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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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keinem Menschen was beibringen. Seine Dummheiten und seine Erfahrungen muß jeder allein machen. Wenn der Bub ihmnachgerät, das ist nicht das Schlechteste. Dann wird er sich schon sein Teil herausschneiden aus dem Kuchen.
    Er war in der Tiroler Weinstube angelangt, und hier endlich sah es aus, als sollte er auf seine Rechnung kommen. Da waren zunächst der Greiderer und der Osternacher. Es war amüsant, den beiden zuzuschauen. Greiderers Stellung unter den Lokalberühmtheiten war jetzt fest fundiert, und eine wunderliche, dicke Freundschaft verband den repräsentativen, in der Kunstgeschichte verankerten Professor Osternacher mit dem nach kurzem Aufstieg rasch verlotternden Maler des »Crucifixus«. Der kultivierte Mann, sehr anspruchsvoll sonst in der Auswahl der Frauen, die er um sich litt, Maler mondäner, kostbarer Damen der internationalen Gesellschaft, duldete die billigen Haserln Greiderers und seine verschiedenen, ordinären Arten von Gaudi. Greiderer war durch die Spezlschaft sehr geschmeichelt. Osternacher führte lange Kunstgespräche mit ihm. Er, während die andern sich schwer taten, das verworrene, geschwollen ausgedrückte Zeug des bayrischen Mannes zu kapieren, begriff. Der Greiderer hatte Ideen, zweifellos. Schuf aus dem gleichen Temperament heraus wie er selbst. Schuf da weiter, wo er, Osternacher, stehengeblieben war. Der ehemalige Revolutionär Osternacher aber spitzte die Ohren, streckte Fühler, belauerte, was der andere machte, mehr noch, was er machen wollte. Schmeckte es. Spürte jetzt, wo der andere lau und faul wurde, neue Kraft. Sammelte sich die vielen fragmentarischen Einfälle des anderen zusammen. Kratzte in eines die eigenen Reste und die des andern. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn sich der Osternacher keine Renaissance erzwingen könnte.
    Klenk setzte sich zu den beiden. Er ahnte die Gründe, aus denen Osternacher sich dem pöbelhaften Burschen so angehängt hatte. Es juckte ihn, den feinen Herrn von Osternacher sich winden zu sehen. Er lockte aus dem proletarischen Greiderer kompromittierende Äußerungen, und der Osternacher mußte widerwillig ja dazu sagen. Er hetztedurch seinen Beifall den Greiderer zu immer gröberen Sätzen über Cliquenwirtschaft und Krampf, und der Osternacher mußte Beschimpfungen decken, die aussahen, als wären sie gerade auf ihn gemünzt.
    Erst nach diesem Voressen, langsam, gemütlich, ging Klenk hinüber zu dem Flaucher. Der saß zusammen mit Sebastian Kastner, dem Abgeordneten des Stimmkreises Oberlanzing. Die Feindschaft mit Klenk war dem Flaucher lebenswichtig geworden wie sein Rettich, sein Bier, seine Politik, sein Dackel Waldmann. Er schnupperte dem Feind ängstlich und doch fast begierig entgegen.
    Knurrig fragte er den Klenk, was er meine zu der damischen Geschichte an der Feldherrnhalle. Dort nämlich sollte jetzt, und zwar diesmal nicht in der überfüllten Halle selber, sondern auf der Straße ein neuer Denkstein erstehen, ein Mahnmal . Aus diesem Grunde hatten die Wahrhaft Deutschen dort demonstriert und hierbei einen Amerikaner verprügelt, weil er jüdisch aussah. Es gab unliebsame Auseinandersetzungen mit den amerikanischen Behörden. Flaucher fand die Ansprüche des Rupert Kutzner, der sich in dieser Angelegenheit sehr großmäulig benahm, weitgehend, aber verständlich. Der Abgeordnete von Oberlanzing, demütig an seinen, des großen Vorkämpfers der bayrischen Belange, Lippen hängend, pflichtete ihm eifrig, doch bescheiden bei. Klenk hingegen machte sich lustig über den Kutzner, sein gipsernes Geprotz, seine miserablen Reden. Hier war einer der prinzipiellen Gegensätze zwischen Klenk und Flaucher. Der Minister Flaucher begünstigte die Wahrhaft Deutschen. Der Minister Klenk benutzte die Bewegung, wo er sie brauchen konnte, fand aber, man müsse dem Kutzner, werde er seiner Neigung gemäß zu frech, ab und zu aufs Maul hauen. »Ich fürchte«, schloß er, an seine Pfeife klopfend, »einmal müssen wir ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen, den Kutzner.«
    Flaucher schwieg eine Weile, dann plötzlich, mit auffallend leiser Stimme, dem Klenk direkt in die Augen: »Sagen Sie, Klenk«, erwiderte er, »wenn Sie mich immerfort frotzeln,warum haben Sie mich eigentlich in der Regierung gelassen?« Er sprach ziemlich leise, aber sehr deutlich. Vor dem Abgeordneten Sebastian Kastner, seinem hündischen Anhänger, genierte er sich nicht. Dem Abgeordneten des Stimmkreises Oberlanzing, so unversehens in den Streit der

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