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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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ihr Subvokal und mit feinen Fingerkontrollen erschuf sie hungrige kleine Programme -Surrogate, um sich spontan aufzumachen und noch mehr Speicherkapazität zu bekommen, wo auch immer sie zu finden wäre. Sie sollten diese unter jedem beliebigen Vorwand requirieren, ohne sich um die hohen Kosten zu kümmern. Alle Gebühren für Speicher- und Computeraufwand würden sich millionenfach bezahlt machen, wenn dies hier klappte.
    Das war kein Job für bloße Schnüffler und Spürhunde. Sie brauchte etwas Hartnäckiges, das kein Nein als Antwort gelten ließe. Also gestaltete sie die neuen Surrogate als kleine Versionen ihrer selbst und lachte über das Bild, welches der Computer aus dem Speicher holte – ein altes Foto auf einem Buchumschlag, das sie in einem erdfarbenen Sari bei einem gaianischen Ritual darstellte mit dem Lächeln einer mütterlich geduldigen festen Entschlossenheit.
    Die Selbst-Ikonen waren gewiß furchteinflößend. Eine Schar nicht aufzuhaltender alter Damen versammelte sich im zentralen Holo nahe der Hauptmenge, bereit loszuziehen und mehr Raum für das wachsende Modell zu finden.
    Dann, als sie sie gerade freigeben wollte, fiel der Boden heraus.
     
    Wenn es wirklich so etwas gegeben hätte wie Direktverbindung von Geist zu Geist, hätte Jen in diesem Augenblick sterben können. Selbst nur durch Holoschirme und Subvokalgerät verbunden, empfand sie es wie einen physischen Schlag. In der Zeitspanne von drei Herzschlägen wurde alles in ihrer Konsole herausgesogen und schreiend über sehr schnelle Datenverbindungen fortgespült… der Himmel weiß wohin!
    Ihr Atem stockte, während sie höchst entsetzt zuschaute. Ihre Surrogate, ihre Subroutinen, die Bemerkungen ihrer Kollegen – das ganze verfluchte Modell strömte dahin wie Badewasser in einem durstigen Ausguß. Die ausgeklügelten, miteinander verflochtenen Muster, die sie eben noch umgeben hatten, wirbelten und verschwanden in einem fürchterlichen Loch.
    Fast als letzter ging ihr Tiger. Kläglich jaulend krallte er sich fest und hinterließ phosphoreszierende Spuren, als er in den Abgrund gezogen wurde.
    Von weit links kam eine andere Gestalt ins Bild, während der Tiger verschwand – größer und noch schrecklicher. Jen erkannte nach einem Moment der Betroffenheit, daß es dieses Softwarewesen war, gegen das ihre Katze gekämpft hatte – ein Ding, das zuletzt hereingekommen war, nur um mit allem anderen in die Leere hinweggefegt zu werden. Der fürchterliche Drache zischte und brüllte sie an und schlug mit einem glitzernden Skorpionsschweif, während auch ihn der bizarre Sog ins Vergessen riß.
    Jen blinzelte. In einem halben Moment war alles vorbei. Sie drückte die Tasten für Wiedergabe, und sofort kamen ihre Displays zurück. Aber es war kein Fetzen ihres Werkes mehr dabei. Statt dessen erschienen große glühende Schwaden vom Erdinneren – das Querschnittsbild, dessen sich das Resonatorteam bediente.
    Es war also kein Stromausfall. Es hatte nicht die Programme der Tangoparuleute betroffen, sondern nur ihre!
    »Kenda!« schrie sie. »Was haben Sie gemacht?«
    Erinnerung. Sie erinnerte sich schwach, daß Kenda die von ihr entliehenen Computerspeicher zurückverlangt hatte. Nun, der schreckliche Mensch mußte sie eigenmächtig ergriffen haben und hatte ihr Modell dabei direkt in den Hades befördert.
    »Kenda, Sie Schuft! Wenn ich Sie in die Finger kriege…«
    Zum erstenmal seit Stunden wandte sie den Blick von den Bildschirmen ab und sah an der Konsole vorbei dorthin, wo die anderen ständig Magma und Mantel, Kruste und Kern beobachteten. Der große Resonator funkelte in seinen reibungslosen Lagern. Lichter erhellten alle anderen Stationen.
    Aber es war niemand zu sehen. Kein lebendes menschliches Wesen.
    »Kenda?… Jimmy?… Irgend jemand?« Sie streifte das Subvokal ab und war plötzlich wieder in realen Schall getaucht. Zuerst kam ein lautes Gebrüll, das sie schon einmal gehört hätte, wie sie sich erinnerte, damals, als sie und die Kiwis sich zuerst in diesen aufgegebenen Bergwerken eingerichtet hatten und Kenda darauf bestanden hatte, alle diese dämlichen Übungen durchzuexerzieren.
    Der Evakuierungsalarm.
    Das war ein harter Gedanke, nachdem sie so jäh aus einem tiefen, strahlenden Meditationszustand gerissen war. Jen beklagte ihr schönes Modell. Darum konnte sie sich erst nach einigen Sekunden auf noch dringendere Anliegen konzentrieren… warum Kenda und die anderen so plötzlich abgehauen waren.
    Alles sah recht friedlich

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