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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Wieder schien sie die Gestalt wechseln zu wollen; ihre Schwingen hoben sich, und sie flog von seiner Schulter. Doch da öffnete sich abrupt die Außentür zur Küche. Die Wache trat ein - eine junge, dunkelhaarige Frau, die so vertraut und doch so unvertraut war, daß Morgon sie nur offenen Mundes anstarren konnte. Wie angewurzelt blieb sie stehen, als sie den Raum schon halb durchquert hatte, und sah ihn aus großen, aufgerissenen Augen an. Er sah, wie sie schluckte.
    »Morgon?«
    Er stand auf. »Lyra!«
    Sie war gewachsen; ihr Körper wirkte lang und biegsam in dem kurzen, dunklen Kittel. Das im Schatten dunkle Gesicht war halb das des Kindes, an das er sich erinnerte, und halb das der Morgol. Es war, als könnte sie sich nicht bewegen. Deshalb ging er zu ihr. Als er sich näherte, sah er, wie ihre Hand am Speer sich regte. Mitten im Schritt blieb er stehen.
    »Ich bin es«, sagte er.
    »Ich weiß.« Sie schluckte wieder. Ihre Augen waren noch immer ungläubig und sehr dunkel. »Wie - wie seid Ihr in die
    Stadt gekommen? Keiner hat Euch gesehen.«
    »Habt Ihr denn eine Wache auf den Mauern?«
    Sie nickte. »Eine andere Verteidigung hat die Stadt nicht. Die Morgol hat uns holen lassen.«
    »Dich! Ihre Landerbin.«
    Ihr Kinn hob sich in einer Bewegung, an die er sich erinnerte.
    »Ich bin aus einem bestimmten Grund hiergeblieben. Ich habe hier etwas zu tun.«
    Erst da ging sie langsam auf ihn zu, und ihr starres Gesicht wurde lebendig im warmen Schein des Feuers. Sie legte ihre Arme um ihn und drückte ihr Gesicht fest an seine Schulter. Er hörte, wie ihr Speer klirrend hinter ihm zu Boden fiel. Er hielt sie fest an sich gedrückt; ein Hauch ihres klaren, stolzen Geistes wehte wie ein guter Wind durch seinen Geist. Schließlich ließ sie ihn los und trat zurück, um ihn wiederum anzusehen. Ihre dunklen Brauen zpgen sich zusammen, als sie seiner Narben gewahr wurde.
    »Ihr hättet Wächter haben sollen auf der Handelsstraße. Ich habe im letzten Frühjahr mit Rendel überall nach Euch gesucht, aber Ihr wart uns immer einen Schritt voraus.«
    »Ich weiß.«
    »Kein Wunder, daß die Wachen Euch nicht erkannten. Ihr seht - Ihr seht aus wie - « Zum erstenmal schien sie die Krähe zu bemerken, die reglos unter seinem Haar saß. »Das ist - Ist das Mathom?«
    »Ist er hier?«
    »Er war hier, jedenfalls eine Zeitlang. Auch Har war hier, aber die Zauberer haben sie beide nach Hause geschickt.«
    Seine Hände, die auf ihren Schultern lagen, verkrampften sich.
    »Har?« wiederholte er ungläubig. »Warum, in Hels Namen, kam er hierher?«
    »Um Euch zu helfen. Er hielt sich im Lager der Morgol vor Lungold auf, bis die Zauberer ihn überredeten, wieder fortzugehen.«
    »Und sind sie so gewiß, daß er wirklich fortgegangen ist?
    Haben sie den Geist jedes blauäugigen Wolfes rund um Lungold erforscht?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Lyra, Gestaltwandler sind auf dem Weg hierher. Sie wissen, daß sie mich hier finden werden.«
    Sie schwieg; er sah, wie sie rechnete.
    »Die Morgol wies uns an, ein Arsenal von Waffen für die Händler mitzubringen. Es gab kaum Waffen in der Stadt. Aber die Händler - Morgon, das sind keine Kämpfer. Die Mauern werden unter einem Angriff abbröckeln wie altes Brot. Wir haben zweihundert Wachen.« Wieder zogen sich ihre Brauen zusammen, und sie sah plötzlich jung aus. »Wißt Ihr, was sie sind? Die Gestaltwandler?«
    »Nein.«
    Etwas Fremdes schimmerte in ihren Augen; der erste Anflug von Angst, den er je an ihr gesehen hatte. Barscher, als er beabsichtigt hatte, sagte er: »Warum?«
    »Habt Ihr die Nachricht aus Ymris gehört?«
    »Nein.«
    Sie holte Atem. »Heureu Ymris hat die Ebene der Winde verloren. An einem einzigen Nachmittag. Monatelang hielt er das Heer der Rebellen am Rande der Ebene zurück. Die Ritter von Umber und Marcher hatten ein Heer aufgebracht, um die Rebellen ins Meer zurückzuwerfen. Innerhalb von zwei Tagen hätte es die Ebene der Winde erreicht. Doch plötzlich strömte ein riesiges Heer, von dessen Existenz niemand eine Ahnung gehabt hatte, aus Meremont und Tor über die Ebene der Winde. Krieger, die überlebt haben, schwören, sie hätten sie plötzlich mit Männern im Kampf gesehen - mit Männern im Kampf gesehen, die sie schon getötet hatten. Das Heer des Königs wurde vernichtend geschlagen. Ein Händler, der Pferde verkaufen wollte, geriet unversehens in die Schlacht. Er floh mit den Überlebenden nach Ruhn und dann weiter nach Lungold. Er sagte - er sagte, die Ebene

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