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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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fallen. Darunter war er nackt, und er schien Elspeth zwingen zu wollen, genau hinzusehen, irgendeine wenn auch noch so flüchtige Bemerkung zu machen, sich zu verraten. Absichtlich wandte sie sich ab und sah zum Fenster hinaus. „Eindrucksvoll“, sagte sie laut. „Die Bastion meine ich. Finden Sie nicht auch?“
    Mit fast spürbarer Hemmung schloß er die Tür des Wandschranks, schnallte den Gürtel der Shorts zu, die er angezogen hatte, und trat an das breite Aussichtsluk. Lange schaute er hinaus, das helle Tageslicht ließ seine untersetzte Gestalt fast als Silhouette erscheinen. Endlich wandte er sich ab und lehnte sich an die Wand. Elspeth wich nicht von der Tür, an der sie ihrerseits lehnte. „Wer sind Sie?“ fragte er leise.
    „Mein Name ist Mueller. Elspeth, wenn Sie wollen.“
    „Das meine ich nicht.“
    Erst war sie etwas verwirrt, dann begriff sie, worauf er hinauswollte. „Ach so“, sagte sie kalt und laut, „Sie meinen, was ich bin? Inwiefern ich auf Ihr Schicksal einwirke – meinen Sie das? Ob ich der Engel des Todes oder des Lebens bin?“ Mit plötzlichem Zorn sah sie ihn an, zornig vielleicht zum Teil deshalb, weil sie überhaupt nicht begriff, warum jemand so aggressiv sein konnte gegen jemanden, den er eben erst kennengelernt hatte. Das irritierte sie mehr als die Aggressivität selbst. „Das ist höchst … albern von Ihnen, Schiffs-Meister Gorstein. Höchst anmaßend!“ Sie hatte genug Anmaßung von Darren erlebt, der anfing, sie für seine ‚ feste Frau’ zu halten. Wie konnte sich dieser Mann einbilden, daß ihrer beider Schicksale irgendwie verbunden seien!
    Sie hatte ihn ärgern wollen, erst mit ihrem Zynismus, dann mit dieser Grobheit. Ärgerte er sich nicht, dann würde er sich vielleicht entspannen und lachen; das wäre immerhin geeignet gewesen, das Eis zu brechen. Aber das Eis blieb fest.
    „Ich glaube nicht, daß meine Frage anmaßend war, Mueller. In keiner Weise anmaßend.“ Er drehte ihr den Rücken zu und blickte auf den fernen crog. „Schicksal“, sagte er, und es war, als schmecke er das Wort. „Ich zweifle nicht daran, daß Ihr und mein Schicksal Berührungspunkte haben. Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit. Ashka würde es nicht gerne hören, daß ich das sage. Nichts ist selbstverständlich, würde er einwenden. Nichts ist so einfach, wie es der Intuition erscheint. Aber es gibt Leute, die es besser wissen. Der Instinkt läßt sich nicht wegleugnen, und alle meine Instinkte sagen mir, daß uns beiden, Mueller, eine … gewaltsame Auseinandersetzung bevorsteht.“
    Sie lächelte verdutzt und gab sich verzweifelte Mühe, nicht zu lachen. Der Mann war verrückt! „Was – gleich jetzt? Oder können wir uns erst unterhalten?“
    Ohne auf die Frage einzugehen, sprach er weiter. „Ich habe Sie gesehen. Kurz nach meiner Landung. Ich sah Sie ein paar Sekunden, wie Sie am Ufer entlangrannten. Sie haben mich nicht gesehen, aber Sie haben meine ‚Augen’ gesehen.“
    „Diesen Roboter, ja. Also waren Sie der Mann am anderen Ende. Sieh mal einer an.“
    „Irgend etwas sagte mir, daß Sie und ich … wer Sie auch sein mochten …“ Er wandte sich wieder zu ihr um. Sein ständiges In-Bewegung-sein hätte man für etwas ganz Natürliches halten können, doch Elspeth spürte die innere Ruhelosigkeit, die Aufgestörtheit dieses Mannes. Das Licht von draußen machte ihn unruhig, ständig mußte er sich drehen und wenden, abwechselnd auf die Bastion und dann wieder von ihr weg schauen.
    „Daß wir zusammengeraten und uns unaufhörlich zanken würden“, ergänzte sie. „Ach, was sind Sie doch romantisch, Schiffs-Meister!“
    „Nicht eigentlich“, erwiderte er, „nicht so banal. Ich bin ein sehr sensitiver Mensch. Sensitiver als Ashka denkt.“
    „Das will vielleicht immer noch nicht sehr viel heißen.“
    „Verspotten Sie mich nicht, Mueller! Ich bin sensitiv …“
    Und deswegen, dachte sie mit schiefem Lächeln, gibst du dir solche Mühe, mir das klarzumachen.
    „Gleich bei der Landung, vor zwei Tagen, hatte ich das Gefühl, daß etwas nicht stimmte. Ich ahnte Konflikte, jawohl, Konflikte. Ich ahnte sie, als ich diese Erdbastionen sah, und ich spürte es auf andere Art, als ich ein wunderschönes, nacktes schwarzes Mädchen am Fluß entlangrennen sah.“
    Schweigen. Elspeth fand nicht die Worte zu einer Entgegnung. Gorsteins Starren hatte deutlich etwas Fragendes, Forschendes. Er sah auf ihren Körper, und er sah durch ihre Augen in sie hinein,

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