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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Tristan von Hed, die wie eine Galionsfigur am Bug des Schiffes stand.

Kap.5
     
    Zwei Tage lang sprach Tristan mit keinem. Bri Corvett, hin- und hergerissen zwischen dem drängenden Gefühl, sie zurückbringen zu müssen, und dem Verlangen, den genasführten Begleitschiffen und dem einäugigen Fürsten von Ymris um jeden Preis aus dem Weg zu gehen, erging sich einen Tag lang in unwilligem Geschimpf und Fluchen, dann gab er Tristans stummer, vorwurfsvoller Entschlossenheit nach und ließ sich auf seiner eigenen Unschlüssigkeit weiter nach Norden treiben. Am Ende jener zwei Tage ließen sie die Küste von Ymris hinter sich. Die unbesiedelten Wälder, die lange Kette nackter, unfruchtbarer Hügel zwischen Herun und dem Meer waren eine Zeitlang alles, was sie sahen, und allmählich wurden sie entspannter. Der Wind ging scharf; Bri Corvett hielt seine Seeleute auf Trab. Die Leibwachen der Morgol, die Müßiggang nicht gewöhnt waren, übten sich im Messerwerfen auf eine Zielscheibe an der Wand des Kartenhauses. Als ein plötzliches starkes Schlingern des Schiffes zu einem Fehlwurf wurde, dem beinahe ein Stütztau zum Opfer gefallen wäre, gebot Bri diesem Zeitvertreib Einhalt. Statt dessen begannen nun die jungen Frauen zu fischen, indem sie lange Angelleinen vom Heck des Schiffes aus ins Wasser schleuderten. Die Seeleute, die ihnen zusahen, erinnerten sich der tödlichen Genauigkeit, mit der die Messerspitze jedesmal in die Wand des Kartenhauses eingeschlagen war, und näherten sich mit Vorsicht.
    Rendel bemühte sich vergeblich, Tristan zu beschwichtigen, die unzugänglich und stumm abseits stand, den Blick unverwandt nordwärts gerichtet, als wollte sie sie ständig an den Sinn ihrer Reise erinnern. Schließlich gab Rendel auf und ließ das Mädchen in Ruhe. Auch sie zog sich zurück, las in Roods Büchern oder spielte auf der Flöte, die sie aus Anuin mitgebracht hatte, jene, die Elieu von Hel für sie gemacht hatte.
    Eines Nachmittags saß sie mit dem Instrument an Deck und spielte Lieder und höfische Tänze von An und klagende Balladen, die Cyone sie Jahre zuvor gelehrt hatte. Sie glitt unversehens in eine schlichte, traurige Weise hinein, an deren Namen sie sich nicht erinnerte, und sah, als sie endete, daß Tristan sich von der Reling abgewandt hatte und sie betrachtete.
    »Das war aus Hed«, sagte sie abrupt.
    Rendel legte die Flöte auf ihre Knie. Sie erinnerte sich plötzlich.
    »Thod hat mich das Lied gelehrt.«
    Tristan schwankte einen Moment, dann trat sie endlich von der Reling weg und setzte sich neben Rendel auf das sonnenwarme Deck. Ihr Gesicht war ausdruckslos, sie sagte nichts.
    Rendel hielt die Augen auf ihre Flöte gerichtet und bat leise: »Bitte, versuch zu verstehen. Als Morgons Tod bekannt wurde, erlitten damit nicht nur die Leute von Hed einen Verlust, sondern Menschen im ganzen Reich, die ihm geholfen hatten, die ihn geliebt und sich um ihn gesorgt hatten. Lyra und Bri und ich wollten nur dem Reich, ganz besonders Euren eigenen Leuten, zusätzliche Furcht und Sorge um dich ersparen. Hed scheint mir dieser Tage ein ganz besonderes und leicht verletzbares Fleckchen Erde zu sein. Wir wollten dir nicht weh tun, aber wir wollten auch nicht selbst wieder Schmerz erleiden müssen, falls dir etwas zustoßen sollte.«
    Tristan schwieg. Langsam hob sie den Kopf und lehnte sich an die Reling.
    »Mir wird nichts zustoßen.« Einen Moment lang sah sie Rendel an, dann fragte sie ein wenig scheu: »Hättet Ihr Morgon geheiratet?«
    Rendel verzog traurig den Mund.
    »Zwei Jahre habe ich darauf gewartet, daß er nach Anuin kommen und mich fragen würde.«
    »Ich wünschte, er hätte es getan. Er war nie sehr vernünftig.« Sie zog die Beine an, legte ihr Kinn auf die Knie und starrte mit grüblerischem Gesicht zu Boden. »Die Händler haben gesagt, er könnte sich in ein Tier verwandeln. Das machte Eliard Angst. Könnt Ihr das auch?«
    »Die Gestalt wechseln? Nein.« Ihre Hände, die auf der Flöte lagen, verkrampften sich ein wenig. »Nein.«
    »Und dann sagten sie - sie sagten, im letzten Frühjahr hätte er ein gestirntes Schwert gefunden und mit ihm getötet. Das klang gar nicht nach ihm.«
    »Nein.«
    »Aber Grim Eichenland sagte, wenn jemand versuchen sollte, ihn zu töten, dann könnte er schließlich nicht einfach ruhig dastehen und es sich gefallen lassen. Das kann ich verstehen; das ist einleuchtend, aber - aber danach, nachdem ihm eine Harfe und ein Schwert gegeben worden waren, die ihm allein

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