Erdzauber 03 - Harfner im Wind
verkrampften sich. Er schluckte einen Kloß hinunter, der ihm die Kehle zuschnürte. »Ich weiß nicht, ob sie lebt!«
Er schloß die Augen und ließ seinen Geist durch die dunkle, regennasse Nacht fliegen, über die weiten Wälder, so weit die Kraft seines Geistes reichte. Doch ein Bild formte sich in seinem Geist, zog ihn zurück, und Morgon öffnete die Augen und starrte auf die feurig schimmernden Wände des Turms.
»Es ist eine Falle«, sagte Yrth.
Seine Stimme klang dumpf von Schmerz, aber sie war voller Geduld. Morgon antwortete nicht. Er zeichnete mit seinem Geist das Bild eines Falken, doch noch ehe er auch nur angefangen hatte, seine Gestalt zu wandeln, versank das Bild in einem Paar heller, ausgebrannter Augen, die in seinen Geist blickten. Sie holten ihn zu sich selbst zurück.
»Morgon, ich gehe nach Hed. Euch erwarten sie; mich kennen sie kaum. Ich kann schnell reisen; ich werde sehr bald zurück sein.«
Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf, als Morgon seinen Geist mit Trugbildern von Feuern und Schatten füllte und sich in ihnen auflöste. Er hatte schon fast die Tür des Gemachs erreicht, als die Augen des Zauberers stechend seine Gedanken durchdrangen und seine Konzentration zerrissen.
Der Zorn flammte wieder in ihm auf. Er ging weiter, und das
Trugbild massiven Steines in der Türöffnung versperrte ihm den Weg.
»Morgon«, sagte der Zauberer, und Morgon wirbelte herum. Er schleuderte einen Schrei in Yrths Geist, der die Aufmerksamkeit des Zauberers von dem Trugbild, das er geschah fen hatte, hätte abdrängen müssen. Doch der Schrei verklang mit ödem Echo in seinem Geist, der ein bodenloser Abgrund von Dunkelheit zu sein schien.
Morgon stand still, die Hände gegen den Stein gedrückt, der gar kein Stein war, einen dünnen Schweißfilm von Furcht und Erschöpfung auf seinem Gesicht. Die Dunkelheit war wie eine Warnung. Doch wieder schickte er seinen Geist in sie hinein, sie zu erforschen, den Trug zu durchdringen, um den wahren Geist des Zauberers zu entdecken. Er stolperte nur immer tiefer in Finsternis, während er gleichzeitig das Gefühl hatte, daß ungeheure Kräfte vor seinem Tasten ständig zurückwichen. Er folgte ihnen, bis er den Rückweg nicht mehr fand.
Langsam tauchte er aus der Dunkelheit auf. Er sah, daß er reglos am Feuer saß. Rendel war neben ihm, ihre Finger um seine schlaffe Hand geschlossen. Yrth stand vor ihnen. Sein Gesicht war grau vor Ermattung; seine Augen waren blutunterlaufen. Seine Stiefel und der Saum seines langen Gewandes waren von verkrustetem Schmutz und eingetrocknetem Salz gefleckt. Die Wunde auf seiner Wange hatte sich geschlossen.
Morgon fuhr hoch. Danan, der auf seiner anderen Seite war, beugte sich zu ihm nieder und legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Morgon«, sagte er leise und behutsam, »Yrth ist eben aus Hed zurückgekommen. Es ist später Vormittag. Er war zwei Nächte und einen Tag weg.«
»Was habt Ihr -?« Allzu heftig sprang er in die Höhe. Danan hielt ihn, stützte ihn, während der Blutschwall hinter seinen Augen langsam zurückwich. »Wie habt Ihr mir das angetan?« flüsterte er.
»Morgon, verzeiht mir.« In der müden, gespannten Stimme schienen Untertöne einer anderen Stimme zu geistern. »Die
Erdherren erwarteten Euch in Hed. Wärt Ihr dort hingegangen, so wärt Ihr dort gestorben, und noch mehr Menschen wären im Kampf für Euch gefallen. Sie konnten Euch nirgendwo finden; sie wollten Euch aus Eurem Versteck locken.«
»Eliard - «
»Er ist in Sicherheit und gesund. Als ich kam, stand er inmitten der Trümmer von Akren. Die Flut zerstörte Tol, Akren und die meisten Höfe an der Westküste. Ich habe mit den Bauern gesprochen; sie erzählten mir, sie hätten bewaffnete Fremde gesehen, sonderbare Gestalten, die nicht in Hed zu Hause wären. Ich fragte einen der Toten; er erklärte mir, gegen die Gestalt des Wassers wäre wenig auszurichten. Ich habe mich Eliard zu erkennen gegeben und sagte ihm, wo Ihr seid. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Er sagte, er wüßte, daß Ihr die Zerstörung gefühlt hättet, aber er wäre froh, daß Ihr vernünftig gewesen wärt, nicht zu kommen.«
Morgon holte tief Atem.
»Und Tristan?«
»Soweit Eliard unterrichtet ist, ist ihr nichts geschehen. Irgendein schwachsinniger Händler erzählte ihr, daß Ihr verschwunden wärt. Daraufhin machte sie sich auf, Euch zu suchen, doch ein Seemann erkannte sie in Caithnard und hielt sie fest. Sie ist jetzt auf der Fahrt nach
Weitere Kostenlose Bücher