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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Wärme aus dem Leib. Sie starrte auf ihre Hä n de und auf den Erdboden und dachte an den alten Mann – wie ve r zweifelt unfair irgend etwas, das Schicksal oder das Orakel, zu ihm gewesen sei. „Hat Gorstein ihn getötet?“ fragte sie.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Iondai.
    „Wahrscheinlich war er’s.“
    „Er wurde von einer Feuerwaffe getroffen. Sein Körper war schwarz verbrannt, als wir ihn fanden.“
    „Gorstein muß es gewesen sein. So ein miserabler Schwein e hund.“
    Und jetzt war er hinter ihr her und würde nach dem, was sie g e tan hatte, ebensowenig – wenn nicht noch weniger – Bede n ken haben, sie umzubringen. Sie dachte an seinen Blick, g e stern bei der Unterredung, an die Aggressivität, an die Obe r flächlichkeit dieses Mannes – eines Mannes, dessen Antriebskräfte so dicht unter der Oberfläche seiner Persö n lichkeit l a gen, daß die Juwelen in ihrer Brust ebensogut ein Grund sein konnten, sie zu jagen, wie ihr Mordanschlag auf seine Monit o ren. Sie wurden alle vom Druck der Wünsche getrieben – dem Wunsch zu verstehen und zu bewerten, dem Wunsch zu töten und zu überleben; doch Go r stein und Elspeth strebten vielleicht nach greifbareren Zielen, reagie r ten auf symbolischere, innerlichere Antriebe – Erde und Stein. Ja, Erde und Stein, dachte sie. Die Stimme der Erde und der Glanz des Steines – in dem Erdsymbol in jener Hö h le finde ich das Verstehen von etwas im Grunde sehr Einf a chem; aber das Eigentliche wird der Prozeß der Entdeckung sein, das Angehen gegen die Kräfte der Natur. Gorstein wird, wenn er mich jemals bezwingt, nur die Diamanten nehmen und wird damit – in seinen Augen – mich geno m men haben. Mein Motiv ist Verzweiflung – was ist seins? Wenn der innere Drang, meine Seele zu besitzen, ihn hinter mir hertreibt … wenn er wirklich hinter mir her ist … dann habe ich kaum eine Chance. Ich fühle nicht die Notwendi g keit, mich gegen das, was er will, zu wehren. Doch wenn er mir auch noch das Leben nimmt? Wenn ich erst alle seine G e danken weiß, die hinter seinem Tun stehen, dann könnte es zu spät sein.
    Ihre Grübeleien verschwammen zu einem grauen Chaos.
    Vorübergehend war sie wütend auf sich selbst. Warum kann ich gerade dann nie klar und übersichtlich denken, wenn es am no t wendigsten ist?
    Darren kam zurück; er hatte nur eine einzige Beute: ein schla n genartiges Tier ohne klar erkennbaren Kopf oder Schwanz mit einer Reihe pickelähnlicher Saugnäpfe an der Unterseite. Er hä u tete es ab und schlug mit seinem Messer Feuer aus einem Stein. Im Schutze des Felsens schnitt er das Beutetier in Stücke und röstete das Fleisch. Etwas später kam Moir mit einigen Wurzeln, die sie im Wasser eines n a hen Tümpels säuberte. Während der Zubereitung des Mahles ging Elspeth zum Rande der Klippe, setzte sich dort hin und durchmusterte die Landschaft nach einem Zeichen von Go r stein.
    Was konnte man wissen – vielleicht war er dicht hinter ihr oder lauerte etwas weiter oben in den Bergen.
     
    Als sie gegessen hatten, bis sie nicht mehr konnten, stieg auch schon die Nacht am grauen Himmel auf, und sie en t schlossen sich, im Schutz der Felsen zu schlafen; früh am nächsten Mo r gen wollten sie dann über die schwierigere Route, die sie von unten sehen konnten, rasch und en t schlossen in die Berge ste i gen; denn, so überlegten sie, wenn Gorstein tatsächlich vor ihnen war und auf sie wartete, dann würde er bei den leichteren Pfaden wa r ten.
    Elspeth rollte sich unter einem leicht überhängenden Fels zusammen und schloß die Augen. Sie wartete auf das Ko m men des Schlafes und genoß den Frieden der völligen Du n kelheit. Ein paar Minuten lag sie im Halbschlummer und horchte auf die G e räusche der Nacht, die dumpfen Schritte von Tieren und die schrillen Schreie, die in schnellem Wechsel über den Be r gen hin und wider klangen und dann für längere Zeit verstummten. Io n dai schnarchte laut, Moir schlummerte friedlich. Aber Darren?
    Sie fuhr auf und sah, daß Darren neben ihr kniete und sie anstar r te.
    „Hallo“, sagte sie, und ehe sie fragen konnte, was er wol l te, füh l te sie seine warmen feuchten Lippen auf ihrem Mund. Sie rückte sich zurecht, so daß sie auf dem Rücken lag, und er kam neben sie; der lange Kuß war nun nicht mehr ein bloßer Spaß. Sie fühlte, daß er ihren Gürtel zu öf f nen versuchte.
    Elspeth hatte eigentlich überhaupt keine Lust (es war viel zu kalt) und fragte sich innerlich ganz

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