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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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über der stumpfen Nase. Es wäre schön, wenn ihr niemals der Windige über den Weg gelaufen wäre, es wäre schön, wenn sie niemals Martin Krüger …
    Ist es schlecht, daß sie so was denkt? Man kann nicht herumgehen in dieser klaren Luft mit einem so dumpfigen Innern. Gewissen ist etwas Relatives. Man desinfiziert seine Triebe am besten, wenn man sie aus dem Dunkel ins Licht holt und sie beim Namen nennt. Hat sie Vorurteile? Es ist herrlich, mit dem Mann zusammen zu leben, den sie liebt. Daß einmal ein anderer da war, hat damit gar nichts zu tun. Daß Martin in Odelsberg sitzt, hat damit gar nichts zu tun. Jede Stunde hat ihr eigenes Gesetz. Was früher schlecht war, ist gut, wenn sie es jetzt tut. Sie hat immer schwer gelernt, aber dann saß es. Es gibt Menschen, die haben ihre Nachreife. Der Kampf auch für eine gute Sache, meint Jacques, kann einen Menschen schlecht machen. Ist es eigentlich ein Kampf um Krüger? Oder um Tüverlin? Niemals wird sie weggehen von diesem Mann Tüverlin und seiner verrückt gewissenhaften Arbeit.
    Von den sieben Stufen menschlicher Freude erzählte ihr einmal der andere. Er war auf einem hölzernen Tier gesessen in einem verregneten Park und hatte es ihr erklärt. Auf der dritten Stufe standen Frauen, für sie also Männer. Wieder eine Stufe höher Erfolg. Darüber der Freund, Kaspar Pröckl, und sie. Für sie also er? Nein, nicht er: Tüverlin selbstverständlich. Aber ganz oben stand seine Arbeit. Für Tüverlin sicher auch, viel sicherer als für Martin. Sie hatte keine Arbeit. Es gab keine Arbeit, für die sie geboren war. Für sie gab es Tüverlin und keine Stufe höher.
    Erinnerungen sind etwas Zuwideres. Was aus ist, ist aus. Sie will sich nicht damit herumschlagen. Sie wird für Martin alles tun, was geschehen kann. Mehr wird sie tun. Sie wird fair sein. Es war schauerlich, an die sechs Bäume zu denken.Und wenn Martin aus Odelsberg herauskommt, wie soll er dann leben? Es hat keinen Zweck, zu grübeln. Sie kann sich nur auf ihre Eingebung verlassen; auch aus ihrer Arbeit ist nie auf andere Art etwas geworden. Schön wäre es, wenn das vorher nicht da wäre und man könnte neu anfangen.
    Tüverlin würde ihre Skrupel nicht verstehen. Was er macht, ist alles so selbstverständlich. Sie, bisher, hat, wenn es ihr dreckig ging, niemals was bereut: soll sie jetzt bereuen, wo es ihr gut geht?
    Da stand diese junge bayrische Frau inmitten ihres Landes. Sie hat die Mütze abgerissen, leichter Wind fährt ihr angenehm aber den Kopf. Sie hat einen Mann im Zuchthaus, lebt zusammen mit einem andern Mann, den sie liebt, will ein Kind von ihm und traut sich’s nicht zu sagen. Sie findet ihre Situation nicht einfach.
    Auf einmal spürt sie, daß sie einen Mordshunger hat. Zwanzig Minuten weiter mit dem Wagen weiß sie ein Wirtshaus mit einer netten Aussichtsterrasse. Sie steigt in den Wagen, fährt los.
    In dem Wirtshaus Zur alten Post sitzen Fuhrleute, Bauern. Sie spielen Tarock, unterhalten sich langsam, ruhevoll lärmend. Johanna bestellt sich eine kräftige Milzsuppe, Kalbsbraten, Kartoffelsalat, ein großes Glas Bier. Ißt und trinkt.
6
Der Dollar schaut ins Land
    Es gab Silberdollars und es gab Papierdollars. Auf den silbernen Dollars war geprägt der Kopf der Freiheit. Darüber stand lateinisch: »Aus Mehreren Eines.« Auf der andern Seite war ein Adler. Darüber stand englisch: »Auf Gott vertrauen wir.« Darunter stand: »1 Dollar.« Manchmal auch stand unter der Freiheit: »Auf Gott vertrauen wir« und über dem Adler: »Aus Mehreren Eines«. Die Papierdollars waren länglich, aufeiner Seite grün, auf der andern schwarz. Dargestellt auf ihnen war der Präsident Washington oder auch die Präsidenten Lincoln und Grant. Auch auf den Papierdollars war bisweilen das Bild des Adlers, dann wieder das Bild eines in alte Tracht gekleideten Mannes auf einem Schiff, der mit seinen Genossen ergriffen zum Himmel blickt: des Kolumbus offenbar, der soeben Amerika entdeckt hat. Dieser Dollar war das kaufkräftigste Geld der Epoche. Sein Wert stand fest wie für die Ewigkeit gefügt.
    Herr Daniel Washington Potter besaß eine große Anzahl solcher Dollars. In den Vereinigten Staaten nannte man ihn den Dreißigjahrdanny , weil er Geschäfte auf lange Sicht machte. In Europa hieß er Das Kalifornische Mammut . Er gab sich aber keineswegs als Mammut, er war ein Mann, der nicht viel Wesen und Geheimnis aus sich machte. Er tat überall gerne mit, war kein Spaßverderber; nur Reporter vermied er.

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