Erfolg
der Erde nach soziologischen und wirtschaftlichen Begriffen zu katalogisieren, dergestalt, daß die Anhänger dieser Mode ihre gesamte Weltanschauung soziologisch beziehungsweise ökonomisch einstellten. Man versuchte auch, auf dem sechsten Teil der Erdoberfläche einen Staat nach der Doktrin der Soziologen K. Marx und N. Lenin zu organisieren, die sogenannte USSR, Union der Sowjetrepubliken, gemeinhin Rußland genannt.
Als ein wesentliches Mittel der Erkenntnis diente den helleren Köpfen der Epoche eine von dem Wiener Sigmund Freud gefundene listige Methode, die Seele des Menschen zu ergründen, die Psychoanalyse . Andere Begriffe, mittels deren man den Erscheinungen der Erde weltanschaulich beizukommen suchte, waren der der Relativität , die physikalische Basis dazu hatte ein deutscher Professor namens Einstein geliefert; der der Rasse , ein gefühlsmäßiger Begriff, nach schwankenden Gruppenaffekten abgewandelt; vor allem auch der der Normierung und Typisierung . Da sich die Anwendung dieses letzten Begriffs aus Wirtschaft und Industrie als nicht unfruchtbar erwiesen hatte, suchte man ihn auf überhaupt alle Gebiete praktischer Vernunft zu übertragen. Selbst mittels der Photographie suchte man diesen Begriff zu fundieren. Ein gewisser Francis Galton photographierte das Zeitgesicht . Er stellte zehn möglichst gleichartig orientierte Porträtphotographien von Zeitgenossen her in genau gleicher Größe, machte nach diesen Einzelaufnahmen ein neues Negativ, wodurch ein Durchschnittsbild entstand, das die charakteristischen Merkmale des Normaltyps zeigte. Der amerikanische Forscher Bodwitsch photographierte mit entsprechend abgekürzten Expositionen ganze Reihen von Bildnissen übereinander auf die gleiche Platte. Es verstärkten sich so die gemeinsamen Züge, die individuellen verschwanden. Es ergab sich mit dokumentarischer Treue das Porträt des normalisierten Menschen jener Epoche. Das so entstandene Durchschnittsantlitz war nach den Anschauungen der Epoche schöner als das Einzelgesicht.
Hatte man unter den Weißhäutigen vor kurzem noch alle Sexualempfindungen stark als seelisches Zentrum unterstrichen, so suchte man sie jetzt, Soziologisches, Wirtschaftliches, Politisches ganz in die Mitte stellend, an die Peripherie zu rücken. Die Gesetzgebung schützte und förderte die Monogamie, privilegierte und ächtete die Prostitution, erschwerte die Verhinderung der Empfängnis, verbot die Fruchtabtreibung, sah unverständliche Maßnahmen vor für den Unterhalt der unehelich Geborenen, bestrafte den Ehebruch. In der Praxis aber übten weite Teile der Bevölkerung unter stillschweigender Duldung der Regierungen Geburtenkontrolle, verhinderten die Empfängnis, trieben die unwillkommene Frucht ab. In der Praxis bestand auch überall unter den Weißen sexuelle Anarchie, Promiskuität. Nirgendwo klaffte Gesetz und Leben mehr auseinander als in diesem Bezirk. Alle Komödienschreiberei der Epoche zog ihren Stoff aus dem Gegensatz zwischen natürlichem Trieb und allgemeinerPraxis auf der einen, Gesetzgebung und offizieller Moral auf der anderen Seite.
Die Lebensformen waren ungefügig und unsicher. Die Studienkommission eines amerikanischen Instituts für angewandte Psychologie fand unter je 1 000 Menschen, klassenmäßig möglichst entsprechend zusammengesetzt, in China 4 Unhöfliche, in Skandinavien 88, in England 12, in Amerika 204, in Deutschland 412, in Bayern 632.
Was die Politik der Weißhäutigen anlangt, so bevorzugten die Länder mit einer geringen Analphabetenziffer demokratische Staatsformen, die Länder mit einer hohen Analphabetenziffer Diktaturen. In dem demokratisch verwalteten Deutschland waren die Anhänger des feudalen Autoritätsgedankens, die Rechtsparteien, den Anhängern eines mehr sozial betonten Staatsgefüges, den Linksparteien, ziffernmäßig um ein geringes überlegen. Die materiell Minderbemittelten waren zumeist in den Linksparteien, die geistig Minderbemittelten in den Rechtsparteien organisiert. Unter den Schriftstellern deutscher Zunge, die auch außerhalb ihrer Sprachgrenzen Namen hatten, waren 27 links-, 1 rechtsgerichtet. In den Reichstagswahlen entfielen im Kreis Oberbayern-Schwaben auf die Linksparteien 19,2 Prozent der abgegebenen Stimmen, in Berlin 61,7 Prozent. Abonnenten rechtsgerichteter Blätter waren von 100 Münchner Studenten 57, von 100 Münchner Offizieren 91, von 100 Hamburger Arbeitern 2, von 100 eingeschriebenen Berliner Huren 37. Abonnenten linksgerichteter Blätter
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