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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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während er rannte, daß Harte zertrümmert war, leer wie eine Stadt der Erdherren, und daß das bleiche, weiße Licht tief aus dem Innern des Bergs kam. Er blieb stehen. Eine Stimme, die aus einer Höhle kam, deren grüne Marmortür seit Jahrhunderten nicht geöffnet worden war, dröhnte durch den Berg, durchschnitt das Donnern und Fauchen von Wind und See und sagte seinen Namen. »Sternenträger!«
    Kap 10
    Mit einem Ruck fuhr er aus dem Schlaf. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, während er dem Echo der Stimme nachlauschte, die ihn geweckt hatte. Sie schien in den Steinen hängenzubleiben, eine seltsame Stimme, weder die eines Mannes noch die einer Frau. Jemand packte ihn, rief seinen Namen; jemand, der so vertraut war, daß Morgon ohne Überraschung fragte: »Habt Ihr mich gerufen?«
    Dann hob er die Hände und schloß sie um die Arme des Harfners.
    »Thod!«
    »Ihr habt geträumt.«
    »Ja.«
    Die Mauern des Turms, das Feuer, die Stille nahmen langsam wieder Gestalt an. Seine Hände lockerten sich, fielen herab. Thod, Schnee noch auf Schultern und Haar, ließ die Harfe über seinen Arm herabgleiten und lehnte sie an die Wand.
    »Ich entschied mich dafür, lieber in Kyrth auf Euch zu warten als in Harte; Danan wußte nicht, ob ich noch dort wäre, darum hat er Euch nichts gesagt.« Die gleichmäßige, unerschütterte Stimme war beruhigend. »Ihr habt viel länger gebraucht als ich erwartete.«
    »Ich geriet in einen Schneesturm.« Er richtete sich auf und strich sich mit den Händen über das Gesicht. »Dann begegnete ich Har.« Mit einer brüsken Bewegung hob er den Kopf und blickte dem Harfner ins Gesicht. »Ihr habt auf mich gewartet? Ihr dachtet - Thod, wie lange seid Ihr schon hier?«
    »Zwei Monate.« Er zog seinen Mantel aus. Schnee fiel zischend ins Feuer. »Ich verließ Herun einen Tag nach Euch und ritt ohne Aufenthalt die Öse hinauf bis nach Kyrth. Ich bat Da- nan, nach Euch Ausschau zu halten, sagte ihm, wo er mich in Kyrth erreichen könnte, und dann - wartete ich.« Er blieb einen Moment stumm. »Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    Morgon betrachtete forschend sein Gesicht.
    »Ich war fest entschlossen, nach Hed zurückzukehren«, flüsterte er. »Das wißt Ihr. Ihr konntet nicht wissen, daß ich hierher kommen würde - im tiefsten Winter, mit zwei Monaten Verspätung.«
    »Ich vertraute darauf, daß Ihr kommen würdet.«
    »Wieso?«
    »Wenn Ihr Eurem Namen, wenn Ihr den Rätseln, die Ihr lösen müßt, den Rücken gekehrt hättet - wenn Ihr allein, schutzlos nach Hed zurückgekehrt wärt, um den Tod zu empfangen, von dem Ihr wußtet, daß er kommen würde - , dann hätte es keine Bedeutung gehabt, ob ich zum Erlenstern-Berg gegangen wäre oder mich in die Tiefen des Meeres gestürzt hätte. Ich bin seit tausend Jahren auf der Welt, ich kenne die Witterung des Verhängnisses.«
    Morgon schloß die Augen. Das Wort schien wie ein Harfenton zwischen ihnen zu schweben.
    »Das Verhängnis«, sagte Morgon. »Auch Ihr seht es, Thod. Sein Atem berührte mich in Osterland. Ich habe Suth getötet.«
    Zum erstenmal hörte er, daß die Stimme des Harfners aus ihrem ruhigen Gleichmaß geriet.
    »Ihr habt was getan?«
    Er öffnete die Augen.
    »Verzeiht. Ich meinte, daß er meinetwegen starb. Har rettete mir in jenem Schneesturm das Leben, und dafür habe ich ihm ein Versprechen gegeben, ohne der Tatsache zu achten, daß es unklug ist, dem Wolfskönig unbesehen etwas zu versprechen.« Er drehte seine Handflächen aufwärts. »Ich lernte, die Gestalt der Vesta anzunehmen. Zwei Monate lang zog ich mit Suths Sohn Hugin, der weißes Haar und violette Augen hat, mit den Herden der Vesta durch den Winter. Ich fand Suth hinter dem Grimberg, eine alte Vesta, auf einem Auge blind. Das Auge hatte Suth in einem Rätselkampf verloren. Und dort, wo ich ihn fand, starb er.«
    »Wie?«
    Morgons Hände umklammerten plötzlich die Armlehnen des Sessels.
    »Ich fragte ihn, warum er aus Lungold geflohen wäre - ich zitierte ihm den dritten Lehrsatz des Gründers, forderte seine Hilfe, da er doch wußte - er traf seine Wahl; er wollte mir antworten, doch er starb bei dem Versuch. Dort, am Ende der Welt, wo es nichts gibt als Schnee und Wind, starb er, wurde er getötet - der einzige Zauberer, der seit siebenhundert Jahren einem Menschen zu Gesicht gekommen ist. Er starb in meinen Armen und hinterließ mir das letzte Wort, das er sprach; ein Wort wie ein Rätsel, das zu lösen zu entsetzlich ist.«
    »Was für ein Wort?«
    »Ohm,

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