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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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klug. Er wollte einen der Händler töten, da habe ich ihn getötet.«
    »Wieso läßt die Morgol Euch ohne Begleitschutz reisen, wenn Euch solche Dinge zustoßen?«
    »Ich bin in ihrer Wache, und man erwartet von mir, daß ich für mich selbst sorgen kann. Und Ihr: Wieso reist Ihr unbewaffnet wie ein Kind durch das Reich des Erhabenen?«
    »Ich habe die Harfe«, erinnerte er sie kurz, doch sie schüttelte den Kopf.
    »Die ist Euch nicht nütze in ihrer Hülle. In den Ländern jenseits der Grenze gibt es andere Feinde als mich: Raubgierige Männer, die Händler überfallen, Verbannte und Vogelfreie - Ihr solltet Euch bewaffnen.«
    »Ich bin Bauer, nicht Krieger.«
    »Im ganzen Reich des Erhabenen gibt es keinen, der es wagen würde, Thod anzurühren. Aber Euch - «
    »Ich kann für mich selbst sorgen. Dank Euch.«
    Ein wenig erstaunt sah sie ihn an.
    »Ich will Euch ja nur mit meiner Erfahrung helfen«, erklärte sie gutmütig. »Zweifellos kann Thod für Euch sorgen, wenn es Schwierigkeiten gibt.«
    Thods Stimme klang in sein Harfenspiel hinein.
    »Der Fürst von Hed hat eine bemerkenswerte Gabe für das Überleben. Hed ist ein Land, das berühmt ist für seinen Frieden, ein Begriff, der oft schwer zu verstehen ist.«
    »Der Fürst von Hed«, gab Lyra zurück, »befindet sich nicht mehr in Hed.«
    Morgon blickte sie über das Feuer hinweg verschlossen an.
    »Ein Tier wechselt nicht Farbe oder Instinkte, nur weil es sich von einem Land in ein anderes begibt.«
    Sie ging auf seinen Einwand nicht ein, sondern sagte statt dessen hilfsbereit: »Ich könnte Euch lehren, einen Speer zu werfen. Es ist einfach. Es könnte Euch nützlich sein. Ihr hattet gutes Ziel mit dem Stein.«
    »Das reicht mir als Waffe. Mit einem Speer würde ich vielleicht einen Menschen töten.«
    »Dazu ist er da.«
    Er seufzte. »Seht es doch einmal mit den Augen des Bauern. Man entwurzelt keinen Getreidehalm, bevor das Getreide reif ist. Man fällt keinen Baum, der voll junger grüner Birnen hängt. Weshalb also sollte man das Leben eines Menschen verkürzen, der noch mitten im -?«
    »Händler«, fiel ihm Lyra ins Wort, »werden nicht von Birnbäumen getötet.«
    »Darum geht es nicht. Wenn man einem Menschen das Leben nimmt, so hat er nichts. Man kann ihm sein Land nehmen, seinen Rang, seine Gedanken, seinen Namen, aber wenn man ihm das Leben nimmt, dann hat er nichts. Nicht einmal Hoffnung.«
    Sie hörte ihm still zu, und das Licht das Feuers flackerte in ihren dunklen Augen.
    »Und wenn Ihr wählen müßtet zwischen Eurem Leben und seinem, was würdet Ihr wählen?«
    »Mein Leben natürlich.« Dann dachte er darüber nach und verzog ein wenig das Gesicht. »Glaube ich.«
    »Wie unvernünftig.«
    Er lächelte gegen seinen Willen.
    »Wahrscheinlich. Aber wenn ich je einen Menschen tötete, wie würde ich das Eliard sagen? Oder Grim Eichenland?«
    »Wer ist Eliard? Wer ist Grim Eichenland?«
    »Grim ist mein Verwalter. Eliard ist mein Bruder, mein Landerbe.«
    »Oh, Ihr habt einen Bruder? Ich habe mir immer einen gewünscht. Aber ich hab’ nur Vettern und Kusinen, und die Wache, die wie eine Familie von Schwestern ist. Habt Ihr auch eine Schwester?«
    »Ja. Tristan.«
    »Wie ist sie?«
    »Oh, ein wenig jünger als Ihr. Dunkel wie Ihr. Sie ist Euch ein wenig ähnlich, nur ärgert sie mich nicht soviel wie Ihr.«
    Zu seiner Überraschung lachte sie.
    »Ja, ich habe Euch geärgert, nicht wahr? Ich habe mich schon gefragt, wann Euer Ärger gegen mich vergehen würde.« Mit einer geschmeidigen Bewegung stand sie auf. »Ich glaube, die Morgol wird auch nicht sehr zufrieden sein mit mir. Aber ich bin auch sonst nicht höflich gegenüber Leuten, die mich auf solche Art überraschen, wie Ihr es tatet.«
    »Woher soll die Morgol das wissen?«
    »Sie weiß es.« Lyra neigte ihren dunklen Kopf zu ihnen hinunter. »Danke Euch für Euer Spiel, Thod. Gute Nacht. Wir reiten bei Morgendämmerung weiter.«
    Sie trat aus dem Feuerschein und verschmolz lautlos mit der Nacht. Morgon griff nach seinem Schlafsack. Die Nebel aus den Sümpfen hatten sie jetzt überzogen, und die Nacht war feucht und kalt wie die Klinge eines Messers. Er legte noch einen Zweig ins Feuer und streckte sich nahe der Wärme aus. Ein Gedanke ging ihm durch den Kopf, während er die Flammen betrachtete, und er stieß ein kurzes, gar nicht frohes Lachen aus. Wäre ich im Umgang mit Waffen geübt, so hätte ich heute morgen vielleicht einen Speer geschleudert statt eines Steins. Und sie will es

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