Erbe des Drachenblutes (German Edition)
allem: Sie wollte ihre Mutter sein!
Mina wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte, nicht, wie sie reagieren sollte, doch dann spürte sie starke Zweifel in sich aufsteigen. »Nein«, begann sie unsicher. »Nein, das kann nicht sein. Ich komme nicht von hier. Ich wurde auf der Erde geboren und führe dort ein normales Leben! Was auch immer Ihr Euch hier ausgedacht habt, mit mir kann es nichts zu tun haben!«
»Drachentochter«, rief Xsanthani gereizt, »wie wollt Ihr uns diese ungeheuerliche Behauptung beweisen?« Er schnaufte. »Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr allein mit Eurem Wort alle Zweifel fortwischt? Ihr könnt doch nicht einfach ein fremdes Mädchen herbringen lassen und uns mitteilen, sie sei die Erbin des Drachenblutes! Wie wollt Ihr Eure Worte belegen?«
»Wieso drängt Ihr so sehr auf einen Beweis, Xsanthani? Glaubt Ihr, unsere Regentin lügt?«, fragte Salvatorus. Er hatte vor Wut die Fäuste geballt.
»Warum wohl will er Beweise. Weil er selbst bereits den Thron unter seinem feinen Hintern gesehen hatte!«, beantwortete der rotbärtige Zwerg die Frage.
»Wie könnt Ihr es wagen?« Einer der seitwärts stehenden Elben blickte den Zwerg empört an.
»Ruhe!«, rief die Drachentochter erneut. Sie blickte zu den Elben. »Zum einen wurde mein Wort noch niemals angezweifelt, Xsanthani. Zum anderen kann Mina es tatsächlich beweisen. Sie ist seit ihrer Geburt im Besitz eines Talismans, der sie als Thronanwärterin ausweist.«Ungewollt legte Mina ihre Linke auf das unter der Kleidung verborgene Amulett. Die Regentin registrierte die Geste mit einem Schmunzeln. »Du kannst die Kette ruhig herausholen, kleine Selene.« Mina zögerte. Eigentlich wollte sie es nicht tun, doch dann, ganz vorsichtig, ergriff sie ein Stück der Kette und zog sie mit dem Drachenamulett heraus. Als es im Licht der Sonne erstrahlte, erklang ein Raunen im Saal. Die Königin breitete die Arme aus und drehte sich zu den Ratsmitgliedern um. »Ja, Ihr habt das Amulett erkannt, und Ihr wisst, dass man es nicht fälschen kann. Sie ist die letzte Drachentochter und meine Erbin!«
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Ein schuppenbewehrter Körper, groß wie ein Scheunentor, bewegte sich schwerfällig in einer Höhle, die kaum von dem einfallenden Tageslicht erleuchtet wurde. Tief, aber regelmäßig erklang der schwere Atem. Im Zentrum der Höhle angekommen, wollte er sich niederlegen, da entflammte nur wenige Meter von ihm entfernt eine Feuersäule aus dem Nichts, die er nur zu gut kannte. Schon oft waren auf diesem Wege geheime Nachrichten zu ihm gelangt. Die Säule hielt ihre Form und reichte bis unter die steinerne Decke. Ein Schmunzeln zog sich über die rissigen Lippen des Höhlenbewohners. Er trat näher heran. Rauchig ertönte sein tiefer Bass. »Wir haben schon lange nichts mehr von dir gehört, Freund. Gibt es etwas Neues?«
In der flackernden, vor Hitzewallungen ständig in Bewegung gehaltene Feuersäule entstanden die Umrisse eines Mannes. Sein Gesicht war kaum zu erkennen. »Wir sind in Tempelburg angekommen«, kam die kurze Antwort.
»Gut!« Ein langgestreckter Kopf mit weit oben liegenden Augen hob und senkte sich zu einer zustimmenden Geste. »Und hat die weiße Regentin das Mädchen schon kennengelernt?«
»Ja! Die erste Begegnung fand direkt vor dem vereinten Völkerrat statt. Es gab ein haltloses Durcheinander, als herauskam, wer sie ist.« Wieder nickte der überdimensionale Schädel zustimmend. »Das wird nicht die letzte Neuigkeit sein, die für Aufruhr unter den vereinten Völkern sorgen wird.« Der Drache näherte sich der Feuersäule, bis zwischen seiner Nasenspitze und der Feuersäule nur noch eine Handbreit Platz war. »Du darfst das Mädchen nicht aus den Augen lassen. Wir müssen uns an unseren Plan halten, sonst verlieren wir alles!«
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Mina stand auf einem steinernen Balkon. Weit unter ihr breitete sich die Stadt aus, deren Gebäude in der nachmittäglichen Sonne rötlich schimmerten. Sie seufzte und presste beide Hände vor ihr Gesicht. Als zöge ein Film vor ihren Augen vorbei, erinnerte sie sich an die Ratsversammlung, die vor wenigen Stunden zu Ende gegangen war. Einige Ratsmitglieder waren über die Enthüllung der Regentin sichtlich entzückt gewesen, ihre Augen hatten geleuchtet und ein Strahlen hatte ihre Gesichter überzogen. Nichtsdestotrotz gab es auch Stimmen, die nicht glauben konnten, was ihnen gerade offenbart worden war. Die Elben waren dabei die größten Kritiker. Sie bezweifelten Minas Herkunft, aber
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