie darüber nachdachte. Dann überraschte sie ihn noch mehr, als sie sagte: »Also gut.«
Eragon starrte Nasuada erstaunt an, nachdem alle Argumente, die er sich zurechtgelegt hatte, unnötig geworden waren. Sie war offensichtlich dem gleichen Gedankengang gefolgt wie er.
Im Zelt brach augenblicklich ein wildes Stimmengewirr los, als alle gleichzeitig zu sprechen begannen. Arya setzte sich schließlich durch: »Nasuada, du kannst nicht zulassen, dass Eragon sich in derartige Gefahr bringt. Es wäre verantwortungslos. Schick stattdessen Bloëdhgarms Magier. Ich weiß, dass sie bereit wären, zu helfen, und bessere Krieger findest du nicht, Eragon eingeschlossen.«
Nasuada schüttelte den Kopf. »Keiner von Galbatorix’ Männern würde es wagen, Eragon zu töten – weder Murtagh noch die Magier des Königs, nicht einmal die einfachsten Soldaten. Wir sollten das zu unserem Vorteil nutzen. Davon abgesehen ist Eragon unser stärkster Magier und es wird vielleicht sehr viel Kraft vonnöten sein, um die Tore aufzubrechen. Von uns allen hat er die besten Aussichten auf Erfolg.«
»Aber was ist, wenn er gefangen genommen wird? Er kann nicht allein gegen Murtagh bestehen. Das weißt
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