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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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daß sie nicht die geringste Fluchtmö g lichkeit hatte.
    Im nächsten Moment aber war der Mann weg und ging mit raschen Schritten auf die Feuergrube zu. Einige der ält e ren Aerani beobachteten sie aus der Entfernung, und dann lächelte ihr der Ungenn aus Darrens Familie zu. Ein wu n derbar ruhiges Lächeln, dachte sie. Sein Sohn eines plötzl i chen Todes gesto r ben, sein Enkel aus dem crog vertrieben – und da sitzt er, als sei nichts geschehen. Können familiäre Bindungen, kann F a milienliebe so wenig Bedeutung haben, wenn es um ideologische Abweichu n gen geht?
    Man kümmerte sich jetzt nicht weiter um sie und ließ sie r u hig im Schatten sitzen – eine kleine geduckte Gestalt, die zum Feuer hinunterspähte.
    Die Entscheidung mußte gefallen sein, und das mußte der Grund sein für die Aktion gegen Darren und seinen Vater. Das war ihr völlig klar. Diejenigen, die gegen den Spruch des Orakels g e stimmt hatten, waren auf unterschiedliche Art eliminiert worden – diejenigen, die laut gegen die ‚Kn o chen-Geister’ opponiert hatten, waren mit der geschlossenen Mehrheit der Aerani ko n frontiert worden, die sich eindeutig zugunsten der Stimme der Zeit, wie sie durch Iondais Mund erklang, ausg e sprochen hatten.
    Und da saß Iondai selbst; gelassen und befriedigt hockte er dicht beim Feuer, im inneren Kreis, wo es am wärmsten war, starrte hinauf zum Wind-Sänger, der jetzt ein mela n cholisches Lied vo l ler Kälte und Verzweiflung ertönen ließ. Niemand protestierte. Vielleicht prasselte das grüne Holz auch so laut, daß die traurige Stimme oben auf der Brus t wehr nicht zu hören war.
    Wie richtig es gewesen war, daß die kurze Erleichterung, die sie nach der Unterredung mit Gorstein empfand, nicht vo r gehalten hatte! Sie hätte so dumm sein können, sich für ein paar Tage heimlich aus dem crog zu entfernen, damit die A e rani zu ihrem normalen Leben zurückfänden – dann wäre sie zurückgekommen und hätte feststellen müssen, daß das Schlimmste geschehen war. Und jetzt wußte sie ganz genau: Sollte das Schlimmste vermi e den werden, so mußte sofort, radikal und drastisch gehandelt werden. Denn da die Aerani bereit und gewillt waren, sich die Monitoren implantieren zu lassen, blieb nur noch Gorsteins U n sicherheit, um sie vor den Folgen ihrer Ignoranz zu schützen. Und wie lange wü r de sich Gorsteins Unsicherheit gegen Ashkas Forderung nach unve r züglicher Erfüllung der Mission halten? Diese Geschichte mit dem Fluß der Zeit mochte unreal klingen, doch der Schiffscomputer wußte Bescheid und würde Go r stein überzeugen, wenn sein eigener Verstand nicht au s reichte. Er würde sich nicht gegen die kalten Fakten aufle h nen. Er würde zu einer unmittelbaren Entscheidung g e zwungen sein – nicht ob er hierbleiben sollte oder nicht, sondern ob er vor dem Start erst die Monitoren implantieren sollte oder nicht.
    Und zu denen zurückzukommen, die er so fürchtete, und i h nen zu sagen: „Wir haben es nicht für richtig gehalten, mit den Aerani zu experimentieren, weil hier die Zeit oszi l liert …?“ Sie würden ihn vermutlich auslachen. Das würde Go r stein nicht riskieren. Er würde den Aerani geben, was sie nunmehr glaubten, haben zu müssen. Das wäre für alle B e teiligten die einfachste Lösung.
    Wahnsinn war jetzt Herr und Meister; nur Elspeth konnte das Unheil verhindern. Und sie sah für die Aerani eine u n heilvolle Zukunft voraus, wenn Gorstein so entschied. Wäre ihr in den Sinn gekommen, es sei nur unangebrachte B e vormundung, wenn sie sich einbildete, die Aerani vor sich selbst schützen zu müssen, so hätte sie diesen Gedanken weit von sich gewiesen. Selbstkritik war jetzt nicht ang e bracht.
    Unbemerkt (oder so glaubte sie wenigstens) schlüpfte sie aus der erleuchteten Zone und dann aus dem crog hinaus. Dort drüben, eine knappe Viertelmeile entfernt, lag das he l lerleuc h tete Schiff; und als sich ihre Augen an die plötzliche Finsternis gewöhnt ha t ten, machte sie sich auf den Weg durch das dazw i schen liegende Gelände.
    Darren war nirgends zu sehen. Um Moir, die am Erdwall kauerte und ihr nachschaute, kümmerte sie sich nicht. Moir rief sie an, doch Elspeth, wenn sie überhaupt gehört hatte, reagierte nicht darauf.
    Dem Wachtposten an der Rampe, die ins hellerleuchtete Schiffsinnere führte, sagte sie, sie werde erwartet. Der P o sten kannte sie, er hatte sie mit Gorstein zusammen gesehen, und er kam o f fenbar nicht auf den Gedanken, beim Schiffs-Meister

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