Erdbeermond: Roman (German Edition)
Muttermunds beschleunigen würde. »Die Erdanziehung ist dein Freund«, erinnerte ich sie. »Nutz das aus.«
»Danke, du Mistspinnerin.«
Die Zeit verging langsam wie in einem Alptraum. Als nur noch zweieinhalb Minuten zwischen den Wehen lagen, sagte sie: »Ich dachte vorhin, die Schmerzen seien unerträglich, aber jetzt sind sie viel schlimmer. Hol die zickige Krankenschwester, bitte, Anna.« Ich war fast in Tränen und rannte den Flur entlang, erleichtert, dass ich mich nützlich machen konnte. Auf mich kam eine sehr schwangere Frau zugerannt, splitternackt und mit wild rollenden Augen. Ein bärtiger Mann hastete hinter ihr her; auch er war nackt (und hatte entsetzliches orangefarbenes Schamhaar). »Ramona, komm zurück ins Gebärbecken«, befahl er.
»Ich scheiß auf das Gebärbecken«, schrie Ramona. »Das ist doch komplett scheiße. Niemand hat mir gesagt, dass es so weh tun würde. Ich will eine Narkose.«
»Keine Medikamente«, sagte der mit dem orangefarbenen Schamhaar. »Wir haben beschlossen, keine Medikamente! Es soll eine ganz natürliche Erfahrung sein.«
»Du kannst die natürliche Erfahrung haben, ich nehme die Medikamente.«
Ich fand dieselbe Krankenschwester wie vorher, und sie tastete wieder Jacquis Muttermund ab. »Immer noch nicht weit genug.«
»Das ist Unsinn. Es ist weit genug. Sie wollen nur den Anästhesisten nicht wecken. Wahrscheinlich sind Sie in ihn verliebt. Geben Sie es doch zu.«
Die Krankenschwester errötete, und Jacqui kreischte: »Ha, hab ich es doch gewusst!«
Nur nützte es Jacqui gar nichts. Es gab keine Narkose, und die Krankenschwester nahm die Verfolgung der ausgebüchsten Ramona auf, die sich immer noch weigerte, wieder ins Gebärbecken zu steigen. Die Geräusche der drei, die auf dem Flur hin und her rannten und Haschen spielten, boten uns eine Weile lang Unterhaltung. Irgendwann sah ich, dass es zehn Uhr morgens war, deshalb rief ich in der Agentur an und erklärte Teenie, was vor sich ging.
Dann kam die Hebamme und nahm sich alle Zeit der Welt, Jacquis Muttermund zu untersuchen.
»Gott, es ist alles so würdelos«, beschwerte sich Jacqui.
»Sie sind jetzt so weit, dass Sie pressen können«, sagte die Hebamme.
»Ich presse kein bisschen, wenn ich nicht erst eine Narkose bekomme. Oh, Jesus und Maria«, kreischte sie. »Es hört gar nicht mehr auf, es ist eine riesenlange Wehe.«
»Pressen Sie«, drängte die Hebamme.
Jacqui keuchte und schnaufte atemlos, in dem Moment wurde der Vorhang dramatisch zur Seite gerissen, und wer stand vor uns, wenn nicht Grummel-Joey?
»Was macht der hier?«, schrie Jacqui.
»Ich liebe dich.«
»Zieh den Vorhang zu, du Arsch!«
»Ja, Entschuldigung.« Er zog den Vorhang hinter sich zu. »Ich liebe dich, Jacqui. Es tut mir Leid, so Leid wie nichts anderes in meinem Leben.«
»Das ist mir egal! Hau ab. Ich gehe durch die Hölle, und es ist alles deine Schuld.«
»Jacqui, pressen!«
»Jacqui, ich liebe dich.«
»Halt den Mund, Joey, ich VERSUCHE ja zu pressen. Und es ist mir egal, ob du mich liebst, weil ich sowieso nie wieder Sex haben werde.«
Joey kam näher. »Ich liebe dich.«
»Geh weg«, kreischte Jacqui. »Geh weg und lass mich mit deinem Männerding in Frieden!«
Die Krankenschwester kam wieder herein. »Was ist hier los?«
»Bitte, oh, bitte, liebe Krankenschwester, kann ich jetzt eine Narkose haben?«, bettelte Jacqui.
Die Krankenschwester tastete sie noch mal ab, dann schüttelte sie den Kopf. »Zu spät.«
»Was? Wie ist das möglich? Gerade noch war es zu früh, jetzt ist es zu spät! Sie hatten nie vor, mir eine zu geben.«
»Geben Sie ihr eine Narkose, verdammt«, sagte Joey.
»Halt du die Klappe.« Das war Jacqui.
»Pressen Sie, weiterpressen«, sagte die Hebamme.
»Ja, du musst pressen, Jacqui«, sagte Joey. »Pressen, pressen.«
»Kann ihm mal jemand sagen, er soll die Klappe halten ?«
»Jacqui.« Ich starrte ihr zwischen die Beine, ich war außer mir. »Da passiert was!«
»Was passiert da?«
»Das ist der Kopf«, sagte die Hebamme.
Ach so, der Kopf, ja natürlich. Einen Moment lang hatte ich gedacht, dass Jacquis Gedärm rauskam.
Immer mehr von dem Kopf trat hervor. Oh Gott, es war ein Mensch, ein wahrhaftiger neuer Mensch! Es passiert jeden Tag, millionenfach, aber wenn man es mit eigenen Augen sieht, dann ist es ein echtes Wunder.
Und dann kam das Gesicht.
»Es ist ein Baby«, schrie ich. »Ein Baby!«
»Was hattest du denn erwartet?«, keuchte Jacqui. »Eine Handtasche von Miu
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