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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Feuer selbst. Seht es. Versteht es. Nicht mit Euren Augen oder mit Eurem Geist, sondern mit der Gabe, die Ihr besitzt, furchtlos, fraglos, das Ding als das, was es ist, zu erkennen und anzunehmen. Hebt Eure Hand. Streckt sie aus, berührt das Feuer.«
    Langsam bewegte Rendel ihre Hand. Einen Moment lang schien das wechselhafte, bleiche Ding, das keinem Gesetz gehorchte und das sie ihr Leben lang gekannt und doch nicht gekannt hatte, wie ein Kinderrätsel. Zaghaft, neugierig streckte sie die Hand danach aus. Da wurde ihr plötzlich klar, daß sie sich, indem sie sich ihm zuneigte, von ihrem eigenen Namen abwandte - dem vertrauten Erbe Ans, das sie vom Tag ihrer Geburt an bestimmt hatte -, zu einem Erbe hin, das ohne Frieden war, zu einem Namen hin, den keiner kannte. Ihre Hand, die sich schon der Flamme entgegenwölbte, schloß sich abrupt. Und da spürte sie die Hitze, die Sperre des Feuers, und zog den Arm hastig zurück.
    »Nein!« brach es aus ihr hervor.
    »Ihr könnt es, wenn Ihr Euch dafür entscheidet. Wenn Ihr Eure Furcht vor dem Quell Eurer Macht verliert.«
    »Und dann?« Mit einer Anstrengung löste sie den Blick von ihrer Hand. »Warum sagt Ihr mir das? Warum kümmert es Euch?«
    Eine winzige Regung huschte über die Flächen des Gesichts, so als hätte sich weit entfernt in der Dunkelheit die Tür zu einem Gedanken geschlossen.
    »Es hat keinen Grund. Ich war neugierig. Ich wollte wissen, wer Ihr seid, was es mit dem Gelöbnis Eures Vaters, das Euch an den Sternenträger bindet, auf sich hat. War das Vorherwissen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Den Sternenträger erwartete ich, aber nicht Euch. Wenn Ihr ihn je wiedersehen solltet, wollt Ihr ihm dann sagen oder wollt Ihr ihn erraten lassen, daß Ihr verwandt seid mit jenen, die ihn vernichten wollen? Wenn Ihr ihm je Kinder gebärt, wollt Ihr ihm dann sagen, wessen Blut in ihren Adern fließt?«
    Rendel schluckte. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, ihre
    Haut spannte sich straff und spröde wie Pergament über ihr Gesicht. Sie mußte noch einmal schlucken, ehe ihre Stimme ihr wieder gehorchte.
    »Er ist ein Rätselmeister. Keiner wird es ihm sagen müssen.« Sie merkte plötzlich, daß sie aufgestanden war, weil die Leere in ihr sich immer weiter ausbreitete und unerträglich wurde. Mit blinden Augen wandte sie sich von der Frau ab. »Mit dem einen Rätsel gewinnt er mich also und mit dem zweiten verliert er mich«, fügte sie hinzu, sich selbst kaum bewußt, was sie sagte. »Ist das denn Eure Sache?«
    »Weshalb sonst bin ich hier? Ihr habt Angst davor, aus Ylons Macht zu schöpfen; dann erinnert Euch seiner Sehnsucht.«
    Der Schmerz, für den es keinen Trost gab, schoß auf wie eine Flutwelle, überschwemmte Rendel, bis sie nichts mehr sah, nichts mehr hörte, nur noch den Kummer und die Sehnsucht spürte, die sie beim Anblick der Ebene von Königsmund erfüllt hatten. Aber sie konnte ihnen nicht entrinnen; ihr eigener Schmerz war mit ihnen verflochten. Sie roch den salzigen Geruch des Meeres, ausgetrockneten Tangs, von ewigem Gischt verrosteten Eisens, das Ylon gerochen haben mußte; hörte das hohltönende Tosen der Brandung, die gegen die Grundsteine seines Turmes schlug, das klagende Kreischen der Seevögel, die ziellos auf dem Wind segelten. Dann vernahm sie aus einer Welt, die das Auge nicht sehen konnte, aus einer Welt jenseits aller Hoffnung Harfenspiel, das auf ihren Schmerz eingestimmt war und mit Anteilnahme ihre eigene Klage wiedergab. Dünn und zitternd waren die Töne, verloren sich beinahe im Rauschen des Regens über dem Meer, im ewig gurgelnden Wechselspiel der Gezeiten. Sie lauschte angestrengt, folgte dem Locken der Töne, bis ihre Hände kaltes Glas berührten, so wie Ylons Hände wohl die Eisenstangen vor seinem Fenster berührt hatten. Augenzwinkernd verband sie das Harfenspiel und das Meer; es wich langsam. Und mit ihm verklang die Stimme der Frau.
    »Wir sind alle auf dieses Harfenspiel eingestimmt. Morgon tötete den Harfner, Ylons Vater. Wo also, in einer Welt von so
    unerwarteter Gestalt, wollt Ihr Eure Sicherheit finden?«
    Das Schweigen, das ihrem Weggang folgte, war wie die lastende, knisternde Stille vor einem Gewitter. Rendel, die noch immer am Fenster stand, ging einen Schritt auf die Tür zu. Doch Lyra konnte ihr nicht helfen, konnte sie vielleicht nicht einmal verstehen. Sie hörte, wie ein Laut sich von ihren Lippen löste, zitternd durch die Stille schwang, und sie hielt ihn mit den Händen zurück. Ein Gesicht drängte

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