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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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mit.«
    Er legte Holz ins Feuer, und die züngelnden Flammen flak- kerten in seinen stillen Augen. Die Sonne war untergegangen; ein grauer Wind raschelte in den welken Blättern. Es klang, als wisperten sie miteinander in einer unbekannten Sprache.
    »Wie lange seid Ihr schon in den Diensten des Erhabenen?« fragte Morgon plötzlich.
    »Als Tirunethod starb, verließ ich Herun, und der Erhabene rief mich zum Erlenstern-Berg.«
    »Sechshundertjahre. Was habt Ihr davor getan?«
    »Ich bin durch die Lande gereist und habe auf meiner Harfe gespielt. « Er schwieg, die Augen ins Feuer gerichtet. Dann fügte er beinahe widerstrebend hinzu: »Eine Weile studierte ich in Caithnard. Aber ich wollte nicht lehren, deshalb zog ich fort, nachdem ich mir das schwarze Gewand erworben hatte.«
    Morgon, der den Weinschlauch zum Munde gehoben hatte, ließ ihn wieder sinken, ohne zu trinken.
    »Ich hatte keine Ahnung, daß Ihr ein Großmeister seid. Was trugt Ihr damals für einen Namen?« Noch während ihm die Frage über die Lippen kam, spürte er, wie ihm wieder das Blut ins Gesicht schoß, und sagte hastig: »Verzeiht. Ich vergesse manchmal, daß manches, was ich wissen möchte, nicht meine Sache ist.«
    »Morgon - « Thod verstummte. Eine Weile saßen sie schweigend beieinander und aßen. Dann griff Thod nach seiner Harfe und nahm sie aus ihrer Hülle. Leicht strich er mit dem Daumen über die Saiten. »Habt Ihr schon versucht, auf Eurer Harfe zu spielen?«
    Morgon lächelte. »Nein. Ich habe Angst davor.«
    »Versucht es.«
    Morgon nahm die Harfe aus der weichen Lederhülle, die Heureu ihm geschenkt hatte. Gebannt von der Schönheit des Instruments betrachtete er einen Augenblick lang wortlos das schimmernde Goldfiligran, die knochenweißen Monde und das glänzende Holz. Thod zupfte die hohe Saite an seiner Harfe; Morgon ließ ein leises Echo folgen. Die Saite seines Instruments war vollendet gestimmt. Langsam führte ihn Thod über die schimmernde Leiter der Saiten, und Ton um Ton fand er genau gestimmt. Nur zweimal gab es einen leichten Mißklang, und jedesmal hielt Thod inne, um seine eigene Harfe zu stimmen.
    Als Morgons Finger zur tiefen Saite wanderten, sagte Thod: »Ich habe keine Saite, die ich danach stimmen kann.«
    Morgon zog rasch seine Hand fort. Der Himmel über ihnen war schwarz. Der Wind hatte sich gelegt. Das Licht des Feuers zeichnete die Wölbungen und Bögen der dunklen Zweige nach, die ihnen Obdach gaben.
    »Wie kann die Harfe nach so langer Zeit, gar, nachdem sie vom Meer fortgespült wurde, noch so vollendet gestimmt sein?« fragte er voller Staunen.
    »Yrth hat die Tonhöhe mit seiner Stimme auf ewig in diese Saiten gebunden. Im ganzen Reich des Erhabenen gibt es keine Harfe, die schöner klingt.«
    »Und weder Ihr noch ich könnte sie spielen.« Seine Augen wanderten zu Thods Harfe, deren blasses Schnitzwerk im Feuerschein golden erglühte. Sie war weder mit Metall noch mit Edelsteinen geschmückt, doch das Eichenholz war auf allen Seiten mit feinen Schnitzereien geziert. »Habt Ihr Eure Harfe selbst gemacht?«
    Thod lächelte überrascht. »Ja.« Mit dem Finger fuhr er eine fein ziselierte Linie nach, und etwas in seinem Gesicht öffnete sich unerwartet. »Ich habe sie gemacht, als ich nach meinen Maßstäben noch jung war, nachdem ich jahrelang auf allen möglichen Harfen gespielt hatte. An nächtlichen Feuern in fernen, einsamen Gegenden, wo ich keines Menschen Stimme hörte außer meiner eigenen, baute ich sie aus dem Holz der Eichen von Ymris. Ich schnitzte die Ebenbilder von Blättern, Blumen, Vögeln, die ich auf meinen Wanderungen sah, in ihr Holz. In An suchte ich drei Monate lang nach Saiten für sie. Schließlich fand ich sie und verkaufte mein Pferd, um sie erwerben zu können. Es waren die Saiten der zerbrochenen Harfe von Ustin von Aum, der aus Gram über die Eroberung von Aum starb. Ihre Saiten waren auf seinen Schmerz gestimmt, und ihr Holz war gebrochen wie sein Herz. Ich bespannte meine Harfe mit diesen Saiten, und dann stimmte ich sie neu auf meine Freude ein.«
    Morgon seufzte. Er senkte plötzlich den Kopf, so daß sein Gesicht vor dem Harfenspieler verborgen war. Lange schwieg er still, während Thod wartete, hin und wieder das Feuer schürte, daß die Funken wie Sterne aufwärts sprühten. Schließlich hob er den Kopf wieder.
    »Warum hat Yrth die Sterne in dieser Harfe eingelegt?«
    »Er machte die Harfe für Euch.«
    Morgon schüttelte hastig den Kopf.
    »Keiner kann von mir

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