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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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angebracht, außerdem verschiedene Kippschalter, Messinstrumente und Knöpfe. Auf der einen Seite dieser Schalttafel befand sich eine mit Metallplatten verkleidete Tür und auf der anderen zwei große Bullaugen mit gepanzertem und milchigem Glas, auf das mit breitem Klebeband Kabel zwischen zwei Stifte geklebt waren, die seiner Meinung nach Zünder sein konnten. Vor jedem Bullauge stand auf einem Stativ eine Überwachungskamera. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, wozu sie gebraucht worden waren und was der Sinn der Zünder war.
    Unter den Kameras lagen kleine schwarze Kugeln auf dem Boden. Er sammelte sie auf, es war Schrot. Er befühlte die Struktur der Glasscheiben und trat einen Schritt zurück. Zweifellos waren auf die Scheiben Schüsse abgegeben worden. Also hatten die Leute hier auf dem Gelände die Situation möglicherweise nicht völlig unter Kontrolle.
    Er legte das Ohr an die Wand. Das Pfeifen kam von irgendwo dort drinnen. Es musste extrem laut sein, wenn es durch die dicke Abschirmung dringen konnte.
    »Carl, das steht auf fast fünf bar Überdruck.«
    Er sah auf das Druckmanometer, auf das Assad pochte. Er hatte recht. Bis vor kurzem mussten es noch sechs bar gewesen sein. Also war der Druck bereits um mehr als ein bar reduziert worden.
    »Assad, ich vermute, Merete Lynggaard ist da drin.«
    Sein Partner stand vollkommen still und betrachtete die Metalltür. »Glaubst du?«
    Er nickte.
    »Der Druck nimmt ab, Carl.«
    Das stimmte. Die Nadel bewegte sich, wenn auch ganz langsam.
    Carl sah zu den vielen Kabeln. Die dünnen Drähte zwischen den Zündern liefen in isolierten Enden unten auf dem Fußboden aus. Sie hatten wohl vor, sie an eine Batterie oder irgendeine Sprengeinheit anzuschließen. Wollten sie diese Vorrichtung am 15. Mai einsetzen, wenn der Druck bis auf ein bar gesenkt werden sollte, wie auf der Rückseite von Merete Lynggaards Foto vermerkt war? Er starrte seine Umgebung an, versuchte das, was er sah, in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Die Kupferkabel führten direkt in den Raum hinter der Wand. Es waren vielleicht alles in allem zehn. Wie sollte man wissen, welche den Druck verringern und welche ihn heraufsetzen würden? Kappte man eines, riskierte man, dass die Bedingungen für die Person in der Druckkammer sich extrem verschlechterten. Das galt ebenfalls, wenn man etwas mit den elektrischen Leitungen anstellte.
    Er trat zur Schleusentür und studierte den Kasten mit den Relais. Hier gab es keinen Zweifel, denn alles stand schwarz auf weiß neben den sechs Schaltern. Toptür offen. Toptür geschlossen. Äußere Schleusentür offen, äußere Schleusentür geschlossen. Innere Schleusentür offen, innere Schleusentür geschlossen.
    Und beide Schleusentüren standen auf geschlossen. Das sollten sie auch bleiben.
    »Was glaubst du, wofür der hier ist?«, fragte Assad und war bedenklich kurz davor, einen kleinen Potentiometer von OFF auf ON zu drehen.
    Wie gut wäre es, wenn jetzt Hardy neben ihm gestanden hätte. Wenn es etwas gab, womit sich Hardy besser auskannte als jeder andere, dann waren es solche Schalter.
    »Dieser Kontakt ist nach allen anderen angebracht worden«, sagte Assad. »Warum sonst sind die anderen aus diesem braunen Zeugs gemacht?« Er deutete auf eine rechteckige Bakelitbox. »Und warum sonst sollte der da als Einziger von allen aus Plastik sein?«
    Das stimmte. Zwischen diesen beiden Typen von Kontakten lagen Jahre.
    Assad nickte. »Ich denke, dass dieser Drehschalter den Prozess vielleicht stoppt, oder er hat gar nichts zu sagen.« So wunderbar unkonkret ließ sich das also ausdrücken.
    Carl holte tief Luft. Inzwischen waren fast zehn Minuten vergangen, seit er mit den Leuten von der Marine draußen auf dem Holm telefoniert hatte, und es würde noch mehr Zeit vergehen. Wenn Merete Lynggaard dort drin war, waren sie gezwungen, etwas Drastisches zu unternehmen.
    »Dreh ihn«, sagte er mit bangen Ahnungen.
    Assad tat es, und im selben Augenblick ertönte das Pfeifen in durchdringender Lautstärke. Carls Herz machte einen Satz. Einen Moment war er davon überzeugt, sie hätten nun eine Erhöhung des Drucks ausgelöst.
    Dann sah er nach oben, und da identifizierte er die vier gelöcherten Felder unter der Decke als Lautsprecher. Von dort kamen die enervierenden Pfeiftöne.
    »Was ist denn jetzt los?«, rief Assad und hielt sich die Ohren zu. Wie sollte man ihm antworten, wenn er das machte?
    »Ich glaube, Assad, du hast eine Sprechanlage angeschaltet«, rief er

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