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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Ägypter-Teilchen gefüttert wurde. »Du bist an deinem freien Tag bei ihm gewesen?«
    »Er denkt über den Fall nach, Carl. Er ist ein feiner Kerl.« Carl nickte und biss in seine Teigtasche. Er hatte sich vorgenommen, morgen zu Hardy zu fahren.
    »Ich habe alle Papiere zusammen auf deinen Schreibtisch gelegt, Carl. Wenn du willst, dann erzähl ich ein bisschen von dem, was ich gelesen habe. Von dem Unfall.«
    Carl nickte wieder. Binnen kurzem würde der Kerl auch noch den Bericht schreiben, ehe die Ermittlungen abgeschlossen waren.
    Anderswo im Land war es am 24. Dezember 1986 bis zu sechs Grad warm. Aber auf Seeland hatte man nicht so viel Glück, und das kostete insgesamt zehn Menschen bei Verkehrsunfällen das Leben. Fünf davon auf einer kleineren Landstraße durch ein Waldstück bei Tibirke, und davon waren zwei die Eltern von Merete und Uffe Lynggaard.
    Sie hatten einen Ford Sierra auf einem Stück der Straße überholt, das durch den starken Wind vereist war. Da passierte es. Niemand wurde für schuldig befunden, und es wurden keine Ansprüche auf Schadensersatz erhoben. Es handelte sich um einen »gewöhnlichen« Verkehrsunfall. Doch die Bilanz dieses Unfalls war verheerend.
    Das Auto, das sie überholten, prallte gegen einen Baum, und als die Feuerwehr kam, brannte es. Das Auto von Meretes Eltern hingegen hatte sich überschlagen und lag fünfzig Meter weiter auf dem Dach. Meretes Mutter war durch die Windschutzscheibe geflogen und lag mit gebrochenem Genick im Dickicht des Waldes. Der Vater hatte nicht so viel Glück gehabt. Es hatte circa zehn Minuten gedauert, bis er starb - der halbe Motorblock war in seinen Unterleib gerammt, und der abgebrochene Ast einer Tanne hatte seinen Brustkorb aufgespießt. Uffe war die ganze Zeit bei Bewusstsein, vermutete man, denn als sie ihn aus den Trümmern schnitten, folgte er mit großen erschrockenen Augen ihren Bewegungen. Er hatte die Hand seiner Schwester fest umklammert, und er ließ sie nicht mehr los, auch dann nicht, als sie Merete auf die Straße zogen, um Erste Hilfe zu leisten. Nicht einen Augenblick.
    Der Bericht der Verkehrspolizisten war einfach und kurz.
    Aber die Zeitungsberichte waren es nicht, dafür war der Stoff zu gut.
    In dem anderen Auto wurden der Vater und ein kleines Mädchen auf der Stelle getötet. Die Umstände waren extrem tragisch, denn nur der große Junge kam einigermaßen unverletzt davon. Die Mutter war hochschwanger, die Familie war auf dem Weg zum Krankenhaus gewesen. Während die Feuerwehrleute sich bemühten, den Brand unter der Motorhaube unter Kontrolle zu bringen, gebar sie, mit dem Kopf auf dem Schoß ihres toten Mannes, Zwillinge. Trotz enormer Anstrengungen der Feuerwehr, alle Insassen so rasch wie möglich aus dem Unfallwagen zu schneiden, starb eines der Babys.
    Die Zeitungen hatten für den zweiten Feiertag ihre Schlagzeile. Assad zeigte Carl die überregionalen Zeitungen und die Lokalblätter, sie hatten samt und sonders den Nachrichtenwert erfasst. Die Fotos waren entsetzlich. Das Auto am Baum. Die frischgebackene Mutter auf dem Weg in die Notaufnahme, mit einem weinenden Jungen an ihrer Seite. Merete Lynggaard mitten auf der Fahrbahn auf einer Trage, die Sauerstoffmaske über dem Gesicht. Und Uffe, der mit angstvoll aufgerissenen Augen auf der dünnen Schneedecke der Fahrbahn hockte und die Hand seiner bewusstlosen Schwester umklammerte.
    »Hier.« Assad zog zwei Seiten aus dem Klatschblatt >Gossip< aus der Mappe, die er von Carls Schreibtisch geholt hatte. »Als Merete ins Parlament kam, wurden etliche dieser Fotos erneut veröffentlicht. Das hat Lis herausgefunden«, ergänzte Assad.
    Für den Fotografen, der sich an jenem Nachmittag zufällig in Tibirke Hegn aufhielt, hatten die Hundertstelsekunden Belichtungszeit sich in bare Münze verwandelt. Er war es auch gewesen, der die Beerdigung von Meretes Eltern verewigt hatte, diesmal in Farbe. Scharfe, durchkomponierte Pressefotos von dem Teenager Merete Lynggaard, die die Hand ihres wie versteinert wirkenden Bruders hielt, während die Urnen auf dem Friedhof Vestre beigesetzt wurden. Von der anderen Beerdigung gab es keine Aufnahmen. Die ging in aller Stille vonstatten.
    »Was zum Teufel ist hier unten los?«, fuhr eine Stimme dazwischen. »Seid ihr daran schuld, dass es bei uns oben stinkt wie zu Weihnachten?«
    Sigurd Harrns, einer der Assistenten aus der ersten Etage, stand in der Tür. Verblüfft starrte er die Farborgie an den Lampen an.
    »Hier, Sigurd, alte

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