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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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gewußt haben. Keiner.«
    »Vielleicht«, gab Thod ruhig zurück. »Aber als ich Euch in Hed sah, da dachte ich sogleich an die Harfe; und die Sterne auf ihrer Stirn und auf Eurem Gesicht passen zusammen wie ein Rätsel und seine Lösung.«
    »Aber wer.?« Wieder hielt er inne, seine Stimme unsicher. Er lehnte sich zurück, und sein Gesicht verwischte sich im Schatten. »Ich kann dies alles nicht einfach beiseite schieben, und ich kann es nicht verstehen, wenngleich ich mich hart geplagt habe, beides zu tun. Ich bin ein Rätselmeister. Warum bin ich so entsetzlich unwissend? Warum hat Yrth in seinen Werken die Sterne niemals erwähnt? Wer ist die, die hinter meinem Rücken lauert und mich in der Dunkelheit verfolgt, und woher kommt sie? Wenn diese Sterne eine solche Reaktion bei einem so befremdlichen, mächtigen Volk auslösten, wie kommt es, daß die Zauberer selbst weder von den Sternen noch von dem Volk wußten? In Caithnard habe ich zusammen mit dem Großmeister Ohm einen ganzen Winter lang in der Geschichte, der Dichtung, den Legenden und Liedern des Reiches nach einem Bezug auf die Sterne gesucht. Yrth selbst erwähnte in seinen Schriften über den Bau dieser Harfe in Isig die Sterne nicht mit einem Wort. Und doch sind sie schuld daran, daß meine Eltern tot sind, daß Astrin ein Auge verloren hat, daß man dreimal versucht hat, mich zu töten. Das alles scheint mir so ungereimt. Manchmal habe ich den Eindruck, ich versuche, einen Traum zu verstehen, nur könnte kein Traum so tödlich sein. Thod, ich habe Angst davor, auch nur anzufangen, dieses Gespinst zu entwirren.«
    Thod warf einen Zweig ins Feuer, und eine Lichtwelle hob Morgons Gesicht aus dem Schatten.
    »Wer war Sol von Isig, und warum mußte er sterben?«
    Morgon wandte sein Gesicht ab.
    »Sol war der Sohn von Danan Isig. Er wurde eines Tages in den Erzgruben des Berges Isig von Händlern verfolgt, die ihm einen kostbaren Edelstein stehlen wollten. Er kam zu der steinernen Tür auf dem Grund des Berges, auf deren anderer Seite Grauen und Schmerz eingesperrt waren, die noch älter waren als der Berg Isig selbst. Er brachte es nicht über sich, diese Tür aufzustoßen, die kein Mensch aus Angst vor dem, was in der Finsternis hinter ihr warten mochte, je geöffnet hatte. Und da erhaschten ihn seine Feinde in seiner Unschlüssigkeit, und er
    mußte sterben.«
    »Und der Lehrsatz?«
    »Besser ist es, vorwärts zu schreiten in das Unbekannte als rückwärts in den Tod.«
    Er schwieg wieder, die Augen verhüllt. Er richtete die Harfe auf; seine Finger glitten über die Saiten, entlockten ihnen die Melodie einer lieblichen Ballade aus Hed.
    Thod, der ihm zuhörte, sagte: »>Die Liebe von Segler und Vogelin< - könnt Ihr es singen?«
    »Alle achtzehn Strophen. Aber ich kann es auf dieser Harfe nicht spielen.«
    »Schaut her.« Er stellte seine eigene Harfe zurecht. »Wenn Ihr Euren Geist, Eure Hände und Euer Herz dem Wissen um eine Sache öffnet, bleibt kein Raum in Euch für Furcht.«
    Er lehrte Morgon Akkorde und Tonfolgen in wechselnden Lagen auf der wunderbaren Harfe; sie spielten bis spät in die Nacht hinein, und die Töne ihrer Harfen flatterten wie Vögel in die Dunkelheit hinauf.
    Noch eine Nacht verbrachten sie in Ymris, dann überquerten sie die abgetragenen Hügel und wandten sich ostwärts, wo jenseits einer niedrigen Bergkette die Ebenen und Felskuppen von Heran warteten. Der Herbstregen begann wieder zu fallen, eintönig und hartnäckig, und sie ritten schweigend durch die Wildnis zwischen den Ländern, vermummt in weite Umhänge mit Kapuzen, ihre Harfen in den Lederhüllen darunter. Abends suchten sie sich ein trockenes Fleckchen Erde, wo sie übernachten konnten, schliefen in Felsenhöhlen oder unter dichtstehenden Bäumen. Wenn der Regen nachließ, spielte Thod Lieder, die Morgon nie gehört hatte, Weisen aus Isig, Herun, Osterland oder vom Hof des Erhabenen. Morgon versuchte dann, Thods Spiel auf seiner eigenen Harfe zu folgen; seine Töne kamen zögernd, stockend, bis sie sich plötzlich mit denen von Thod vereinigten und die Stimmen der beiden Harfen eine Weile in vollendeter Harmonie miteinander verschmolzen, bis Morgon sich wieder verhedderte und abbrach, enttäuscht und ärgerlich, so daß Thod ein Lächeln nicht unterdrücken konnte.
    Und irgendwie drangen die Klänge ihres Spiels an die Ohren der Morgol, die tief im Inneren Heruns hofhielt.
    An einem Tag ritten sie lange durch das regennasse, felsige Land und machten erst spät

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