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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Winde, den e r tränkenden Regen. Vor hu n dert Jahren vielleicht hatte an dieser kleinen Station ein Boot oder Floß vertäut gelegen. Das Fahrzeug schimmerte gelblich, seine lange nicht in A k tion gewesenen beweglichen Teile knarrten, wenn die A n tennen sich drehten und die Kameras ausfuhren, die Lan d schaft abkreisten und in sich aufna h men.
    Knirschend und keuchend fuhr es weiter, versengte pflanzliches Leben beim mühevollen Erklettern steiler A n höhen, knallte Oxygen in die Luft, das einen leichten Ozo n geruch hinterließ, wenn elektrische Entladungen in die nie umgepflü g te mineralreiche Erde fuhren.
    Meilenweit entfernt von den Augen des Fahrzeugs befa n den sich die Augen Karl Gorsteins, Schiffs-Meister der Gi l bert Ryle. Er saß in seiner gemütlich warmen Wohnkajüte bei a b gedämpften Lampen, ein Hauch Rosenparfüm lag in der Luft, leise rauschte der Ventilator, so daß die roten und blauen Draperien sich fast unmerklich bewegten und ihr st a tisches Leben dynamische Ene r gie bekam; die Tiere und Landschaften an den Wänden schlugen sanfte Wellen.
    „Nach links“, murmelte Gorstein in die Stille hinein, und die Augen des Fahrzeugs drehten sich nach links. Sie zei g ten ihm Be r ge, halb verborgen hinter blauen, baumartigen Pflanze n formen, schwarze Schwingen flatterten die Laub wände entlang und ve r schwanden blitzschnell nach unten aus dem G e sichtskreis. Scharf glitzerte die Sonne auf den Kristalldrusen, die auf den fernen Hängen hier und dort z u tage traten. Auf den Berggipfeln lag es glänzendweiß: Schnee.
    „Jetzt nach rechts“, sagte er leise. Schwindelerregend flirrten die herumschwenkenden Kameras über den Bil d schirm, als das Fahrzeug nach rechts abdrehte, grün und purpurrot fuhr das u n durchdringliche Unterholz aus dem Gesichtsfeld; Aufglitzern wie von Glas – kristallisierte Er d essenz, vielleicht Quarz, vielleicht Glimmer, vielleicht Di a manten oder die scharfen Kanten von Smaragdbrüchen, von geomantischen Kräften ze r rieben und über die gewachsene Erde verstreut. Wenn das Fahrzeug zurückkam, würde es ihm berichten.
    Jetzt hatte es nach rechts gedreht. Es zeigte Schiffs-Meister Go r stein den dahinströmenden Fluß, der hinter dem Fahrzeug breiter war als vor ihm. Noch mehr flatternde Flugtiere gingen in der Ferne nieder, hinter dem Wald, wo sie nicht mehr zu sehen waren. Irgendwo in der Nähe b e wegte sich etwas, kaum merklich. Gespannt beobachtete er: Die Kamera erfaßte eine rennende Gestalt, rötlichgelb, pe l zig, klein und mager. Pfei l schnell schwand sie aus dem Sichtfeld und kam nicht wieder.
    „Nach rechts!“
    Das Licht fiel auf den glatten Rumpf des Schiffes, a n derthalb Meilen weit weg. Jenseits des Schiffes ragte der Erdwall der K o lonie steil aus der Hochebene empor, schlug Bogen an den Windbrechern, verschwamm am weiten Himmel. Ein schwärzl i cher, dünner werdender Rauch stieg auf und sank alsbald funke n sprühend wieder zur Erde herab.
    Gorstein hörte, daß sich die Tür hinter ihm leise öffnete und wi e der schloß, kümmerte sich aber zunächst nicht um den Eintrete n den, der, wie er wußte, der Rationalist war.
    Auf dem Bildschirm tauchte soeben eine Frau aus dem Unterholz auf, starrte das Fahrzeug eine Sekunde lang an und rannte dann weiter, bis sie außer Sicht war. Gorstein beugte sich vor und gab Befehl an das Fahrzeug, sie zu ve r folgen. Der Roboter gehorchte; das Bild schwenkte ab und fuhr taumelnd am Fluß entlang. Eine Minute später zeigte der Schirm eine dichte Pflanzenmauer, in die die Frau h i neingelaufen war, und Gorstein sah ein, daß er sich mit di e sem einen flüchtigen Blick zufriedengeben mußte.
    Eine dunkelhäutige Frau, hochgewachsen, sehr schlank, sehr schön. Ihr Haar war kurzgeschnitten, und zwei Juwelen hatten auf ihrer Brust gefunkelt. Bis auf ein Paar primitiver Schuhe war sie nackt gewesen. Ganz bestimmt war sie keine Eingeb o rene das Aeran.
    „Du wolltest mich sprechen?“ fragte der Rationalist. Es war die ruhige, abgeklärte Stimme eines alten Mannes. Ohne sich umz u drehen, nickte Gorstein langsam. „Ja.“
    Er stand auf, trat zum Fenster, schlug den gemusterten Vorhang zurück und blickte über ein flaches Feld mit ganz spärlichem, mattbraunem, niederem und krummem B e wuchs. Doch am Ende dieses Feldes ragte der mächtige, fast zwanzig Fuß hohe, oben zu einer Art Brustwehr gerundete Erdwall steil empor. Darüber kämpfte immer noch die wi r belnde Rauchfahne mit dem Winde. Wächter gab es

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