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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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von Caithnard flankierten. Silbrigglänzend lagen die Fischernetze im Sand; Wasser leckte an den kleinen vertäuten Booten, an denen sie auf dem Weg zum Dock vorüberschritten.
    Bri Corvett beugte sich weit über die Reling, als sie kamen, und rief leise: »Jetzt?«
    »Jetzt«, bestätigte Morgon, und Eliard stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: »Wenn du nur wüßtest, was du tust!«
    Dann glitt die Rampe herunter, und er trat zurück, so nahe an den Rand des Piers, daß er beinahe hinuntergestürzt wäre.
    Morgon spürte wieder seinen Geist. Die Starrsinnigkeit, die geistige Unbeweglichkeit, die zum Lebensblut von Hed gehörte, schienen wie eine Barriere am Ende der Rampe herunterzufallen. Sie legten sich fesselnd um Morgons Geist; er durchbrach sie und füllte Eliards Geist mit satten, leuchtenden, ständig wechselnden Bildern aus der Geschichte der Drei Teile, die er dem Gedächtnis der Toten entrissen hatte. Und während sich Eliards Geist langsam öffnete, entströmte etwas dem Schiff und ging in Hed auf.
    Eliard fröstelte plötzlich.
    »Sie sind ganz still«, murmelte er überrascht.
    Morgons Hand schloß sich um seinen Ellbogen.
    »Bri segelt jetzt nach Caithnard hinüber und schickt das nächste Schiff. Es kommen noch sechs. Das letzte bringt Bri selbst, und auf ihm werden Rendel und ich wieder abreisen.«
    »Nein - «
    »Ich komme zurück.«
    Eliard schwieg. Vom Schiff her kamen das Ächzen von Tauen und Planken und Bri Corvetts leise, scharfe Befehle. Das Schiff stieß vom Dock ab, die dunklen Segel voll gehißt, um den flauen Wind einzufangen. Riesig und schwarz schob es sich lautlos durch das mondglitzernde Wasser in die Nacht hinein, hinterließ eine schimmernde Spur, die immer weiter auseinanderlief und langsam verschwand.
    »Niemals«, sagte Eliard, während er aufs Wasser hinausblickte, »wirst du hierher zurückkommen, um zu bleiben.«
    Noch sechs Schiffe glitten ebenso langsam, ebenso still durch die Nacht. Einmal, kurz bevor der Mond unterging, sah Morgon auf dem Wasser die Schatten von waffenbehängten, gekrönten Gestalten. Bleich und müde versank der Mond am Sternenhimmel; das letzte Schiff legte an. Tristan stand an Morgon gelehnt und trat von einem Fuß auf den anderen; er drückte sie an sich, um ihr warm zu machen. Wie ein verwischter Schatten hob sich Rendel vor dem sternenschimmernden Wasser ab; ihr Gesicht war eine dunkle Silhouette zwischen den Leuchtfeuern. Morgons Augen wanderten zum Schiff. Die Toten gingen von Bord; der dunkle Schlund des Laderaums würde geöffnet bleiben, ‘um ihn von Hed fortzubringen. Tausend Dinge, die er Eliard sagen wollte, schössen ihm plötzlich durch den Kopf, doch nichts davon besaß die Macht, das Schiff auszulöschen. Und dann standen sie wieder allein am Pier; die Toten hatten sich über Hed verstreut, und Morgon blieb nichts mehr zu tun. Er mußte aufbrechen.
    Er drehte sich nach Eliard um. In dieser letzten, endlosen Stunde vor dem Morgengrauen war der Himmel sehr finster geworden. Ein leichter Wind strich seufzend über die Wellen. Er konnte Eliards Gesicht nicht sehen, spürte nur seine Nähe und die Nähe des Landes, das hinter ihm lag. Leise, mit wehem Herzen, vor Augen ein Bild des Landes, wie es golden in der
    Sommersonne lag, sagte er: »Ich werde nach Hed zurückfinden. Irgendwie. Irgendwann.«
    Eliard berührte sein Gesicht mit einer sanften Zärtlichkeit, die ihn an ihren Vater erinnerte. Tristan hing noch immer an ihm; Morgon drückte sie an sich, küßte sie auf das dunkle Haar. Dann trat er zurück, stand plötzlich allein in der Nacht und spürte, wie das Holz unter seinen Füßen beim Anprall des Wassers erzitterte.
    Er drehte sich um und schritt blind die Rampe hinauf, um wieder hinunterzusteigen in den schwarzen Rumpf des Schiffes.
     

Kap. 3
    Gegen Morgen fand das Schiff einen ruhigen Anlegeplatz im Hafen von Caithnard. Morgon hörte, wie der Anker klatschend ins stille Wasser stieß, und sah durch das Gitterwerk der Lukendecke Quadrate perlgrauen Himmels. Rendel schlief. Einen Moment lang betrachtete er sie, erschöpft und doch erfüllt von einem inneren Frieden, als hätte er einen kostbaren Schatz sicher und wohlbehalten außer Gefahr gebracht. Dann warf er sich auf den Gewürzsäcken nieder und schlief ein. Das morgendliche Lärmen und Rumoren an den Docks, die erstickende Mittagshitze, die sich im Laderaum staute, störten kaum seine Träume. Am späten Nachmittag schließlich erwachte er und sah Rendel,

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