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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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zurück und wandte das Gesicht wieder den Feldern oben an der Decke zu. »Merete, bist du da drinnen?«, rief er drei- oder viermal und horchte dann, ob eine Antwort kam.
    Inzwischen konnte er eindeutig erkennen, dass das pfeifende Geräusch von Luft verursacht wurde, die durch etwas Enges gepresst wurde. Wie der Ton, den man selbst mit Luft und Zähnen und Lippen erzeugt, ehe der eigentliche Pfiff kommt. Und der Ton war anhaltend.
    Besorgt blickte er zu dem Druckmessgerät. Es zeigte unmissverständlich an, dass der Druck mittlerweile bis auf viereinhalb bar abgefallen war. Es ging schnell.
    Wieder schrie er aus Leibeskräften. Assad nahm die Hände von den Ohren und schrie auch. Ihr gemeinsamer Appell hätte Tote auferwecken können, dachte Carl, und hoffte, dass es nicht so weit gekommen war.
    Dann war ein Klopfen von der schwarzen Box oben unter der Decke zu hören, und es war für einen Moment vollkommen still.
    Die Box dort oben steuert den Druckausgleich, dachte er und überlegte, ob er in einen anderen Raum laufen und etwas holen sollte, worauf er klettern konnte, sodass er an die Box herankam und sie öffnen konnte.
    In ebendiesem Augenblick hörten sie das Stöhnen im Lautsprecher. Ein Ton, wie ihn Tiere oder auch Menschen in tiefster Krise oder Trauer ausstoßen. Ein langer, monotoner Klageton. »Merete, bist du das?«, rief er.
    Sie standen ganz still und lauschten angespannt. Dann hörten sie einen Laut, den sie als ein Ja interpretierten.
    Carl spürte ein Brennen in der Kehle. Merete Lynggaard war dort drin. Mehr als fünf Jahre in dieser widerwärtigen, trostlosen Umgebung eingesperrt. Und jetzt würde sie womöglich sterben, und Carl hatte keine Ahnung, wie er das verhindern sollte.
    »Was können wir tun, Merete?«, schrie er und hörte im selben Moment einen gewaltigen Knall hinter der einzelnen Gipskartonplatte an der Wand. In Sekundenbruchteilen wurde ihm klar, dass jemand mit einer Schrotflinte durch die Platte geschossen hatte und dass sich die Schrotkörner überall im Raum verteilt hatten. An mehreren Stellen spürte er ein Pochen in seinem Körper und fühlte, wie warmes Blut über seinen Arm floss. Nach seinem Empfinden eine Ewigkeit, aber in Wahrheit wohl kaum mehr als eine Zehntelsekunde war er wie gelähmt, dann warf er sich zurück gegen Assad, dessen Gesichtsausdruck zu der Situation passte. Sein Arm blutete.
    Als sie auf dem Boden lagen, wurde die Gipskartonplatte nach vorn gekippt und enthüllte den Mann, der den Schuss abgefeuert hatte. Er war nicht zu verkennen. Abgesehen von den Falten im Gesicht, die von seinem schwierigen Leben und dem gemarterten Inneren zeugten, sah Lars Henrik Jensen noch genauso aus wie auf den Jugendfotos, die sie von ihm kannten.
    Die rauchende Schrotflinte in der Hand, trat Lasse aus seinem Versteck. Er besah die Verletzungen, die sein Schuss verursacht hatte, mit einer kühlen Gleichgültigkeit, als besichtige er einen überschwemmten Keller.
    »Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte er. Dabei klappte er das Gewehr auf und setzte neue Patronen ein. Dann kam er zu ihnen. Carl zweifelte nicht, dass er schießen würde, wenn es ihm passte.
    »Du kannst jetzt aufhören, Lasse«, sagte Carl und richtete sich etwas auf, um Assad vom Gewicht seines Körpers zu befreien. »Wenn du jetzt aufhörst, dann kommst du mit wenigen Jahren im Gefängnis davon. Ansonsten wird es lebenslänglich für Mord.«
    Der Typ lächelte. Man konnte verstehen, dass Frauen auf ihn flogen. Er war ein Satan in Verkleidung. »Demnach wisst ihr vieles nicht«, sagte er und richtete den Lauf direkt auf Assads Schläfe.
    Ja, das glaubst du, dachte Carl und spürte, wie sich Assads Hand in seine Jackentasche vortastete.
    »Ich habe Verstärkung angefordert. Meine Kollegen werden bald hier sein. Gib mir die Schrotflinte, Lasse, dann kommt alles in Ordnung.«
    Lasse schüttelte den Kopf. »Wenn du nicht antwortest, bring ich deinen Kollegen um. Wie habt ihr mich gefunden?«
    Er war insgesamt viel zu kontrolliert, wenn man bedachte, wie sehr er unter Druck stehen musste. Bestimmt total verrückt. »Mit Hilfe von Uffe«, antwortete Carl.
    »Uffe?« Der Gesichtsausdruck des Mannes veränderte sich. Diese Information fand keinen Platz in der Weit, zu der er sich selbst als Herrscher aufgeschwungen hatte. »Quatsch! Uffe Lynggaard weiß nichts, und er spricht nicht. Ich habe die Zeitungen der letzten Tage gelesen. Er hat nichts gesagt. Du lügst.«
    Er spürte, dass Assad jetzt das Springmesser zu

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