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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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durch den Regen und eisige Nebelschwaden den Bergen zu, die die nördliche Einöde begrenzten.
    Er behielt seine eigene Gestalt bei, als er sie überquerte, obwohl der Regen auf den hohen Gipfeln manchmal zu Schnee wurde und die Felsen unter seinen Händen wie Eis waren. In jenen ersten Tagen hing sein Leben an einem Fädchen, obwohl er sich dessen kaum bewußt war. Er aß, ohne sich zu erinnern, wie er getötet hatte; er wachte des Morgens in einer trockenen Höhle auf, ohne sich zu erinnern, wie er sie gefunden hatte. Doch als er sich allmählich seiner Weigerung bewußt wurde, aus den Kraftquellen zu schöpfen, die in seinem Inneren wohnten, begann er an sein Überleben zu denken. Er erlegte einige wilde Bergschafe, schleppte sie in eine Höhle und häutete sie. Während die Felle trockneten, lebte er von ihrem Fleisch. Er spitzte eine Rippe zu, stach Löcher in die Felle und zog Stoffstreifen, die er von seinem Kittel abgerissen hatte, durch sie hindurch. Er machte sich einen weiten, zottigen Umhang mit einer Kapuze und fütterte seine Stiefel mit Pelz. Dann brach er wieder auf, wanderte die Nordwand des Passes hinunter in die Einöden.
    Es regnete kaum, nur die peitschenden, beißenden Winde begleiteten ihn. Nachts gab es Frost, der das flache, eintönige Land bei Sonnenaufgang in weißglühendes Feuer verwandelte. Wie der Geist eines Toten strich er durch das Land, tötete, wenn er hungrig war, schlief im Freien, denn er spürte nur selten die Kälte, so als verschmelze sein Körper ohne sein Wissen mit den Winden. Eines Tages gewahrte er, daß er nicht mehr unter dem Bogen der Sonne hindurchwanderte; er hatte sich nordwärts gewandt, zog gegen Morgen. In der Ferne konnte er eine Hügelkette erkennen, aus deren Mitte schroff, stahlblau der Grimberg emporragte. Doch er war so fern, daß er ihm fremd blieb.
    Er wanderte in den Spätherbst hinein und hörte nichts als das Singen der Winde. Eines Abends, als er an seinem Feuer saß und verschwommen wahrnahm, wie die Winde an seiner Gestalt rissen, blickte er nieder und sah die gestirnte Harfe in seinen Händen.
    Er konnte sich nicht erinnern, nach ihr gegriffen zu haben. Er betrachtete sie, ließ seinen Blick dem lautlosen Flackern des Feuers folgen, das an ihren Saiten hinunterhuschte. Erst nach einer langen Weile regte er sich und nahm das Instrument auf seine Knie. Seine Finger strichen ziellos, beinahe unhörbar über die Saiten, folgten dem rauhen, wilden Gesang der Winde.
    Er verspürte keinen Drang mehr weiterzuziehen. Er blieb an diesem einsamen, abgelegenen Ort in der Einöde, wo es nur ein paar Steine gab, einen vom Wind gebeugten Busch, einen Spalt in der harten Erde, wo ein sickernder Bach emportauchte, nur um wenige Schritte weiter wieder unter der Erde zu verschwinden. Er verließ diesen Platz nur, um zu jagen; und immer fand er seinen Weg zurück zu ihm, als wäre er das Echo seines eigenen Harfenspiels. Er entlockte seiner Harfe die Klänge des Windes, die vom Morgen bis zur Nacht bliesen, manchmal, wenn er den schlanken, wimmernden Ostwind hörte, spielte er nur auf einer einzigen hohen Saite; manchmal spielte er auf allen, während der tiefe Ton grollend das Tosen des Nordwinds wiedergab. Wenn er aufblickte, kam es vor, daß er einen Schneehasen sitzen sah, der ihm lauschte, oder den verwunderten Blick eines weißen Falken auffing. Doch als es tiefer und tiefer in den Herbst hineinging, kamen kaum noch Tiere. Sie zogen sich in die Berge zurück, um dort Nahrung und Zuflucht zu finden. Und so saß er allein und spielte auf seiner Harfe, ein seltsames, pelzbehangenes, namenloses Geschöpf, das keine andere Stimme hatte als die der Harfe zwischen seinen Händen. Sein Körper wurde von den rauhen Winden geschliffen; sein Geist schlief wie die Einöde. Wie lange er dort geblieben wäre, sollte er nie erfahren, eines Abends nämlich, als ein Umspringen des Windes über seinem Feuer ihn aufblicken ließ, sah er Rendel.
    Sie war in kostbares, silbernschimmerndes Pelzwerk ge-hüllt; ihr Haar, das der Wind aus der Kapuze gezupft hatte, flatterte wie Feuer in der Dunkelheit. Er saß ganz still. Seine Hände, die auf den Saiten der Harfe lagen, hielten inne. Sie kniete an seinem Feuer nieder, und er sah ihr Gesicht klarer, ein müdes, winterbleiches Gesicht, zu zeitloser Schönheit ge-meißelt. Er fürchtete, sie wäre ein Traum wie das Gesicht, das er im schwarzen Seewasser zwischen seinen Händen gesehen hatte. Dann aber gewahrte er, daß sie heftig

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