Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
um dich herum vorgehen. Sonst wird dir noch jemand ein Messer in den Leib stoßen, wenn du gerade nicht hinsiehst. Und mit wem sollte ich dann rätselhafte Bemerkungen austauschen?« Sie warf ihr Haar zurück. »Nur zu, stell mir eine andere Frage. Mir gefällt dieses Spiel recht gut.«
Er zog eine Augenbraue hoch, und obwohl er sich nichts davon versprach, fragte er: »Piep piep?«
Die Kräuterfrau wieherte vor Lachen und einige der Werkatzen öffneten das Maul zu etwas wie einem breiten Grinsen. Schattenjägerin jedoch schien verstimmt zu sein, denn sie bohrte ihre Krallen in Eragons Beine, sodass er zusammenzuckte.
»Nun«, meinte Angela, immer noch lachend, »wenn du darauf bestehst, eine Antwort zu erhalten , ist diese Geschichte so gut wie jede andere. Mal sehen … als ich vor mehreren Jahren am Rand von Du Weldenvarden entlangreiste, weit im fernen Westen, meilenweit entfernt von jeder Stadt und jedem Dorf, stieß ich auf Grimrr. Damals war er nur der Anführer eines kleinen Stammes von Werkatzen und er hatte noch zwei vollständige Vordertatzen. Wie dem auch sei, ich sah, wie er mit einem jungen Rotkehlchen spielte, das aus seinem Nest in einem nahen Baum gefallen war. Es hätte mir nichts ausgemacht, wenn er den Vogel einfach getötet und gefressen hätte – das tun Katzen nun einmal –, aber er folterte das arme Ding: zog es an den Flügeln, knabberte an seinem Schwanz, ließ es davonhüpfen und stieß es dann wieder um.« Angela rümpfte angewidert die Nase. »Ich habe ihm gesagt, dass er aufhören soll, aber er hat nur gebrummt und mich ignoriert.« Sie bedachte Eragon mit einem strengen Blick. »Ich mag es nicht, wenn Leute mich ignorieren. Also habe ich ihm den Vogel weggenommen, mit den Fingern geschnippt und einen Zauber gewirkt und während der nächsten Woche hat er, jedes Mal wenn er den Mund öffnete, gezwitschert wie ein Vogel.«
»Er hat gezwitschert? «
Angela nickte und der Schalk blitzte ihr aus den Augen. »Ich habe noch nie in meinem Leben so gelacht. Die ganze Woche über haben ihn alle anderen Werkatzen gemieden.«
»Kein Wunder, dass er dich hasst.«
»Na und? Wenn man sich nicht ab und zu ein paar Feinde macht, ist man ein Feigling – oder Schlimmeres. Außerdem hat es sich gelohnt. Oh, was war er wütend!«
Schattenjägerin stieß ein leises, warnendes Brummen aus und fuhr abermals die Krallen aus.
Eragon verzog das Gesicht und erwiderte: »Vielleicht sollten wir lieber das Thema wechseln?«
»Hmm.«
Bevor er aber eine neue Frage stellen konnte, drang von irgendwo aus der Mitte des Lagers ein lauter Schrei herüber. Der Schrei hallte noch dreimal durch die Zeltreihen, bevor er verklang.
Eragon sah Angela an und sie sah ihn an, dann begannen sie beide zu lachen.
REDEN AM FEUER,
SCHREIBEN IM ZELT
E
s ist schon spät, bemerkte Saphira, als Eragon auf sein Zelt zugeschlendert kam, neben dem sie sich zusammengerollt hatte. Sie funkelte wie ein Berg azurblauer Kohlen in dem matten Licht der Fackeln. Sie musterte ihn aus einem halb geschlossenen Auge.
Er ging neben ihrem Kopf in die Hocke, drückte eine Weile seine Stirn an ihre und umarmte ihr stacheliges Kinn. Stimmt, erwiderte er schließlich. Und du brauchst Ruhe, nachdem du den ganzen Tag gegen den Wind geflogen bist. Schlaf jetzt, bis morgen früh dann.
Sie blinzelte zur Bestätigung.
In seinem Zelt zündete Eragon eine Kerze an, um es behaglicher zu haben. Dann zog er seine Stiefel aus und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf sein Feldbett. Er verlangsamte seine Atmung und sandte seinen Geist aus, um damit all die lebenden Dinge um ihn herum zu berühren, von den Würmern und Insekten im Boden bis hin zu Saphira und den Kriegern der Varden. Er sandte ihn selbst zu den wenigen verbliebenen Pflanzen in der Nähe, deren Energie blass war und schwer zu sehen, verglichen mit dem brennenden Leuchten selbst der kleinsten Tiere.
Lange Zeit saß er da, ohne einen Gedanken zu denken, und nahm tausend Gefühle wahr, die starken und die zarten, während er sich auf nichts anderes konzentrierte als auf das stetige Strömen der Luft durch seine Lungen.
In der Ferne hörte er Männer reden, die an einem Wachfeuer standen. Die Nachtluft trug ihre Stimmen weiter, als sie beabsichtigten, so weit, dass er mit seinen scharfen Ohren ihre Worte verstehen konnte. Er konnte auch ihren Geist spüren und er hätte ihre Gedanken lesen können, wenn er gewollt hätte. Aber stattdessen entschied er sich dafür, diesen
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