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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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vermischte sich die Schwärze des Steins mit der Weiße des Schnees zu einem metallischen Gli t zern. Elspeth blickte erwartungsvoll und höchst gespannt auf die verstreuten Schneehalden. Sie hatte das Gefühl, die Höhle, die Quelle des Erdwindes, läge unter diesem Schnee. Zu fragen wa g te sie im Augenblick nicht. Ihr irrationales Ve r halten vertrug sich schlecht mit ihrem gewohnten, sturen Pragmatismus, doch sie ve r schluckte die drängende Frage, vertrieb sie aus ihrem Hirn. Jede dunkle Vertiefung in diesen weißen Halden rief ihr e t was zu, winkte ihr. Höhlen und Fel s säume … aus dieser Entfernung wurden sie alle zu Löchern in der Erde … m y steriöse Poren einer mysteriösen Welt.
    Eine Nacht schliefen sie im Windschutz der Felsen und erwachten steif vor Kälte, aber in bester Stimmung. Sie ma r schierten ein Stück weiter; Darren fiel das Gehen jetzt leic h ter, und Moir blieb auch nicht allzuweit zurück. Sie hatte Felswurzeln gesammelt, auch ein paar Stückchen Wei ß gummi, der, wie sie erläuterte, keine eigentliche Nahrung war; doch wenn man die gelbe, gu m miartige Masse kaute, die auf den kalkweißen Felsen wuchs, dann wurde man ve r gnügt und sehr vital. Spare ihn dir auf, sagte sich Elspeth, für Gelegenheiten, wenn du vergnügte Vitalität b e nötigst.
    Nach einiger Zeit hielt Darren an und hockte sich hin. Sie hatten einen langen Weg hinter sich, und die Berge schienen noch so weit entfernt wie beim Aufbruch. „Ich finde immer noch, wir gehen am besten über den Fuß des Gebirges auf das Tal zu“, sa g te er und deutete auf die tiefe Kluft zwischen zwei schneebedec k ten Bergketten. „Sie sagen, da sei gutes Land.“
    Elspeth ärgerte sich über diese Dickköpfigkeit, mit der er darauf bestand, daß sie etwas tun sollten, was sie nicht wol l te. „Wer sind ‚sie’, Darren?“ fragte sie scharf. „Du hast schon einmal ‚sie’ gesagt.“
    „Freunde“, erwiderte der Jüngling, „… eben Freunde.“ Was verbarg er? Sie wollte Einzelheiten wissen.
    „Und woher wußtest du von dem Nebengang im Orake l tunnel? Was machst du eigentlich, Darren? Bist du nur so am Herumr a ten?“
    Er schüttelte den Kopf. Moir sagte leise: „Er wird wohl das Orakel gefragt haben“, und lachte sanft und etwas hö h nisch dazu.
    Wütend fuhr Darren herum, schlug sie zu Boden. Sie schrie vor Schmerz und Schrecken auf, und als sie aufstehen wollte, trat er nach ihr. „Ich bring’ dich um!“ brüllte er und hob sein Steinme s ser. Moir trat ihm die Beine unterm Leib weg, und als er hinfiel, warf sie sich über ihn und versuchte, ihm die Augen auszustoßen. Sein Messer traf sie und schnitt ihr die Wange auf. Sie rollte sich herum. „Du Luder!“ brül l te er wütend. „Du feiges Aas! Ich hätte dich gleich damals totschlagen sollen, aber jetzt tue ich es!“
    Völlig passiv blickte Moir zu ihm auf und erwartete den Tode s stoß. Doch Elspeth riß ihm das Messer aus der Hand und ritzte ihm dabei das Ohr an, so daß er Moir vergaß und wütend zu ihr herumfuhr. „Misch dich gefälligst nicht ein!“
    „Laß den Blödsinn“, befahl Elspeth. „Hilf ihr lieber auf!“ Darren kämpfte mit sich. Wut, dann Unsicherheit, dann Mi t leid drückten sich auf seinem Gesicht aus. Endlich stand er auf und streckte die Hand nach seinem Messer aus. Elspeth gab ihm die Waffe z u rück.
    „Iondai hat es mir gesagt. Er wollte nicht, daß sie mich töteten, deshalb verriet er mir, dort sei es am günstigsten für mich“, sagte er bitter.
    Elspeth begriff nicht, warum Darren anscheinend plöt z lich etwas daran lag, daß sie diese Tatsachen erfuhr. Sie schwieg jedoch und sah dem Jungen nur lächelnd nach, als er davo n stürmte, sich auf einen Steinbrocken setzte und zum crog hinuntersah. Moir duld e te stumm, fast feindselig, daß Elspeth sich um ihre Wunde kü m merte.
    „Sollte ich vielleicht zulassen, daß er dich umbringt, Moir? Hätte ich lieber nicht dazwischengehen sollen?“
    „Vielleicht.“
    „Also, was soll werden? Reden wir offen darüber. Wir haben einen langen Marsch vor uns und vielleicht ein langes Leben miteinander. Ich will nicht, daß irgendwelche Mißg e fühle im Hintergrund schweben und unsere Beziehung im ungeeigneten Moment gefährden.“
    „Er wird mich töten“, sagte sie finster und faßte an den Be u tel, den sie am Halse trug. Etwas Hartes war darin. „Wenn ich ihn nicht vorher umbringe!“
    „Hier bringt niemand irgendwen um, Moir. Verstehst du? Ich will, daß ihr zwei

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