Erdwind
unbeteiligt, warum sie sich seine Verführungsversuche gefallen ließ. Sie schlug die Augen auf, sah, daß Darrens Augen geschlossen waren, hö r te seine erstic k ten Laute und roch den süßlichen Duft seiner Behaarung. Sie umfaßte seinen Hals und berührte die em p findliche Haut seiner Schultern, und er antwortete mit Zär t lichkeiten, die ihr weh taten, so daß sie seine Hand we g schob. Wo war die Sinnlichkeit, die Zartheit vom ersten Mal?
Er versuchte, sich auf sie zu legen, doch sie hinderte ihn da r an, löste ihre Lippen von seinem Mund, flüsterte: „Nein – nicht doch so schnell!“ Sie drückte ihn zurück, so daß er auf dem Rücken lag, und glitt etwas tiefer, so daß ihr Kopf auf seinem Bauche lag. Sein moschusartiger, animalischer Duft erfüllte ihre Sinne, und sie spürte erste Anzeichen einer B e gierde.
Sein plötzlicher Aufschrei (Schmerz? Überraschung? Oder war es Lust?) weckte Moir auf. Sie setzte sich hoch und e r kannte, was vorging. Elspeth rückte hastig weg. In der Du n kelheit konnte sie nicht ausmachen, ob das Mädchen vor Bi t terkeit oder vor Enttäuschung zu weinen begann, doch es war unverkennbar, daß Tränen auf ihren Wangen glitzerten.
Wie vorauszusehen war, ignorierte sie Elspeth am näc h sten Morgen völlig und machte nicht den geringsten Ve r such, ihre unte r schwellige Feindseligkeit und Verachtung gegenüber der älteren zu verbergen. Elspeth fand, daß Ve r nunftgründe aufz u zeigen nutzlos sein würde und daß es am besten sei, das Mädchen allein mit der Tatsache der verä n derten Beziehungen fe r tig werden zu lassen, denn zweifellos glaubte Moir, daß ein solcher Wechsel stattgefunden habe.
Auf einen dringlichen Ruf Iondais eilte Elspeth zu ihm an die Felskante. Der alte Seher hatte sich flach auf den Bauch gelegt, und Darren tat desgleichen. Geduckt spähte Elspeth nach der Stelle, auf die Iondai deutete. Sie sah graue Felsen und vielfält i ges Grün, aber vor diesem wirren Hintergrund hob sich etwas ab – ein Mann!
Langsam bewegte er sich durch das Unterholz, blieb manc h mal stehen und starrte an der Felswand hoch, die von seinem Standpunkt aus steil und unzugänglich aussehen mußte.
Elspeth erkannte den Schiffs-Meister. Große Freude durchfuhr sie: Er stand unter ihr. Er hatte sie noch nicht en t deckt. Sie war im Vorteil.
„Vernichtet alle Spuren des Feuers!“ rief sie hastig, und Moir, die sofort begriff, streute Erde auf die Asche. Elspeth und Darren bemühten sich, die Stelle, wo sie geschlafen ha t ten, so gut es ging unkenntlich zu machen. Wenn sie Glück hatten, würde Gorstein, der wahrscheinlich in den Techn i ken der Jagd nicht beso n ders geübt war, übersehen, daß die Pfla n zen unter dem Felsen niedergedrückt waren.
Vorsichtig gingen sie den Hang hinauf und hielten sich mö g lichst in den tiefen Rinnen oder schlichen geduckt durch das niedere Buschwerk, wenn sie über offene Flächen mu ß ten. Sie kamen überraschend schnell voran; manchmal mu ß ten sie kle t tern, dann wieder konnten sie lange Strecken über moosigen Grasboden und schütteren ‚Wald’ marschieren. Die Luft war ziemlich kühl, was aber wohl nicht auf die H ö henlage, sondern darauf zurückzufü h ren war, daß man in die kältere Zone kam.
In regelmäßigen Abständen hielten sie inne und suchten nach Gorstein. Nur einmal sahen sie ihn – er stand unter i h nen und blickte herauf. Er machte keine Bewegung, um sich zu verbe r gen; anscheinend suchte er nicht den ganzen Berg ab, sondern hatte eine bestimmte Stelle im Auge. Es sah aus, als blicke er direkt auf sie.
„Ich glaube, er hat uns gesehen“, sagte Elspeth beiläufig.
„Kann sein, daß du recht hast“, sagte Darren. „Was meinst du, daß wir jetzt tun sollen?“
Moir kicherte, und Elspeth warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. „Entweder gehen wir noch schneller – oder wir greifen ihn an.“
„Er scheint allein zu sein“, sagte Iondai. „Ich beobachte ihn schon eine ganze Weile und habe kein Zeichen von den beiden anderen Kriegern entdecken können.“
„Zu dreien müßten wir ihn leicht töten können“, sagte Darren und tastete nach dem Messer, das er an einer Lede r schnur um den Hals trug.
„Wenn er bewaffnet ist, wird er schnell mit uns fertig.“
„Du meinst, wenn er eine Feuerwaffe hat“, sagte Moir nachden k lich. „Wir müßten ihn von hinten angreifen. Einer von uns könnte ihn ablenken, und ein anderer könnte ihn von hinten töten. Dann würde ihm seine Feuerwaffe
Weitere Kostenlose Bücher