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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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hast.
    Aber war es nötig, einen Stein auf ihn zu werfen?«
    Ein Lächeln blitzte in Lyras Augen auf, als sie Morgons Verwunderung sah.
    »Mutter«, erwiderte sie ernst, »der Fürst von Hed hat zuerst einen Stein auf mich geworfen, und ich bin darüber in Zorn geraten. Ich habe Dinge gesagt, die nicht - nicht recht diplomatisch waren. Aber ich glaube nicht, daß er noch zornig mit mir ist. Er scheint mir kein kriegerisches Gemüt zu haben.«
    »Nein, aber er zeigte sich zielsicher, und wäre er bewaffnet gewesen, so wärst du jetzt tot, und das wäre mir gar nicht recht. Für gewöhnlich waffnen sich die Leute von Hed nicht gegen andere, und diese Zurückhaltung ist lobenswert. Es war vielleicht nicht klug, bei Dunkelheit ihr Lager zu betreten; du mußt lernen, Mißverständnisse zu vermeiden. Aber du hast ihn wohlbehalten hierhergebracht, und dafür danke ich dir.«
    Lyra ging, und die Morgol legte ihre Finger in die Beuge von Thods Arm.
    »Sie ist gewachsen, seit du sie zuletzt sahst. Aber du warst ja auch eine lange Zeit nicht mehr in Herun. Tritt ein.«
    Sie führte sie durch die schweren Türen aus Silber und hellem Holz in ihr Haus. Drinnen verzweigten sich die gewölbten Gänge scheinbar ziellos von Zimmer zu Zimmer; die Gemächer, mit feingearbeiteten Wandbehängen, fremdartigen Pflanzen, kostbaren Hölzern und kunstvoll geschmiedetem Metall ausgestattet, folgten einander verschachtelt wie die Fächer eines Schmuckkästchens. In einem Raum, dem Wandteppiche in Orange und Gold Wärme gaben, blieb die Morgol schließlich stehen und lud sie ein, auf riesigen, weichen Sitzkissen Platz zu nehmen, die mit weißer Wolle überzogen waren. Danach ließ sie sie allein.
    Morgon ließ sich todmüde in die weiche Schafwolle sinken, schloß die Augen und flüsterte: »Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal ein Bett gesehen habe. - Kann sie in unsere Gedanken eindringen?«
    »Die Morgol hat das Auge, das hinter die Dinge sieht. Herun ist ein kleines, sehr reiches Land; die Morgols haben die Kraft ihrer Augen gestählt, seit in den Jahren der Gründung ein Heer aus dem Norden von Ymris Herun angriff, um seine Erzgruben zu erobern. Herun ist ringsum von Bergen umschlossen; die Morgols haben gelernt, durch sie hindurchzusehen. Ich dachte, Ihr wüßtet das.«
    »Ich wußte nicht, daß sie ein so scharfes Auge haben. Sie hat mich erschreckt.«
    Danach schlief er ein und wachte auch nicht auf, als wenig später Dienerinnen eintraten, die ihr Gepäck hereintrugen und Platten mit Speisen und Wein brachten.
    Erst Stunden später erwachte er und sah, daß Thod fort war. Er wusch sich und kleidete sich in das leichte, lose Gewand aus orangefarbenem und goldenem Tuch, das die Morgol ihm hatte bringen lassen. Sie hatte ihm auch ein Messer aus milchigweißem Metall hinlegen lassen, doch das nahm er nicht an sich.
    Eine Dienerin führte ihn in einen weiten Raum, der vom Boden bis zur Decke weiß war. Rund um einen Kamin hockten auf Sitzkissen die Wächterinnen in ihren leuchtenden Gewändern und plauderten. Auf niedrigen Tischen vor ihnen standen Platten mit dampfenden Speisen. Thod, Lyra und die Morgol saßen an einem Tisch aus glänzendem, weißem Stein. Die silbernen Becher und Teller vor ihnen funkelten von Amethysten. Die Morgol, in einem weißen Gewand, das reich mit Silber verziert war, das Haar geflochten, winkte Morgon lächelnd zu. Lyra rückte ein Stück, um ihm neben sich Platz zu machen. Sie gab ihm von den heißen, würzigen Gerichten, den eingelegten Früchten und Gemüsen, von Käse und Wein. Thod, der etwas abseits von der Morgol saß, zupfte sachte auf seiner Harfe. Er spielte die letzten Takte eines Liedes und schlug dann sehr leicht die Weise an, die er für sie komponiert hatte.
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, als hätte er ihren Namen gesprochen; sie lächelte und sagte: »Du hast lange genug gespielt. Setz dich zu mir und iß.«
    Thod stellte seine Harfe weg und ließ sich an ihrer Seite nieder. Er trug einen Umhang, der so silbrig weiß war wie sein Haar; seine Kette aus Silber mit kleinen, weißglühenden Steinen hing auf seiner Brust.
    Morgon, der ihre Gesichter betrachtete, während die Morgol ihm von den Speisen reichte, wurde von Lyra aus seiner Versunkenheit gerissen.
    »Euer Essen wird kalt«, sagte sie. »Er hat es Euch also nicht gesagt?«
    »Was? Nein.« Er aß von den gewürzten Pilzen. »Zumindest nicht in Worten. Ich erriet es an diesem Lied. Ich weiß nicht, warum es mich überrascht. Kein

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