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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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saß und ein Gericht vor sich hatte, gemischt aus Mehl und Leberfleisch, sogenannte Leberknödel . Im Flug bekam er Appetit darauf. Da saßen also die vier Männer, die drei und der Fuhrknecht, und verzehrten Leberknödel.
    Zwei Abende später gab der Fünfte Evangelist eine kleine Gesellschaft für Mr. Potter. Er hatte lange nachgedacht, wen er dem neugierigen Amerikaner vorsetzen könne, der so viele Menschen und Länder gesehen hatte. Schließlich versammelteer die Herren von Grueber, Pfaundler und Kaspar Pröckl. Den zu gewinnen, war nicht leicht. Der Reindl spielte in letzter Zeit mit dem Plan, eine Autofabrik in Nishnij Nowgorod zu gründen, die Verhandlungen hatten sich nicht schlecht angelassen. Allein er hatte sich an Kaspar Pröckl zuletzt doch nicht unter dem Vorwand dieses Planes herangemacht, sondern auf dem Umweg über seine Freundin Kläre Holz, die Schauspielerin. Auf ihre Schilderung hin hatte sich’s Pröckl nicht versagen können, das Mammut aus Kalifornien aus der Nähe zu betrachten.
    Der Abend verlief zunächst wenig gemütlich. Pröckl, um seine Unsicherheit zu verbergen, setzte seine gröbste Miene auf. Pfaundler, dem es geschmeichelt hatte, von Reindl eingeladen zu sein, merkte bald, denn er hatte den Riecher, daß er dem Dollarscheißer nur als eine Art Menagerieobjekt vorgeführt werden sollte. Der Fünfte Evangelist selber war nicht so gelassen wie sonst. Mit einem unsicheren Faktor zurechtzukommen, wäre nicht schwer gewesen; doch hier waren zwei: der unsichere Pröckl und der unsichere Danny.
    Vergnügt war nur der Geheimrat von Grueber. Der Dollarscheißer war ein vernünftiger Mann; es bestand begründete Hoffnung, daß er in das aussichtsreiche Land Bayern Geld steckte. Er hatte Gruebers Museum der Technik gesehen, verstand die Anlage, hatte die Schwierigkeiten erkannt, und wie sie überwunden waren.
    Dem Amerikaner gefiel dieser Sebastian von Grueber nicht übel. Er war Bayer und Weltbürger zugleich, ein Typ, zu dem man gewiß den ganzen Schlag des Landes erziehen konnte, wenn man ihn nur von der schwerfälligen Überschätzung seiner blöden Landhockerei abbrachte. Es waren schlaue, kräftige Menschen; ihre Beharrlichkeit, heute nur alberne Querköpfigkeit, mußte sich, auf ein vernünftiges Ziel gerichtet, rentabel machen lassen. Ihr gesunder Egoismus, ihre Langsamkeit, ihre Ruhe, aus alldem konnte man Gewinn ziehen, verwertete man es nicht ausschließlich für Ackerbau und Viehzucht. Man hatte die Zulus unterschätzt und andereafrikanische Stämme; heute zeigte sich, daß es sehr verwertbare Leute waren. Das Beispiel dieses Mannes Grueber bewies, wie weit man einen Bayern bringen konnte, brachte man ihn nur zur Vernunft.
    Der Raum, in dem man saß, war üppig eingerichtet, das ganze Haus am Karolinenplatz war üppig, dekorativ. Ein Porträt des Vaters Reindl hing im Zimmer, gemalt in der aufs Repräsentative bedachten Manier der Münchner Maler von gestern. Der Amerikaner meinte, vielen seiner Landsleute würde das sehr gefallen, er selber aber möchte seinen Vater nicht so aufgemacht im Zimmer hängen haben. Was er wollte, war schärfere Kunst, handlich faßbarere, realere. Es erwies sich, daß er von Martin Krüger gehört hatte; sogar ein Buch des Schriftstellers Tüverlin hatte er gelesen.
    Herr Potter stak bequem in seinen schlotterigen Kleidern, lachte viel, ließ sich, wenn er einen bayrischen Ausdruck nicht verstand, ihn genau erklären, fühlte sich behaglich. Einmal fragte er den Kaspar Pröckl, warum eigentlich sein lieber Freund Reindl in diesem Land der Fünfte Evangelist genannt werde. Pröckl erwiderte bissig: vermutlich deshalb, weil er das fünfte Evangelium habe, in dem die Lehre aufgezeichnet sei, wie man sich seines Nachbarn Weib, Esel, Auto aneigne. Herr Potter sagte: »Danke, jetzt bin ich informiert.« Herr von Grueber lachte schallend.
    Herr Pfaundler erzählte, er habe mit großen Opfern den Versuch gemacht, eine Revue dieses Tüverlin zu starten, auf den er ebenso wie Mr. Potter hoch wette. Er sei ebenso wie Herr Potter der Meinung, eine Zukunft habe München nur als Fremdenstadt, als Kunststadt. Er habe den Riecher. Seit Jahren suche er Unterhaltung zu geben, die gleichzeitig große Kunst sei. Darum habe er auch zusammen mit Tüverlin diese Revue gemacht. Leider gehe sie nicht recht, München sei halt doch noch nicht fortgeschritten genug. Heute abend, um die Landbevölkerung der Umgegend zum Besuch anzuregen, lasse er die Revue durch den Rundfunk

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