Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane
durch Hinzufügen entstehen, pressen andere durch Entziehung eines Stoffes und durch Druck zu winzigen Teilen zusammen.«
»Ja. Das fängt schon beim Suppenwürfel an!« rief Micha.
Der Professor startete, und die ganze Gesellschaft sauste auf Luft- und Gaspolstern im »Gigantomobil« dem sonnigen Madrid entgegen ...
Sie waren kaum eine Stunde weg, als alle Wände im zurückgelassenen Erdschiff aufleuchteten ... !
Großalarm, vermerkte Superhirn. Feinde an Bord! Und er befand sich als einziger Verteidiger hier!
Professor Charivari und die Freunde (Micha hielt den Pudel an sich geklammert) saßen auf den zusammengefalteten Decken unter der brütenden Nachmittagssonne im Sportstadion von Madrid. Keiner – am wenigsten natürlich Loulou – ahnte, in welcher Not sich Superhirn befand. Die Zuschauer lachten und schrien vor Vergnügen und Bewunderung Über das, was sie sahen. Es herrschte eine Bombenstimmung im Stadion.
Unten, auf der Aschenbahn, stand ein hochgebockter Lastwagen mit einer aufmontierten ungefügen Kanone. Daraus wurde ab und zu eine vermummte, menschliche Figur mit lautem Knall etwa 20 Meter in die Luft geschossen. Das lebende Geschoß gab sich auf dem Höhepunkt einen geschickten Drall und landete schließlich, wieder etwa 20 Meter weiter, in einem aufgestellten Schwimmbassin. Durch den Lautsprecher erklang flotte Musik zwischen den einzelnen Schüssen ... Und dann sang der Ansager in überschwenglicher Begeisterung stets von neuem das Loblied seiner »Todestruppe«.
»Die Todestruppe«, rief er, »die japanische Familie Kozo, ist vom achten Lebensjahr an darauf trainiert, aus einer Kanone geschossen zu werden!«
»Bravo ... !« schrie Micha. Er hatte ganz und gar vergessen, weshalb sie eigentlich hierhergefahren waren.
Professor Charivari ärgerte sich maßlos.
»Die Todestruppe«, die angeblich sonderbaren »kleinen Menschen«, hatte überhaupt nichts mit dem Ragamuffin und seinen Vavas zu tun.
Es waren echte Japaner, Männer, Frauen und Kinder, die da in grauen Ledertrikots (fast wie Froschmänner anzusehen) ihre artistische Schaustellung darboten. Hervorragende Artisten, großartige Zirkusleute, ja! Aber zwischen ihren Fähigkeiten und denen der unbekannten Ragamuffin-Bande bestand wahrhaftig ein erdweiter Unterschied.
»Den Rand des Schwimmbassins hat man meterhoch mit Schaumgummi gepolstert, falls die Menschengeschosse das Wasser verfehlen«, brummte Charivari. »Und neben und hinter dem Becken liegen ganze Schichten dieses Schaumstoffs.«
»Die Leute kommen aber wirklich aus dem Kanonenrohr!« rief Tati. »Das ist doch toll, oder?«
»Ja, aber sie teilen sich nicht in Geschoßkopf und Patronenhülse«, lachte Henri. »Im Kanonenrohr wird nur ein Kolben gespannt, der den Artisten beim Abzug rausstößt. Siehst du? Der japanische Junge steigt von vorn mit den Füßen zuerst ins Rohr.«
»Schuß!« brüllte der Ansager.
Es krachte zwar wiederum – und es rauchte auch, doch jetzt bemerkte Tati, daß der »Schütze« gleichzeitig ein Feuerwerkspulver in Brand gesetzt hatte.
Der kleine Artist machte vor dem Aufklatschen ins Schwimmbecken sogar noch einen Salto. Die Menschenmenge, die einen Augenblick lang den Atem angehalten hatte, jubelte begeistert auf.
»Die Todestruppe der japanischen Kozo-Familie ...« hörte man die überschnappende Stimme des Ansagers, » ... mit verbundenen Augen aus dem Kanonenrohr in die Luft und ins Wasser! Wer hat so etwas schon erlebt?«
»Mit verbundenen Augen ist das allerdings sehr schwer«, meinte der Professor. »Der Artist kann seine Bahn nicht beobachten und durch Körperbewegung zusätzlich korrigieren. Ich glaube, mich zu erinnern, daß schon viele durch verfehlten Aufprall getötet oder verletzt worden sind. Nun, es gibt mehrere solcher Truppen in der Welt. Und wenn diese Kozos auch die besten sein mögen ... ich glaube, wir müssen zum Giganto zurück. Das Vergnügen hier könnte uns zu teuer werden.«
Micha und Gérard bedauerten es nicht, in die Irre geführt worden zu sein und statt des Ragamuffin und seiner Vavas die herrliche, japanische »Todestruppe« gesehen zu haben. Abseits vom Parkplatz zog Professor Charivari das kleine Plastikbündel aus der Tasche und blies es aus der Hartgastube auf, bis es als großes, wulstiges Luftkissenauto auf der menschenleeren Straße stand. Die Leute aus der Umgebung waren ja alle im Stadion.
Vertrackt! Aber ein Polizist war da!
»Hallo!« rief er. »Ich habe Sie schon mal gesehen! Sie haben vorhin
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