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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Steinlabyrinth der Begräbnisstätte auf dem Pl a neten Erde wanderte –, welche Tatsache verbindet alles, was ich über die Aerani und den Erdwind weiß? Über ein Symbol, von dem sie anscheinend nicht gern sprechen, ein Symbol, das über der Feuergrube eingemeißelt ist und das sie vere h ren, aber gleic h zeitig auch in gewissem Sinne fürchten …?
    Worauf wies das alles hin? Auf eines: daß die Aerani, g e nau wie Elspeth, keine Ahnung hatten, was der Erdwind war, o b wohl er tief in ihr Leben eingriff und sie recht gut wußten, daß er etwas darstellte, das von allerhöchster B e deutung war oder einst gew e sen war!
    Nach dem, was Ashka sagte (sie selbst hatte davon noch nie g e hört), lag die Erdwind-Höhle am hinteren Ende des rätse l haften Windkanals, der das Orakel war. Also konnte sie dort vielleicht einen Begriff vom Sinn jenes einzigartigen Symbols bekommen, der ihr bestimmt für immer verborgen bleiben würde, wenn sie lediglich auf die Beobachtung der Aerani und ihres Rituals a n gewiesen blieb.
    Also zwei Symbolreihen, nicht nur eine? Das war jetzt mehr, mehr als eine bloße Möglichkeit. Die Symbole, die sie benut z ten und verstanden, vielleicht bloß bedeutungslose Zeichen, ohne anderen Gebrauchswert als den der psychol o gischen Manifestat i on einer Ahnung von etwas Größerem (jedoch als Wiederh o lung!) … und ein zweiter Symboltyp, nur durch dieses eine Ze i chen manifestiert, etwas so tief in jedem einzelnen Wurzelndes, daß es in einem Augenblick ganz selbstverständlich und im näc h sten völlig vergessen sein konnte?
    Die Flammen griffen mit knisternden Lichtfingern hoch in die rauchgeschwängerte Luft. Das Gespräch beim wä r menden Feuer wurde unnatürlich laut, aber alle sprachen durcheina n der, so daß kaum etwas zu verstehen war. Es war wie ein G e räusch-Brennpunkt inmitten totaler Lautlosigkeit. Fluß-Sänger und Baum-Sänger summten ihr magisches Lied; die Töne und was sie an Bildern anklingen ließen, schwebten zart und zauberisch über dem Feuerschein; i r gendwo ahmte ein Kind den Balzruf eines Schwarzflüglers nach. Ein Gefühl völliger Lo s gelöstheit überkam Elspeth, während sie dort am Erdwall saß, mit den Händen die Knie umfaßte, in die Flammen schaute, den Duft verbrannten Fleisches roch, dem sanften Lied lauschte, den durcheina n derr u fenden Stimmen …
    Aber nach und nach … erst war es nur eine ganz ve r schwomm e ne Idee, doch mit jedem Herzschlag wurde sie deu t licher, mit jedem verfließenden Ton der Lieder, die sich in ihrem Kopf mit Fluß, Baum, Wind und Schwarzflüglern ve r mischten … begann sie zu verstehen – sie erinnerte sich an etwas, das Ashka heute nachmittag gesagt hatte: Der Mensch sei entstanden aus Struktur und Wesen. Und zum erstenmal begann sie zu begreifen, was ihr – wie ihr vorkam, ihr ganzes Leben lang – entgangen war … es fing an, einen Sinn zu b e kommen …
    Ein gräßlicher Schrei riß sie aus ihrer Meditation. Seku n de n lang starrte sie verwirrt auf das Bild vor ihr und konnte kaum ausmachen, was da nicht stimmte. Doch langsam e r kannte sie die Veränderung. Alle Aerani waren aufgesta n den, Darrens Vater war in die Knie gesunken und starrte über das Feuer hinweg direkt auf Elspeth, streckte die Arme nach ihr aus, wie um Hilfe bittend …
    Brust und Leib waren dunkel befleckt mit einem Doppe l kreuz aus schwarzen Strichen, die, während er langsam zu B o den sank, als vier tiefe Wunden auseinanderklafften. Elspeth empfand Brechreiz und verschluckte den Schrei, den sie lieber ausgest o ßen hätte.
    Gestank erhob sich, ein säuerlicher, vertrauter und doch fremdartiger Geruch, wie er ihr noch gestern Übelkeit veru r sacht hatte. Es roch nach Blut und Tod.
    Darren kam auf sie zugerannt; sie wollte sich hocharbe i ten, doch ein steinernes Wurfmesser flog so dicht an ihrem Kopf vorbei, daß sie erstarrte. Darren blickte zurück, dann wieder auf sie (En t scheidung im Bruchteil einer Sekunde!) und stürzte dann in rasendem Lauf zum Ausgang in der i n neren Düne – Elspeth sah noch, daß ein älterer Mann einen schwerbewaffn e ten Krieger daran hinderte, ihm zu folgen. Sie starrte auf den zuckenden Körper von Darrens Vater und hatte dabei das G e fühl völliger Taubheit am ganzen Leibe. Unter ihren Augen wurde dem noch Lebenden der Kopf a b gehackt und ohne Umstände ins Feuer geworfen. Der He n ker kam drohend mit erh o benem blutigem Beinmesser auf sie zu. Sie blieb regungslos sitzen und sah gla s klar,

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