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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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den nötigen Zeugenschutz«, erklärte er. »Zunächst einmal werden sie alle zusammen an einen anderen Ort gebracht, und dann wird sie schon reden. In der Zwischenzeit müssen wir zusehen, dass auch das Drogendezernat eingeschaltet wird. Aus der Analyse geht nämlich hervor, dass sie synthetisches THC intus hatte, wahrscheinlich Marinol, also ganz gewöhnliches Hasch in Pillenform. Das sehen wir in den Kreisen der Dealer eher selten, deshalb müssen wir herausbekommen, wie man sich das Zeug in der Gegend beschafft. Meines Wissens wurden außerdem Spuren von Crystal Meth und Methylphenidat gefunden. Ein ausgesprochen atypischer Cocktail, das Ganze.«
    Carl schüttelte den Kopf. Ja, der Täter war erfinderisch. Schlitzt dem einen Opfer im Park den Hals auf, dem anderen verabreicht er Tabletten. Warum konnten seine Kollegen nicht einfach abwarten, bis die Frau von selbst alles ausspuckte? Er machte die Augen auf und sah genau in die von Marcus Jacobsen.
    »Du schüttelst den Kopf, Carl«, sagte der Chef. »Hast du einen besseren Vorschlag? Oder vielleicht noch eine kreative Idee, die uns weiterbringen kann?« Er lächelte - als Einziger im ganzen Raum.
    »Ich weiß nur, dass man kotzt, wenn man THC geschluckt hat und zu viel anderen komischen Kram frisst. Das heißt doch, dass der Kerl, der sie zwang, die Pillen zu schlucken, seinen Job ziemlich gut verstand, oder? Warum wartet ihr nicht einfach, bis euch Annelise Kvist von selbst erzählt, was sie gesehen hat? Ein paar Tage früher oder später spielen doch wirklich keine Rolle. Es gibt auch noch andere Fälle, um die wir uns kümmern müssen.« Er sah in die Runde. »Ich jedenfalls.«
    Die Sekretärinnen ertranken in Arbeit. Lis saß mit dem Headset auf dem Kopf hinter ihrem Computer. Sie hämmerte auf die Tasten wie der Schlagzeuger einer Rockband. Carl hielt nach einer neuen Sekretärin mit dunklen Haaren Ausschau, aber auf keine passte Assads Beschreibung. Die Sørensen mit ihrem säuerlichen Gesichtsausdruck konnte er doch wohl nicht meinen.
    »Lis, wir brauchen unten bei uns einen gescheiten Fotokopierer«, sagte er, als sie breit lächelnd das Eindreschen auf die Tastatur unterbrach. »Kannst du das vielleicht heute Nachmittag organisieren? Ich weiß, dass die beim NEC einen übrig haben. Der ist noch nicht mal ausgepackt, hab ich gehört.«
    »Ich sehe zu, was ich machen kann, Carl«, sagte sie. Damit war das erledigt.
    Da sagte eine raue Stimme hinter ihm: »Ich bin mit Marcus Jacobsen verabredet.« Er drehte sich um und stand einer Frau gegenüber, die er nicht kannte. Braune Augen. Die tollsten braunen Augen, die er je gesehen hatte. Carl spürte ein Ziehen im Zwerchfell. Dann wandte sich die Frau den Sekretärinnen zu.
    »Sind Sie Mona Ibsen?«, fragte die Sørensen.
    »Ja.«
    »Gehen Sie ruhig rein.«
    Die beiden Frauen lächelten sich an. Mona Ibsen trat einen Schritt zurück. Frau Sørensen stand auf, um ihr den Weg zu zeigen. Carl presste die Lippen zusammen und sah sie den Flur entlanggehen. Sie trug einen Pelz, so kurz, dass gerade noch das untere Ende ihres Hinterns raus schaute. Verheißungsvoll, aber allem Anschein nach keine ganz junge Frau. Warum zum Teufel hatte er von ihrem Gesicht nur die Augen gesehen?
    »Mona Ibsen, wer ist das?«, fragte er Lis so beiläufig wie möglich. »Irgendwas mit dem Fahrradmord ?«
    »Nein, sie ist unsere neue Psychologin, spezialisiert auf Krisenintervention. Sie arbeitet in Zukunft für alle Dezernate hier im Gård.«
    »Ach, tatsächlich?« Er merkte selbst, wie idiotisch das klang. Er versuchte das Gefühl im Zwerchfell zu ignorieren, ging zu Jacobsens Büro und trat, ohne anzuklopfen, ein. Wenn er sich schon einen Rüffel einhandelte, dann für einen guten Zweck. »Entschuldige, Marcus«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.«
    Sie saß so, dass er sie von der Seite sah. Weiche Haut und Falten in den Mundwinkeln, die eher Lächeln als Trübsinn andeuteten.
    »Ich kann später wiederkommen, entschuldige bitte die Störung.«
    Angesichts von so viel Unterwürfigkeit drehte sie sich um und sah ihn an. Sie hatte die fünfzig eindeutig überschritten. Ihr Mund war schön, volle Lippen, sie lächelte leicht. Und ihm war plötzlich, als bekäme er verdammt weiche Knie.
    »Carl, was ist denn?«, fragte Marcus.
    »Ich wollte nur sagen, dass ihr Annelise Kvist fragen solltet, ob sie auch mit dem Mörder ein Verhältnis hatte.«
    »Hatte sie nicht, Carl.«
    »Nein? Okay. Aber ich finde, ihr solltet sie

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