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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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das Wasser endlich klar, sprudelte in weißschäumender Strömung rasch dahin. Bri ging dort vor Anker, denn weiter hinauf konnte das Boot nicht. Ihre Sachen wurden abgeladen, und die Barke glitt wieder den schweigenden, dunklen Strom hinunter.
    Tristan sah ihr nach, wie sie in den Bäumen verschwand, und murmelte: »Und wenn ich zu Fuß nach Hause laufen muß - auf diesem Fluß fahre ich nie wieder.«
    Dann drehte sie sich um, und als sie den Kopf hob, sah sie die grünen Hänge des Berges Isig, der wie ein ewiger Wächter vor dem Paß emporragte. Sie schienen von Bergen umgeben, dem hohen Gipfel, zu dessen Füßen der König von Osterland lebte, und den kalten, fernen Spitzen jenseits der toten nördlichen Einöde. Über dem Haupt des Erlenstern-Bergs, auf dem noch Schnee glänzte, strahlte feurig die Sonne. Das Licht schien die Schatten, die Täler und die zackigen Granitfelsen, die den Paß bildeten, in die Mauern eines blendend schönen Hauses zu verwandeln, das der Welt offen lag.
    Bri, dessen Mund überfloß von Namen und Geschichten, die ihm seit Jahren nicht mehr über die Lippen gekommen waren, führte sie zu Pferd das letzte Stück Fluß vor dem Paß hinauf. Die frischen, warmen Winde, die aus dem Hinterland des Reichs herüberwehten, bliesen die Erinnerungen an den grauen, trägen Fluß und die geheimnisvollen, unerwarteten Dinge, die aus seinen Tiefen emporgestiegen waren, fort.
    Unterkunft für die Nacht fanden sie in einem kleinen Dorf, das im Schatten des Berges Isig lag. Am folgenden Nachmittag erreichten sie Kyrth und sahen endlich die hohen Granitsäulen von der Öse geglättet und geschliffen, die das Tor zum Isig-Paß bildeten. Gemsenhaft schien das Sonnenlicht von Felsspitze zu Felsspitze zu springen; die Luft knisterte vom Geruch schmelzenden Eises. An einer Biegung der Straße, die in einer Richtung nach Kyrth, in der anderen über eine Brücke zum Berg Isig führte, machten sie halt. Rendel hob den Kopf. Still stand die unermeßliche Zahl uralter Bäume, Kopf an Kopf die Berghänge hinauf bis zum Himmel, wo sie miteinander zu verschmelzen schienen. Fast verborgen zwischen ihnen stand ein Haus mit dunklen, rohbehauenen Mauern und Türmen, Fenstern, die in farbigen Facetten glitzerten wie Edelsteine. Rauchfäden stiegen von jenseits der Mauern auf; auf der Straße rollte ein Wagen zwisehen Bäumen hindurch auf das Haus zu. Die Wölbung seines Tores, massig und beeindruckend wie das Tor zum Paß, führte in das Herz des Berges hinein.
    »Ihr werdet Vorräte brauchen«, meinte Bri Corvett, und Rendel riß sich mit Anstrengung aus ihrer Betrachtung der Bäume.
    »Wozu?« fragte sie ein wenig verdrossen.
    Sein Sattel knarrte, als er sich umdrehte, um zum Paß hinzudeuten. Lyra nickte.
    »Er hat recht. Wir können unterwegs jagen und fischen, aber wir brauchen einige Nahrungsmittel, zusätzliche Decken und ein Pferd für Tristan.« Ihre Stimme klang müde, seltsam tonlos im Schweigen der Berge. »Unterwegs gibt es kein Haus, in dem wir übernachten können.«
    »Weiß der Erhabene, daß wir kommen?« fragte Tristan unvermittelt, und unwillkürlich blickten sie alle zum Paß hin.
    »Ich denke schon«, erwiderte Rendel nach einem kurzen Schweigen. »Er muß es wissen. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht.«
    Bri, der etwas nervös schien, äußerte sich.
    »Ihr wollt einfach so durch den Paß reiten?«
    »Wir können nicht segeln und wir können nicht fliegen; habt Ihr bessere Vorschläge?«
    »Ja. Ich schlage vor, Ihr unterrichtet jemanden von Eurem Vorhaben, ehe Ihr kopfüber in unbekanntes Land hineinreitet, das für den Fürsten von Hed zu einer Todesfalle wurde. Ihr könntet ja Danan Isig wissen lassen, daß Ihr Euch in seinem Land befindet und beabsichtigt, den Paß zu überqueren. Wenn wir nicht zurückkommen, wird wenigstens jemand im Reich wissen, wo wir verschwunden sind.«
    Rendel blickte wieder auf das gewaltige Haus des Königs, das unzerstörbar in beschaulicher Ruhe unter dem flirrenden Himmel stand.
    »Ich habe nicht die Absicht zu verschwinden«, murmelte sie. »Ich kann es noch immer nicht glauben, daß wir hier sind. Dies ist die Gruft, in der die Kinder der Erdherren begraben sind, der Ort, wo die Sterne geschaffen und in eine Bestimmung eingebunden wurden, die älter ist als das Reich selbst.«
    Sie spürte, daß sich Tristan hinter ihr regte, und sah im Schatten auf dem Boden ihr stummes Kopfschütteln.
    »Dies alles kann mit Morgon nichts zu tun haben!« brach es aus

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