Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
Damien sie an und richtete seinen anklagenden Blick dann wieder auf Ty. »Das verdankst du deiner kleinen Missgeburt da. Irgendeine Freundin aus diesem Dreckskaff drüben in Massachusetts war gestern in allen Fernsehsendern und hat erzählt, dass ihre vermisste Freundin sie angerufen hat, um ihr zu sagen, es gehe ihr gut, sie stecke allerdings in Schwierigkeiten. Das technische Wunder der Anruferidentifizierung hat ihnen verraten, dass der Anruf aus Chicago kam. Nicht dass ich diese Information gebraucht hätte. Ich bin eurer Spur quer durch diese gottverlassene Stadt gefolgt. Aber für alle Ptolemy, die wussten, weshalb du in Massachusetts warst, dürfte dein derzeitiger Aufenthaltsort doch eine Überraschung gewesen sein.«
Ty fluchte so laut, dass er den Namen, den Lily flüsterte, nur noch am Rande mitbekam.
»Bay? Du hast deine beste Freundin angerufen?«
Lily sah ihn kläglich an. »Sie hat geglaubt, ich wäre tot. Das … das konnte ich doch nicht zulassen. Ich wollte ihr nur sagen, dass ich irgendwann zurückkomme. Es tut mir schrecklich leid, Ty. Ich wusste nicht, dass sie die Polizei anrufen würde. Ich habe ihr extra gesagt, sie soll das lassen.«
Ihre ehrlich gemeinte Entschuldigung konnte seine hilflose Wut auch nicht verringern, nur dass sie sich jetzt mehr gegen sein ewiges verdammtes Pech richtete. Dass solch eine blödsinnige Kleinigkeit ihm alles zunichtemachen sollte – ihnen beiden –, empfand er als himmelschreiende Ungerechtigkeit. Und dass sie es ihm verschwiegen hatte, wurmte ihn mehr, als er je gedacht hätte.
Er brauchte mehr Zeit. Er musste so schnell und so weit wie möglich weg, bevor die Ptolemy merkten, was er getan hatte. Denn inzwischen hatte er nicht mehr die Absicht, Lily zu ihnen zu bringen. Nicht nach allem, was Lilith ihm gesagt und gezeigt hatte.
Damiens Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. Der Shade grinste Lily höhnisch an.
»Glaubst du immer noch, er bringt dich hinterher zurück? Also Lily – echt! Bist du wirklich so naiv?« Wieder lachte er, dann richtete er die Aufmerksamkeit erneut auf Ty. »Das hast du echt prima hingekriegt, alter Freund, das muss ich dir lassen. Mit der Beute schlafen und ihr einreden, dass alles wieder wird wie früher, wenn sie nur brav ihre Rolle spielt – Mann, du hättest wirklich mit mir zu den Shades kommen sollen. Leute wie dich können wir brauchen.«
Der Lärm, der von unten heraufdrang, wurde lauter, und jetzt waren auch auf der Treppe Schritte zu hören.
»Du hast mir die Wahrheit gesagt, nicht wahr?«, fragte Lily leise.
Den Bruchteil einer Sekunde fürchtete Ty voller Verzweiflung, sie würde ihm nicht glauben, würde ihm genauso wenig Vertrauen entgegenbringen wie alle anderen, mit denen er in seinem langen Leben zu tun gehabt hatte. Dann dachte er daran, wie viel Vertrauen sie ihm allein schon dadurch geschenkt hatte, dass sie bei ihm geblieben war und sich ihm rückhaltlos hingegeben hatte. Er sah ihr tief in die Augen.
»Nein, Lily. Ich kann dich vorläufig nicht nach Hause bringen. Aber wenn du bei mir bleibst, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit dir nichts passiert.« Nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: »Und wenn ich dich ans Ende der Welt bringen muss, damit sie dich nicht kriegen – jedenfalls lasse ich nicht zu, dass die Ptolemy Hand an dich legen.«
Es gab so vieles, was er ihr unbedingt erzählen musste – aber nicht in Damiens Anwesenheit. Nicht, bevor sie hier raus waren. Inzwischen dröhnten die Schritte über den Flur ihres Stockwerks. Die Ptolemy durchsuchten das Sichere Haus Zimmer für Zimmer.
Die Erleichterung und das Vertrauen in Lilys Augen beschämten ihn.
Lily nickte langsam. »Okay«, sagte sie.
Könnte sie mich wirklich lieben? , fragte Ty sich. Vielleicht, wenn man ihnen Gelegenheit geben würde, es zu versuchen. Für solch eine Chance würde er Damien, wenn nötig, eiskalt umbringen.
Damien beobachtete die beiden voller Abscheu.
»Eigentlich sollte ich euch einfach den Ptolemy überlassen«, sagte er. »Das ist ja ekelhaft.«
Ty sah Lily an. »Wenn es Cait Sith sind, die sie uns auf den Hals gehetzt haben, kann ich sie vermutlich überreden, uns zu helfen, hier rauszukommen.«
»Also bitte«, sagte Damien verächtlich und stand mit einer eleganten Bewegung vom Bett auf. »Glaubst du wirklich, sie schicken deine Blutsbrüder und -schwestern los, um ihren Helden zu jagen? Das da draußen sind Blaublute, Ty. Du weißt doch genauso gut wie ich, dass sie von Zeit zu
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