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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Schiff geblieben?“ fragte sie unvermittelt. Es wurde heller, und der warme Pflanzengeruch überwand die morgendliche Kälte.
    „Im Schiff?“ Er begriff nicht gleich, was sie meinte – es war keine Verstellung. „Das Schiff … ja … ich weiß nicht … die Edelsteine, diese Welt hier … es war eine Versuchung. Es ist hier so natürlich, Mueller. Ein Mann kann tatsächlich Lust daran bekommen …“ Er lächelte immer noch.
    „Oder daran sterben“, erwiderte sie drohend.
    „Ich bin prädestiniert dafür zu überleben. Männer wie ich töten, Mueller … sie teilen Tod oder Gnade aus … und empfangen beides nicht.“
    Arrogant bis zum letzten, dachte sie. Aber irgend etwas war an ihm, etwas furchtbar Unsicheres, Mißliches. Er sah ebenso schlimm aus wie sie. Sie war dreckig und verzottelt; er, ihr männliches Gegenstück, war stoppelig und ungekämmt. Seine Kleidung war verschmutzt, um seinen rundlichen Bauch trug er einen behelfsmäßigen Gürtel mit mehreren Knochen- und Steinmessern, was ziemlich kriegerisch und kraftvoll wirkte. Sicher war er sich dieses Eindrucks bewußt, genoß ihn, freute sich daran. Elspeth ihrerseits war sich über ihre Schwäche nur zu klar. Hier waren Strategie und Vorsicht angebracht.
    „Sie haben den Alten getötet“, schrie sie. „Warum?“
    Gorstein starrte über das Wasser zu ihr hin. Sein Gesicht war ernst, fast verlegen, jedoch nur für einen Moment. (Er hatte fast alles vergessen, wie sie merkte.) Alles: die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, die er sich ausgemalt hatte. Von alledem war fast nichts mehr da. Nur die Steine und irgendwelche Rachegefühle waren noch übrig. Auch das würde bald weg sein. War es gerechtfertigt, ihn zu töten, wenn die Zeit und sein Verfall das innerhalb von ein paar Tagen für sie besorgen würden? Unglücklicherweise hatte sie diese paar Tage nicht mehr zur Verfügung …
    Plötzlich schwang Gorstein sein Schwert. „Hierfür habe ich einen alten Mann umgebracht“, sagte er. „Ich habe ihm den Hals abgeschnitten, ein Stück weiter zurück, hinter dem Grat. Ein alter Mann, aber er hat einen guten Kampf geliefert. Da oben in den Bergen sind mehrere Krieger.“
    Grinsend, mit weiten Schwertschwüngen trat er ins Wasser. „Jetzt schneide ich Ihnen die Juwelen heraus, Mueller. Und dann schneide ich Ihnen den Hals ab.“
    „Das heißt, Sie werden es versuchen“, entgegnete sie und zückte ihre Waffe wie ein Schwert.
    Er ahnte nichts. Als er halb über dem Fluß war, bis zu den Knien im Wasser, wechselte sie den Griff – jetzt war es ein Wurfspeer –, holte aus und zielte sehr sorgfältig.
    Er sah, was sie vorhatte, und verzerrte das Gesicht vor Schreck; wutbrüllend machte er einen Satz auf sie zu, doch sie warf den Speer, der mit dumpfem Aufschlag in seine rechte Brustseite fuhr, so daß er mit mächtigem Aufplatschen und einem Schmerzensschrei rücklings ins Wasser stürzte; pumpend schoß das Blut um den Schaft hervor, färbte das kristallklare Wasser, rötliche Wolken trieben flußabwärts.
    Schreiend zerrte Gorstein an dem Speer und brachte ihn schließlich heraus. Fleisch- und Kleiderfetzen hingen am Widerhaken.
    Zu Elspeths Schrecken hob er sich mühsam auf die Knie und starrte sie an, immer noch schreiend; doch jetzt schrie er nicht nur vor Schmerzen, sondern beschimpfte sie wütend.
    Er holte aus und warf den Speer. Elspeth sprang zur Seite, doch der Wurf war immer noch so kräftig, daß sie nicht schnell genug ausweichen konnte. Der Speer traf sie am Oberschenkel, drang durch die Haut und hing einen Moment im Fleisch, bevor sie ihn mit zitternden Fingern hinunterschlagen konnte.
    Er kroch auf sie zu und hinterließ ein Kielwasser von hellem Rot – woher nahm der Mann diese eiserne Stärke?
    Hinkend rannte sie in den Fluß und stürzte sich auf ihn, zückte den Dolch und stach zu. Wieder brüllte er auf, riß ihr die Hand von der Klinge, zog sich das Messer aus der Schulter und warf es nach ihr; doch es war so naß und blutig, daß er kaum einen richtigen Griff hatte – ihre letzte Waffe fiel in die Strömung. Sie schmetterte ihm die Faust ins Gesicht, doch er hatte sie umgeworfen, und sie zappelte im gürteltiefen Wasser. Platschend kam sie wieder hoch, versuchte, mit ihren von der Kälte tauben Sohlen im Flußbett festen Fuß zu fassen, und war plötzlich unter dem Schiffs-Meister. Er nahm sie zwischen die Beine, packte sie am Hals, drückte ihren Kopf unter Wasser, ganz tief, bis sich ihre Kopfhaut an den Steinen

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