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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Er war ein neugieriger Mann, interessiert an Menschen und Ländern, am Spiel der Kunst und Politik. Vor allem aber an den Veränderungen des Bodens durch die Industrie.
    Denn um jene Zeit begann die Scholle an vielen Stellen des Planeten unzuverlässig zu werden. Sie brachte Korn wie bisher, aber sie machte ihren Bebauer nicht mehr satt und zufrieden. Viel weniger Menschen genügten für den Boden, Maschinen ersetzten die Kraft der Männer und der Pferde. Man konnte, versagte der Bauer in der Nähe oder produzierte er zu teuer, Lebensmittel von auswärts heranschaffen, auf vielen Wegen, mit leichter Mühe. Der Kreis jedes einzelnen wurde größer, die Menschen fuhren immer rascher über die Erde, sahen deutlicher die Fehler des Nächsten, deutlicher die Vorzüge des Entfernten, suchten sich anzueignen, was an fremden Institutionen und Lebensgewohnheiten zweckmäßig schien. Eine Völkerwanderung setzte ein, weniger stoßhaft, weniger brutal, doch anhaltender und gewaltiger als die Völkerwanderung fünfzehnhundert Jahre zuvor. Hatte früher der seßhafte Bauer mit Verachtung auf den Nomaden geschaut, den Schweifenden, den Vagabunden, so wurde jetztdas Geschick des Planeten bestimmt von diesem wendigeren, der rascheren Zeit angepaßten Typ. Der seßhafte Typ aber, der Bauer, verlor an Geltung; seine Arbeit, seine Bedeutung, seine Art wurde geringer gewertet.
    Den Dreißigjahrdanny interessierte das. Er schnupperte, wo solche Veränderungen besonders sichtbar wurden. Sein erstes, großes Geschäft war ein Geschäft mit Weizen gewesen, und nicht nur das Geschäft, auch der Weizen hatte ihn gepackt. Er reiste herum, sprach mit vielen Leuten, in Büros, Fabriksälen, auf dem Acker. Manchmal zog er ein Buch heraus und notierte sich was. Manchmal auch zog er das Buch heraus, rechnete eine Zeit stillschweigend, eifrig, machte dann ein Angebot, brachte einen Teil seiner Dollars ins Spiel. Er war ein langer Herr, kurzsichtig, dickbebrillt; unter der starken, fleischigen Nase kamen aus dünnen Lippen große Zähne. Er saß salopp herum, schlotterig gekleidet, Pfeife im Mund, aufmerksam nach allen Winkeln äugend, horchend. Empfänglich für Spaß, selber gern einen Spaß machend. Auch äußerte er unverhohlen, ohne Ziererei seine gewöhnlich mit guten Gründen zementierte Ansicht.
    Jetzt kam der Dreißigjahrdanny aus dem Osten. Er hatte Rußland beäugt, das letzte große Bauernreservoir der weißen Welt. Das Experiment, das dort einige Männer auf Grundlage der soziologischen Theorien des K. Marx und des W. I. Lenin versuchten, interessierte ihn. Er sah, daß es dort Öl unter der Erde gab, Brot, Frucht, Wein, Vieh auf der Erde, Metall in den Bergen, Menschen in Hütten und Häusern, Fische in Flüssen und Meeren, alles kaum ausgenützt. Das Kalifornische Mammut erschien im Kreml, teilte den Männern im Kreml seine Ansichten mit. Er war bereit, Dollars in ihr Unternehmen zu stecken. Die Männer im Kreml hörten ihn an, sie mochten ihn nicht, er mochte sie nicht. Sie stellten Bedingungen, er stellte Bedingungen, er zog sein Notizbuch heraus, rechnete. Die Männer im Kreml waren vorsichtige Leute, Herr Daniel Washington Potter war auch vorsichtig: es kam wenig Geschäft zustande.
    Jetzt, auf der Rückreise, er war ein Mann, der Zeit hatte, beschaute sich das Kalifornische Mammut das Land Bayern. Er hatte dort einen Bekannten aus der Jugend, einen Herrn von Reindl. Den verständigte er, und Mister Reindl war bereit, ihm das Land vorzuführen.
    Herr von Reindl, als er das Telegramm des Amerikaners bekam, wurde nachdenklich. Daniel W. Potter war unscheinbar, man las nicht viel von ihm, sah selten sein Bild in den Zeitungen; dennoch war Herr von Reindl überzeugt, der unrepräsentative Mann sei einer von jenen dreihundert, die mitzuentscheiden hatten, ob Krieg oder Friede sein soll, und wie weit man das russische, das indische, das chinesische Experiment ungestört ließ.
    Herr von Reindl also, nach dem Telegramm, telefonierte mit Herrn von Grueber. Dieser Geheimrat Sebastian von Grueber war der Mann, der die Wasserkraft der bayrischen Berge in elektrischen Strom verwandelte. Zäh, still, mit Erfolg. In ebenso zäher Arbeit baute er an seinem Münchner Museum der Technik. Herr von Reindl produzierte Autos, Zeitungen, Schiffe, Hotels, förderte Eisen und Kohle, kaufte sich Bilder und Frauen, schmeckte Menschen, seltene Speisen, Kunst; man sprach viel von ihm in der Öffentlichkeit. Herr von Grueber befaßte sich ausschließlich mit

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