Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Hause.«
Morgon legte seine Hand über die Augen. Der Zauberer hob die Hand, um ihn zu berühren, doch er wich zurück.
»Morgon.« Die Worte schienen aus der Tiefe der Erschöpfung des Zauberers zu kommen. »Es war kein komplizierter Bann. Ihr konntet nur nicht klar genug denken, ihn zu brechen.«
Er hielt inne, als er merkte, wie verwirrt Danan war, der ihnen doch beiden traute. Das dunkle Rätsel von den Kräften des Zauberers beschattete wieder seine Gedanken und das ganze Reich von Isig und Hed. Ein Entkommen schien es nicht zu geben. Hoffnungslos begann er zu schluchzen, da er keine andere Lösung wußte. Der Zauberer saß zusammengesunken da, als trüge er die Last des ganzen Reiches auf seinen Schultern, und gab ihm nichts als Schweigen.
Kap. 12
Sie verließen Isig am folgenden Tag - drei Krähen, die aus den Rauchwolken über Danans Schmelzöfen aufstiegen. Sie überflogen die Öse, kreisten einmal über den Docks von Kyrth; jedes Schiff, das dort vor Anker lag, wurde für eine lange Reise den Fluß hinunter zum stürmischen Herbstmeer überholt. Über den Wäldern von Osterland trommelte der graue Regen erbarmungslos auf sie nieder; die alten Fichten standen zusammengekauert und müde. In der Ferne erhob sich der Grimberg aus einem Nebelschleier. Die Winde des Ostens und des Nordens umschwärmten sie; die Krähen tauchten von Strömung zu Strömung, während die unberechenbaren Winde ihr Gefieder bald glätteten, bald blähten. Häufig machten sie Rast. Bei Einbruch der Nacht hatten sie kaum die Hälfte des Wegs nach Yrye zurückgelegt.
Sie suchten sich einen Schlafplatz im ausladenden Geäst eines alten Baumes, der sich seufzend unter Regen und Wind wiegte. Sie fanden Löcher und Nischen in seinen dicken Ästen, wo sie vor dem Wetter geschützt waren. Zwei Krähen hockten nahe zusammengedrängt auf dem einen Ast; die dritte unter ihnen ein großer, dunkler, vom Wind zerzauster Vogel, der seit dem Abflug von Isig keinen Laut von sich gegeben hatte. Vom Gewirr der Äste geschützt und in den Schlaf gesungen vom Wind, schlummerten sie.
Gegen Mitternacht legten sich die Winde. Das Trommeln des Regens verklang zu einem dünnen Wispern und verstummte schließlich ganz. Die Wolken zerrissen, entließen funkelnde Sterne in die dunkle Nacht hinaus. Die plötzliche Stille fand ihren Weg in Morgons Krähenträume. Er öffnete die Augen.
Rendel, eine kleine Wolke weichen schwarzen Gefieders, träumte reglos neben ihm. Die Krähe unter ihm rührte sich nicht. Seine eigene Gestalt regte sich in ihm, drängte nach außen, wollte die würzigen Düfte der Nacht atmen, das Mondlicht über sich hinfließen lassen. Er breitete seine Flügel aus und schwebte geräuschlos zum Boden hinunter. Dort wechselte er die Gestalt.
Eingehüllt von der Nacht über Osterland stand er da. Sein Geist öffnete sich all ihren Geräuschen und Gerüchen und Wesen. Er legte seine Hand auf die rauhe, nasse Borke des Baumes und spürte seinen Schlummer. Er hörte den verstohlenen Schritt eines nächtlichen Jägers auf der weichen, feuchten Erde. Er roch die üppigen, sich miteinander vermischenden Düfte nasser Fichten, dürrer Baumrinde und feuchten Lehms, der an seinen Füßen klebte. Sein Geist sehnte sich danach, unter der leichten, silbrigen Berührung des Mondes ein Teil dieses Landes zu werden. Und schließlich ließ er ihn in die unendliche Nacht hinausfliegen.
Sein Geist erkundete die Wurzeln der Bäume, die Steine, die tief in der Erde vergraben lagen, die Gehirne von Tieren, die den Pfad seines geistigen Suchens kreuzten. Und in allen Dingen spürte er das uralte, schlafende Feuer hinter seinen Augen. Er berührte die Gebeine von Toten unter der Erde, die Erinnerungen längst verstorbener Menschen und Tiere. Anders als die Geister von An schliefen sie ruhig, hatten im Herzen des wilden Landes Ruhe gefunden. Unfähig, seinem eigenen Verlangen zu widerstehen, begann er seine eigenen Bindungen des Erkennens und des Wissens in die Gesetze von Osterland einzuweben.
Und langsam begann er die Ursprünge des Landrechts zu verstehen. Alles Leben war eingebunden in die Gesetze von Schnee und Sonne. Die wilden Winde bestimmten den rasch dahinfliegenden Lauf der Vesta; das grimmige Ungestüm der Jahreszeiten formte das Hirn des Wolfes; die Winternacht sickerte in das Auge des Raben. Je mehr er begriff, desto tiefer begab er sich hinein; er sah den Mond durch die Augen einer Waldohreule, schlich mit einer Wildkatze durch den Farn, wob
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